Interview mit Oliver Widmann, dem Deutschen Meister im Trial „Ausnahmsweise habe ich mir einen Nachtisch gegönnt“

Von Andreas Eberle
Auf dem Weg zum DM-Titel: Der Bönnigheimer Oliver Widmann springt mit seinem Rad über ein Hindernis. Foto: Fabian Sommer/dpa

Der Bönnigheimer Oliver Widmann ist seit Sonntag Deutscher Elite-Meister im Trial. Ein Interview über Fahren, Feiern und Trainieren im Corona-Alltag.

Oliver Widmann hat in seiner Juniorenzeit alles abgeräumt, was es im Fahrrad-Trial abzuräumen gibt. Am Sonntag gewann der 19-jährige Maschinenbau-Student aus Bönnigheim-Hohenstein bei den Finals in Berlin nun auch seinen ersten DM-Titel bei der Elite in der Klasse 26 Zoll. Auf der Heimfahrt am Montag gab Widmann der BZ ein Telefon-Interview – und sprach über den Triumph, die heimische Übungsanlage und seine Hoffnung auf Olympia 2024 in Frankreich.

Sie waren Junioren-Weltmeister und -Europameister. Was bedeutet Ihnen nun die erste deutsche Meisterschaft bei der Elite?

Oliver Widmann: Diese deutsche Meisterschaft ist etwas ganz Besonderes für mich. Ich war im Nachwuchsbereich relativ erfolgreich. Bei den Großen zu gewinnen, war jetzt aber ein unglaublicher Erfolg und hat noch mal einen höheren Stellenwert.

Waren Sie überrascht, dass Sie bei den Finals so souverän mit 70 Punkten Vorsprung gewonnen haben?

Damit habe ich tatsächlich nicht gerechnet. Das freut mich umso mehr, da alle Fahrer im Finale sehr stark waren. Schon bei der ersten Sektion lief es bei mir richtig rund. Ich habe mich am Wettkampftag super gefühlt. Da wusste ich, dass ich eine sehr gute Performance abliefern kann.

Wie haben Sie den Medienrummel vor Ort empfunden?

Es war ein tolles Event – leider ohne Zuschauer, dafür aber mit Übertragungen in der ARD und im ZDF, sowohl direkt im Fernsehen als auch per Livestream im Internet. Es war anders als üblich, weil sehr viele Kameras auf einen gerichtet waren und man gleich nach dem Wettkampf zum Interview gebeten wurde. Das war schon cool. Viele Freunde und Verwandte haben sich gefreut, dass sie meine Auftritte auf diese Weise verfolgen konnten.

 Wie haben Sie den Titelgewinn in Berlin gefeiert?

Aufgrund von Corona ist da nicht so viel möglich gewesen. Bei der Siegerehrung gab’s eine Sektdusche und danach auch ein bisschen Sekt zum Trinken. Am Sonntagabend war ich dann mit der mitgereisten Familie – meinen Eltern und meinen Schwestern – in Berlin Vietnamesisch essen. Das war sehr lecker. Ausnahmsweise habe ich mir sogar einen schönen Nachtisch gegönnt.

Müssen Sie denn sehr auf Ihre Figur achten?

Auf jeden Fall. Gerade bei den großen Sprüngen ist es extrem wichtig, dass wir Fahrer sehr explosiv sind. Wenn man da zu schwer ist, fällt es schwer, eine gute Sprungkraft auf dem Rad aufrechtzuerhalten.

Wie erklären Sie jemandem, dem Trial gar nichts sagt, was sich hinter der Sportart verbirgt und wie ein Wettkampf aussieht?

Das ist im Prinzip nichts anderes, als mit dem Fahrrad einen Parcours zu bewältigen. Seinen Fuß darf man dabei nicht auf den Boden setzen, außerdem dürfen Teile des Rads die Hindernisse nicht berühren. In Berlin hatten wir zum Beispiel drei verschiedene Strecken, sogenannte Sektionen – eine Kabeltrommel-, eine Stein- und eine Baumstamm-Sektion. Jene bestanden jeweils aus sechs Hindernissen. Jedes geschaffte Hindernis gibt zehn Pluspunkte.  Pro Strecke hat man ein Zeitlimit von zwei Minuten. Vor allem auf Sprungkraft, Zügigkeit und Ausdauer kommt es an.

Sie sollen zu Hause ein eigenes Trainingsgelände haben. Wie muss man sich das vorstellen?

2009 habe ich beim MSC Marbach mit Fahrrad-Trial angefangen. Mit der Zeit hat mein Trainingspensum immer mehr zugenommen. Darum habe ich mir bei uns in Bönnigheim-Hohenstein auf einer Wiese mit Baumstämmen und Steinen ein kleines Trainingsgelände gebaut, um Wettkämpfe simulieren zu können. Insgesamt trainiere ich in der Woche zwischen 30 und 35 Stunden. Die Hälfte der Einheiten findet daheim statt. Ansonsten nutze ich andere Anlagen zum Beispiel die in Marbach oder Maulbronn.

Inwiefern hat die Pandemie Sie in Ihrer sportlichen Entwicklung zurückgeworfen?

Das war schon eine schwierige Zeit. Training war möglich, aber die Wettkämpfe waren das Problem. 2020 wollte ich eigentlich alles mitfahren, was geht. Letztlich waren es dann aber nur vier, fünf internationale Veranstaltungen. Das war ärgerlich, gerade weil man sich als Sportler das ganze Jahr auf eine Saison vorbereitet. Die DM-Qualifikation vor zwei Wochen in Lüneburg und die Finals am Wochenende in Berlin waren meine ersten Starts in diesem Jahr. Nach so einer langen Pause wieder reinzukommen und plötzlich wieder Druck bei einem Wettkampf  zu haben, ist eine Herausforderung.

Was sind nun Ihre nächsten Ziele und Wettkämpfe?

In knapp zwei Wochen möchte ich bei einem Wettkampf in der Nähe von Barcelona teilnehmen. Im August haben wir im polnischen Wadowice den ersten Weltcup. Die Weltmeisterschaft findet dann Anfang September in der Schweiz statt. Mein Ziel ist es, mich fest in der Weltspitze zu etablieren.

Die Sommerspiele in Japan stehen vor der Tür. Wie beurteilen Sie die Chancen, dass Ihre Sportart auch mal olympisch wird?

In Tokio sind wir leider noch nicht vertreten. Da aber die Olympischen Spiele 2024 in Paris stattfinden, könnte ich mir vorstellen, dass wir dort als Nationalsportart dabei sind.  Denn gerade in Frankreich gibt es sehr viele und auch sehr gute Trial-Fahrer. Ich drücke auf jeden Fall die Daumen, dass es klappt.

 
 
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