Ingersheimer Bäckerei Heinerich Backbetrieb auf Sparflamme

Von Jörg Palitzsch
Bäckermeister Klaus Heinerich vor seiner Bäckerei in Großingersheim. Die Bauarbeiten bereiten ihm Probleme. Foto: /Oliver Bürkle

Die Traditionsbäckerei Heinerich rutscht wegen der Sperrung der Ortsdurchfahrt in eine existenzgefährdende Situation.

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ber dem Eingang der Bäckerei Heinerich ist ein Firmenwappen mit einer verschlungenen Brezel und der Jahreszahl 1957 zu sehen. Generationen lang wurden in der Ingersheimer Ortsmitte frische Backwaren morgens ab 4.30 Uhr verkauft, Bäckermeister Klaus Heinerich hat auch exquisite Torten und Kuchen im Angebot. Viel Kundschaft kam über den Durchgangsverkehr, außerdem hatte die Bäckerei einen festen Kundenstamm. Doch damit ist es vorbei.

Seit die Ortsdurchfahrt in Ingersheim saniert wird, sind die Umsätze der Bäckerei soweit zurückgegangen, dass sie sich mittlerweile in einer existenzgefährdenden Situation befindet. „Ich stehe morgens ab 1.30 Uhr in der Backstube – für wen?“, fragt sich der Bäckermeister. Er wisse nicht mehr, was Stunden später überhaupt noch verkauft wird, „wir arbeiten derzeit komplett rückwärts“. Der Backbetrieb laufe praktisch auf Sparflamme.

Kundschaft bleibt aus

Der Grund ist das massive Ausbleiben der Kundschaft, auch aus Pleidelsheim. Dort ist die Neckarbrücke noch bis auf Weiteres gesperrt, Kunden hätten ganz offen gesagt, keinen 15 Kilometer langen Umweg fahren zu wollen. „Die gehen dann woanders hin“, sagt Heinerich resigniert. Hinzu kommt die beengte Parksituation rund um die Bäckerei und der zur Zeit andauernde Baulärm. Obwohl die Bäckerei auf Facebook wirbt, man habe immer noch geöffnet („Trotz Baustelle sind wir für euch da“), herrscht mittags gähnende Leere im Verkaufsraum, denn die Bäckerei ist nur noch über die Goethestraße zu erreichen.

Weggebrochen sind in Coronazeiten auch andere Einnahmequellen, so der Bäckermeister. Heinerich bietet 25 Zimmer an, die derzeit nur zu 50 Prozent von Geschäftskunden belegt sind. Abgereist sind allerdings Gäste, die in der Nachtschicht arbeiten – wegen des Baulärms tagsüber. Und schon lange gibt es auch keine Gäste mehr, die wegen einer Einschulung oder Konfirmation übernachtet haben, dies war in der Coronazeit verboten.

Steigende Energiekosten

So nimmt die Straßensperrung der Bäckerei Heinerich nach und nach die Luft für das geschäftliche Überleben. Hinzu kommen die laufend steigenden Kosten für die Energie. Er habe jetzt schon einiges privates Geld in den Betrieb gesteckt und vor Kurzem ein Geschäftsauto verkauft. Ob dies reichen wird, stellt Klaus Heinerich in Frage.

Auch beim Personal wurde reduziert. In der Bäckerei arbeiteten 18 Personen, meist in Vollzeit, Kurzarbeit gab es in der Zeit von Corona. Vor den Straßensperrungen waren fünf Verkäuferinnen im Laden, jetzt sind es noch zwei, die die Kunden in dem vor vier Jahren umgebauten Verkaufsraum bedienen.

Trotz allem will Heinerich seinen Betrieb erhalten. Die Alternative wäre ein Verkaufswagen, aber der kostet 150 000 Euro. Und man brauche eine Extra-Genehmigung dafür. Personal will der Chef trotz allem nicht entlassen, „denn wer einmal weg ist, kommt nicht wieder“.

Lebensmittel vernichtet

Die verschärfte Situation führt ebenso zu einer immensen Lebensmittelvernichtung. So blieb die Bäckerei jüngst an einem Samstag auf 60 Prozent ihrer Backwarenproduktion sitzen. Man kann die Waren dann noch als Tierfutter an Landwirte abgeben oder man muss sie auf einer Deponie bei Marbach kostenpflichtig entsorgen, sagt Heinerich. Geliefert hat die Bäckerei auch an die Tafel, „aber die haben jetzt Urlaub“.

Sollten die Kosten weiter steigen und gleichzeitig die Kundschaft ausbleiben, sieht Klaus Heinerich ganz dunkle Wolken für seinen Betrieb aufziehen. Die Kosten könne man nicht an die Kundschaft weitergeben, „ein Brot für sieben Euro kauft niemand“. Von der Gemeinde sei ihm gesagt worden, er müsse eben Geduld haben, die Straße werde auch fertig. Bäckermeister Klaus Heinerich vermag diese Geduld jedoch nicht mehr aufbringen.

 
 
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