Der Bau der Ingersheimer Schillerschule war nicht unumstritten. Gegen den allgemeinen Widerstand in der Bürgerschaft entschloss sich der Gemeinderat mit dem damaligen Bürgermeister Karl Braun auf Drängen des Kultusministeriums, die Schule in das damals noch freie Feld am Ortsrand zu stellen. Ein weitsichtiger Beschluss, denn dadurch wurde es später möglich, ganz in der Nähe die Festhalle, den Sportplatz und den Kindergarten unterzubringen. Heute befindet sich die Schule praktisch in der Ortsmitte von Großingersheim.
Ingersheim Erster Schulhausneubau im Landkreis Ludwigsburg
Das Bauwerk kostete vor 75 Jahren 213.000 Mark. Bauführer war Claus Weyrosta, der spätere Architekt und SPD-Landtagsabgeordnete aus Bietigheim.
Mehr als 50 Kinder pro Klasse
Der Bau der Schule war etwas Besonderes, war es doch nach dem Zweiten Weltkrieg der erste Schulhausneubau im Landkreis Ludwigsburg. Der Neubau umfasste vier Klassenzimmer, einen Handarbeitsaal, eine Schulküche und ein Lehrerzimmer. Ein Raum diente als Kindergarten. Die Klassengrößen mit durchschnittlich 53 Kindern deuteten schon darauf hin, dass der Platz in absehbarer Zeit nicht ausreichen werde. Die Baukosten beliefen sich damals auf rund 213.000 Mark.
In der damals noch eigenständigen Gemeinde Kleiningersheim befand man sich in einer glücklicheren Lage. Das Schulhaus war noch intakt, so konnte dort, wie in ganz Nordwürttemberg, der Unterricht am 1. Oktober 1945 aufgenommen werden.
Die Bauzeit der neuen Schule in Großingersheim begann 1948. Bauführer war Claus Weyrosta, der spätere Landtagsabgeordnete und Architekt aus Bietigheim. Am 27. Juli 1949 war Richtfest, die Einweihung erfolgte vor 75 Jahren am Sonntag, 30. April 1950, eingebettet in ein großes Festprogramm. Um 13.45 Uhr zog vom alten Schulhaus in der Ortsmitte neben der Martinskirche ein Festzug zu dem Neubau am Rande der Gemeinde. Dort angekommen, gab es zahlreiche Reden und Ansprachen, garniert mit Einlagen des Gesangvereins und des Schülerchors.
Lange Einladungsliste
Die Einladungsliste umfasste rund 80 Personen, wobei Bauführer Claus Weyrosta zwischen Architekt Faller und Gräfin Maria Irmgard von Benzel platziert wurde. Neben Ministerpräsident Dr. Reinhold Maier und Innenminister Fritz Ulrich standen Landtagspräsident Wilhelm Keil, zahlreiche Abgeordnete aus Kreis und Land sowie Bürgermeister und ehemalige Bürgermeister aus 18 Städten und Gemeinden auf der Liste. So auch Karl Mai aus Bietigheim, Paul Roller aus Sachsenheim, Erich Fuchslocher aus Kirchheim und Robert Sieber aus der Nachbargemeinde Kleiningersheim.
Claus Weyrosta hatte zur Einweihung des Großingersheimer Schulhauses ein Gedicht geschrieben, aus dem sich seine ganz eigene Prioritätenliste ablesen lässt: „Den Anker im Wappen, den Willen zur Tat, dazu den verlässlichen Gemeinderat, an dessen Spitze Bürgermeister Braun, diesem Großingersheim wollte ein Schulhaus baun. Der Anfang war reichlich schwer, von Stuttgart kamen Herren mit anderen Plänen und anderen Sitten: Fort mit dem Schulhaus aus des Dorfes Mitten.“ Weyrosta spielte damit auf den kleinen Disput an, in dem über die Standortfrage des neuen Schulhauses diskutiert wurde.
Bürgermeister Karl Braun war Weyrosta eng verbunden. Beide hatten die gleiche Aufgabe und das gleiche Ziel vor Augen, den Aufbau der nach dem Krieg nötigen öffentlichen Gebäude. Auch politisch lag man auf einer Linie.
Sozialdemokrat Braun gehörte von 1952 bis 1953 der Verfassunggebenden Landesversammlung an und war bis zum 1. Februar 1967 Abgeordneter. Als er aus gesundheitlichen Gründen sein Amt niederlegte, folgte ihm Weyrosta, seit 1962 in der SPD sowie Bietigheimer Stadtrat und 1964 bereits Zweitbewerber im damaligen Wahlkreis Ludwigsburg-Nord.
2013/14 komplett renoviert
Die Schillerschule, eine dreizügige Grundschule, gehört bis heute zu den markanten Gebäuden im Ort. Der ältere Teil mit seinen Backsteinbögen und der im Schuljahr 2013/14 komplett renovierte Neubau ergänzen sich gut. Mit einem Kostenrahmen von 4,2 Millionen Euro war diese Renovierung die größte Baumaßnahme der Gemeinde seit dem Zusammenschluss der beiden ehemals eigenständigen Ortsteile im Jahr 1972.
Um die Gesamtbauzeit so kurz wie möglich zu halten und Unterricht abseits des Baulärms zu ermöglichen, zogen die Schüler in den Sommerferien 2012 auf dem benachbarten Bolzplatz in ein Containerdorf mit dem Namen „Wolkenschule“. Seit den Herbstferien 2013 findet der Schulbetrieb in den sanierten und neu ausgestatteten Räumen statt. Rektorin ist Annette Conrad.