Interview mit dem neuen Steelers-Kapitän Constantin Braun Außenseiterrolle als Ansporn

Von Andreas Eberle
Bereit für den Saisonauftakt: Constantin Braun freut sich auf die Bietigheimer Mission Klassenerhalt. ⇥ Foto: Heike Feiner/Eibner Pressefoto

Der neue Steelers-Kapitän Constantin Braun gibt sich im Exklusivinterview mit der BZ kämpferisch. Beim DEL-Neuling will er mit Leistung vorangehen.

Constantin Braun (33) läuft bei den Bietigheim Steelers in dieser Saison mit dem „C“ auf dem Trikot auf. Im Interview spricht der von den Berliner Eisbären ausgeliehene Verteidiger über seine Rolle als Kapitän, die Chancen auf den Klassenerhalt und den besonderen Reiz, für einen DEL-Neuling aufzulaufen.

Erst sechs Wochen in der Mannschaft und jetzt gleich der neue Kapitän – sind Sie überrascht von der Wertschätzung, die Ihnen bei den Steelers entgegengebracht wird?

Constantin Braun: Überrascht würde ich nicht sagen. Ich bin stolz, dass die Jungs mir nach so kurzer Zeit vertrauen. Ich spiele seit 17 Jahren in der DEL, habe also schon ein bisschen Erfahrung. Da haben die Jungs sicher gedacht, wir wählen den „Brauni“, weil er in der Liga bereits alles gesehen hat. Ich hoffe, dass ich dieses Vertrauen zurückgeben kann.

Wie interpretieren Sie Ihre Führungsrolle im Team?

In erster Linie möchte ich mit guter Leistung vorangehen. Und dann will ich meine Erfahrung weitergeben. Wenn die Jungs Fragen haben, können sie jederzeit zu mir kommen – und das haben viele auch in der Vorbereitung schon gemacht. Außerdem sehe ich mich als Bindeglied zum Trainerteam. Wenn es vonseiten der Coaches Redebedarf gibt, spreche ich die Themen gerne in der Mannschaft an. Ständige Meetings mit den Trainern müssen nicht sein.

Fühlen Sie sich in Bietigheim schon heimisch?

Ich habe mich sehr gut eingelebt. Die Umstellung auf eine kleinere Stadt ist mir trotz der vielen Jahre in Berlin nicht schwergefallen. Schließlich habe ich die ersten 16 Jahre meines Lebens in Lampertheim verbracht – einer südhessischen Stadt mit nur 32 000 Einwohnern. Dort machen die Läden auch eine Mittagspause, und manche Restaurants haben montags Ruhetag. Und dass in der Mannschaft ebenfalls alles passt, zeigt die Wahl zum Kapitän. 

Die Steelers gehen als Abstiegskandidat Nummer eins in die Runde. Unterschätzt die Fachwelt das Leistungsvermögen der Mannschaft?

Wir sind in der Rolle des Underdogs und fühlen uns damit auch wohl. Die Experten sollen uns ruhig alle unterschätzen. Sie werden dann schon sehen, was sie davon haben.

Ist der Kader wirklich DEL-tauglich?

Sonst wären wir ja wohl kaum dort, wo wir jetzt sind, oder?

Welche Faktoren müssen zusammenkommen, damit der Klassenverbleib gelingt?

Wir müssen unser Spiel durchziehen, immer mit viel Energie spielen und in jeder Partie bereit sein, unser Herz draußen auf dem Eis zu lassen. Dann haben wir eine sehr gute Chance auf den Klassenerhalt.

Sechs der sieben Testspiele gingen aber verloren, und auch die Leistungen waren eher mau. Ist das denn kein Alarmsignal?

Nein, für uns war die Vorbereitung dazu da, die neuen Jungs zu integrieren und die Spieler an die höhere Geschwindigkeit zu gewöhnen. In den Testspielen gegen die Adler Mannheim, Ingolstadt und Augsburg hat man gesehen, dass wir Paroli bieten können. Ich bin zuversichtlich, dass wir in der DEL mit jeder Mannschaft mithalten können. Die Ergebnisse in der Vorbereitung würde ich nicht zu hoch hängen.

