Ingersheim Gärtnerei wird Genossenschaft

Von Jörg Palitzsch
Tobias Willmann in seinem neuen Laden in Ingersheim Foto: /Oliver Bürkle

Die Gärtnerei Willmann geht neue Wege. Mit der Weiterentwicklung in eine Genossenschaft können Menschen Verantwortung für die Lebensmittelproduktion vor Ort übernehmen.

Die letzten Tage hatte Tobias Willmann alle Hände voll zu tun. In der Marktstraße 12 in Ingersheim ist das ehemalige Geschäft Feinkost Fritz ausgezogen. Danach wurde das Geschäft mit erheblichen Investitionen neu konzipiert und am 1. Juni als Naturkostladen eröffnet. Die Fensterfront ist jetzt geöffnet, entstanden ist ein Biomarkt mit Vollsortiment. Die Verkaufsfläche beträgt 215 Quadratmeter, der bisherige Hofladen der Willmanns, „In den Beeten“, hatte 82 Quadratmeter. „Wir haben unser Sortiment verdoppelt und den Verkaufsraum angenehm gestaltet“, so Willmann. Es gibt es eine Sitzgelegenheit, mit Kaffee und Kuchen – und auch Eis wird angeboten.

Zentral gelegen

Lange wäre es „In den Beeten“ nicht mehr gegangen, manche hätten den kleinen Laden oft gar nicht gefunden. In der Marktstraße ist es anders. Zentral gelegen, Parkplätze vor dem Geschäft und ein frisches Angebot. „Die Ingersheimer sind froh darüber“, nimmt Willmann die ersten Reaktionen der Kundschaft nach wenigen Eröffnungstagen wahr.

Die Gärtnerei Willmann bewirtschaftet in Ingersheim 26 Hektar Fläche, davon 1,5 Hektar unter Glas und Folien geschützt. Neun Hektar im Freiland sind bewässerbar, was angesichts des Klimawandels immer wichtiger wird. Zum einen wegen den langen Dürreperioden, aber auch das starke Gewitter am vergangenen Donnerstag, setzen der Gärtnerei zu. Die Verluste können in die Tausende gehen, so Willmann.

In der Gärtnerei arbeiten 20 Personen, seit 2022 ist man auf dem Bietigheimer Wochenmarkt vertreten, und mit den Beschäftigten im neuen Laden kommt Willmann auf eine Personalstärke von insgesamt 40 Personen.

Unternehmensziel verändert

Mit dem Umzug in die Marktstraße verändert sich auch das Unternehmensziel. Aus dem einstigen Familienbetrieb, der sich 1972 in Ingersheim angesiedelt hat, wird unter dem Stichwort „solidarische Landwirtschaft“ eine Genossenschaft. Das heißt, der gärtnerische Teil wird von der Genossenschaft übernommen, der Marktstand und der Laden bleiben in der Familie. Das Ziel: Mit der Weiterentwicklung der Gärtnerei in eine Genossenschaft können Menschen in der Region Verantwortung für die Landwirtschaft und die Produktion ihrer Lebensmittel im „WirGarten“ vor Ort selbst in die Hand nehmen. „Das Risiko trägt die Gemeinschaft“, erklärt Willmann.

Der Zugang ist relativ einfach. Ab sofort kann man der Genossenschaft beitreten und ab Januar 2024 mit einem Jahres-Abo über einen Ernteanteil wöchentlich eine Gemüsekiste mit eigenen Demetererzeugnissen zusammenstellen lassen. „Nur einen Ernteanteil zu erwerben geht nicht, dazu muss man einen Genossenschaftsanteil haben“, so Willmann. Das Netz der Abholorte wird nach und nach ausgeweitet, unter anderem gibt es sie schon in Besigheim, in Bietigheim-Bissingen und in Ludwigsburg.

Jeder kann sich beteiligen

Tobias Willmann ist vom Konzept der solidarischen Landwirtschaft überzeugt. So ist der hohe Bedarf an frischen Lebensmitteln, bei deren Produktion man ein Wörtchen mitreden kann, bis hin nach Heilbronn nicht gedeckt. Willmann führt als Beispiel den Stuttgarter Reyerhof als Erfolgsgarant an.

Auch dort wurde eine Genossenschaft gegründet und schon vor 30 Jahren die Existenz des Hofes durch die Beteiligung von 50 Familien in einer Kommanditgesellschaft gesichert. Derzeit, so Tobias Willmann, gibt es jedoch einen Aufnahmestopp für die dortige Genossenschaft. Davon ist man in Ingersheim noch weit entfernt.

Jeder, so Tobias Willmann, könne sich beteiligen – Bürger, Kunden und auch Firmen, die Mindesteinlage sei „sehr gering“.

 
 
- Anzeige -