Ingersheim Kritik am Übergang der Sozialstation

Von Jörg Palitzsch
Die Sozialstation in Ingersheim (das rechte Gebäude im Hintergrund) versorgt derzeit rund 100 Pflegebedürftige vor Ort. Foto: /Oliver Bürkle

Der DGB wirft Bürgermeisterin Simone Lehnert Intransparenz vor. Die weist die Vorwürfe entschieden zurück.

Harsche Kritik übt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), Region Stuttgart, an dem geplanten Übergang der Ingersheimer Sozialstation zum 1. Januar 2026 an die Evangelische Heimstiftung (EHS). Bürgermeisterin Simone Lehnert betont, alles sei rechtlich in Ordnung, für die Beschäftigten als auch für die Kunden der Sozialstation komme es zu keinen Verschlechterungen.

Bürgermeisterin widerspricht

Bereits im September des vergangenen Jahres wurde, wie in der BZ berichtet, ein Interimsvertrag von der Geschäftsführerin der Evangelischen Heimstiftung, Elke Eckardt, und der Ingersheimer Bürgermeisterin, Simone Lehnert, unterzeichnet. Dies wurde vorher einstimmig im Gemeinderat beschlossen.

Die Beschäftigten der Sozialstation wurden noch am selben Tag informiert, einige hätte jedoch erst durch das Amtsblatt davon erfahren, so der DGB. Dies zeuge von mangelndem Respekt gegenüber der Belegschaft, dass diese im Vorfeld nicht informiert wurde, so Steffen Eckstein, der zuständige Sekretär der Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi).

Lehnert widerspricht dieser Darstellung: Die Pflegedienstleiterin sei stets eng in den Prozess der Untersuchung der Organisation und der Suche nach guten Lösungen involviert. „Die Mitarbeiterschaft wurde in zwei großen Terminen umfangreich informiert. Niemand musste davon im Amtsblatt erfahren“, so Lehnert.

Die Bürgermeisterin, so die Gewerkschaft weiter, berufe sich auf eine Entscheidung des Gemeinderates, der der Prüfung eines Betriebsüberganges zugestimmt habe. Die Geschäftsführung der Heimstiftung und die Bürgermeisterin ließen ebenso verlauten, dass sich durch den Übergang weder für die Mitarbeitenden noch für die Kunden der Sozialstation etwas verändern werde.

Versprechen gebrochen?

Dieses Versprechen der Bürgermeisterin sei bereits mehrfach gebrochen worden, so der DGB. In den wenigen Wochen des Interimsmanagements sei bereits organisiert worden, dass Routen, die bisher von zwei Mitarbeiterinnen betreut wurden, inzwischen allein absolviert werden müssten. Dies führe zu mehr Stress und weniger Möglichkeit, sich den zu versorgenden Personen zu widmen. Die Sozialstation Ingersheim versorgt derzeit rund 100 Pflegebedürftige im Ort, beschäftigt sind rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, viele von ihnen in Teilzeit.

Die Evangelische Heimstiftung, so Lehnert, betreibe in Ingersheim bereits das Karl-Ehmer-Stift, die Residenz Ingersheim und außerdem schon Ambulante Dienste. Die EHS sei bereit, die Sozialstation zu übernehmen und garantiere auch, das Personal zu übernehmen. Das Personal soll dabei gleich gut oder besser gestellt sein, als vorher bei der Gemeinde Ingersheim, erklärt die Bürgermeisterin. Das Personal erhalte ebenso die Zusage, weiterhin ausschließlich in Ingersheim arbeiten zu dürfen, wenn Mitarbeiter dies wünschten.

Einsparungen durch den Übergang werfen aus Sicht von Verdi Zweifel auf. Personalausgaben seien immer das Erste, an denen man sparen wolle. Betrachte man die konstanten jährlichen Einnahmen durch die Aufträge der Sozialstation Ingersheim, die laut Verdi in einem sechsstelligen Bereich liegen, würden dann auch wegfallen.

Bürgermeisterin Lehnert zeichnet unterdessen ein ganz anderes Bild der Finanzen. Fakt sei, dass die Ingersheimer Sozialstation derzeit einen Abmangel in Höhe von 250.000 bis 330.000 Euro pro Jahr erwirtschafte. Im Jahr 2023 schlug der Abmangel mit rund 270.000 Euro zu Buche, im Jahr 2020 lag dieser bei mehr als 330.000 Euro.

Angespannte Haushaltslage

Durch den hohen Zuschussbedarf verschärfe die Sozialstation die finanziell ohnehin sehr angespannte Situation der Gemeinde mit einem hohen Betrag. „Das darf ich der Gemeinde, die diese als freiwillige Aufgabe betreibt, nicht weiter zumuten“, so die Bürgermeisterin.

Hinzu kommt: Die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) habe die Gemeinde dazu ermahnt, die Strukturen der Abrechnung anzupassen, da diese nicht mehr rechtskonform seien. Lehnert: „Mit dem Weiterbetrieb der Sozialstation unter Führung der EHS hat die Gemeinde eine kluge und in die Zukunft gerichtete Entscheidung getroffen. So können die Patienten vor Ort weiter gut versorgt und die Mitarbeitenden weiter beschäftigt werden.“

Die schlechteste Variante aus Sicht der Ingersheimer Bürgermeisterin wäre, wenn man alles so belasse, wie es ist. Wenn die Gemeinde nichts unternimmt, würde dies zur Folge haben, dass die Sozialstation möglicherweise in den kommenden Jahren geschlossen werden müsste. „Dies gilt es abzuwenden, da es die schlechteste Lösung für alle Beteiligten wäre“, so Simone Lehnert. Jörg Palitzsch

 
 
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