Woran hakt es aktuell noch?

In gewissen Zonen auf dem Eis müssen wir vielleicht noch etwas einfacher spielen, aber sonst haben wir in der Vorbereitung eine gute Basis gelegt. Mit Mitchell Heard und Brendan Ranford haben wir zwei neue Jungs aus Kanada dazubekommen, die wichtige Rollen im Über- und Unterzahlspiel übernehmen. Gerade auch bei den Special Teams haben wir zuletzt wieder einige Schritte in die richtige Richtung gemacht. Wir werden für Freitag bereit sein.

Was können die Fans zum Saisonauftakt gegen den ERC Ingolstadt von den Steelers erwarten?

Ich kann versprechen, dass wir hoch motiviert sein werden. Wir wollen ein gutes Eröffnungsspiel zeigen und werden alles aufs Eis bringen, was wir haben. Jeder von uns geht raus, um die drei Punkte zu holen. Sonst bräuchten wir gar nicht erst anzutreten.

Auf was freuen Sie sich in dieser Saison am meisten?

Ich bin heiß auf jedes einzelne Spiel. Vor allem freue ich mich extrem darauf, dass wir endlich wieder vor Fans spielen dürfen. Die Aufgabe, die uns hier bevorsteht, finde ich sehr spannend – und sie ist auch für mich neu. Abgesehen von der vergangenen Saison in Krefeld habe ich immer für Mannschaften gespielt, die um die Meisterschaft mitgemischt haben.

Mit welchen Teams rechnen Sie sonst noch im Abstiegskampf?

Das ist schwer zu sagen, ich habe relativ wenig davon mitbekommen, was sich bei den einzelnen Vereinen personell getan hat. Die Liga ist so eng. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass auch die Großen mal schwächeln. Umgekehrt gibt es keinen Gegner, bei dem du sagen kannst: Den musst du unbedingt schlagen. Wir gehen in jedes Spiel, um es zu gewinnen – ganz egal, ob das jetzt gegen Berlin, München, Schwenningen oder Ingolstadt ist. 

Im Bietigheimer Umfeld herrschen Vorfreude und Euphorie auf die erste DEL-Spielzeit der Steelers-Geschichte. Steckt das einen alten Haudegen wie Sie auch noch an?

Auf jeden Fall. Das war auch einer der Gründe, warum ich mich für die Steelers entschieden habe. Bietigheim ist der erste Aufsteiger seit vielen Jahren. Uns hat niemand auf dem Zettel. Ich habe richtig Bock, hier etwas Großes auf die Füße zu stellen und werde alles dafür tun, dass Bietigheim auch in der nächsten Saison noch erstklassig ist. 

Sie sind allerdings nur für eine Spielzeit von den Eisbären Berlin ausgeliehen. Können Sie sich vorstellen, auch länger im Ellental zu bleiben?

Ich fühle mich in Bietigheim sehr wohl, aber ich gebe Ihnen die Antwort, die ich immer gebe, wenn ich nach meiner Zukunft gefragt werde: Ab Mai 2022 bin ich offiziell wieder Angestellter der Eisbären Berlin. Was bis dahin passiert, wird man sehen.

Zur Person

Constantin Braun gilt schon jetzt als eine Berliner Eishockey-Legende. Bereits seit 2004 ist der 33-jährige Allrounder mit den Eisbären verbandelt. Für den Hauptstadtklub bestritt er bisher 621 DEL-Partien. Mit Berlin holte er fünfmal die Meisterschaft, einmal den Deutschen Pokal sowie die European Trophy. In der Vorsaison lief der im südhessischen Lampertheim geborene Braun auf Leihbasis für die Krefeld Pinguine auf. Ebenfalls per Leihe wechselte der Ex-Nationalspieler zu dieser Runde zu den Bietigheim Steelers. Seine Laufbahn hatte er 2000 in der Nachwuchsabteilung der Adler Mannheim begonnen.

 
 
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