Interview mit SG BBM Bietigheim-Geschäftsführer Torsten Nick „Sportlich war sicherlich mehr drin“

Von bzh
SG BBM-Geschäftsführer Torsten Nick (links) und Sportdirektor Gerit Winnen werden künftig nicht mehr zusammen arbeiten. Der Grund: Nick verlässt den Verein im Sommer.⇥ Foto: Marco Wolf

Der scheidende Geschäftsführer der SG BBM Bietigheim, Torsten Nick, spricht über das schwache Abschneiden in der Champions League und Mäzen Eberhard Bezner.

Torsten Nick wird, wie kürzlich bekannt wurde, seinen bis Ende Juni laufenden Vertrag als Geschäftsführer der SG BBM Frauen GmbH & Co. KG nicht verlängern. Die Bietigheimer Zeitung sprach mit dem 48-jährigen Diplom Betriebswirt, der als Torwart selbst Handball-Profi war.

Torsten Nick, Sie sind 2017 vom Torwarttrainer zum Geschäftsführer aufgestiegen. Wussten Sie, wie viel Arbeit auf Sie zukommt?

Nick: Grundlegend war es in diesem Umfang nicht vorgesehen. Aber wenn man in diesem Thema drin ist, muss man auch liefern. Meine parallel dazu ausgeübte Tätigkeit bei einer Bank musste ich stärker reduzieren als geplant, insbesondere als sich die Corona-Krise einstellte.

Was hat sich in den vier Jahren, die ja die erfolgreichsten der SG sind, vor allem geändert?

Wir haben uns maximal professionalisiert – insbesondere was die Geschäftsstelle und das Umfeld aber natürlich auch die Mannschaft betrifft.

Wie wichtig ist/war die Champions League für die SG?

In der Außenwirkung enorm wichtig. Der Name Champions League steht allgemein für ein sehr werthaltiges Produkt. Sportlich war sicherlich mehr drin, in den letzten beiden Jahren waren leider kaum Fortschritte zu erkennen. Ich hätte mir schon gewünscht, dass wir trotz der Verletzungsprobleme international einen Schritt nach vorne machen.

Gibt es Signale der EHF, ob der deutsche Vizemeister eine Wildcard für die Königsklasse erhält?

Die Entscheidung dürfte wohl erst im Mai bzw. Juni fallen, aber ich bin optimistisch, dass das klappt.

Wie hat sich das Sponsoring der SG-Frauen entwickelt?

In den ersten drei Jahren meiner Tätigkeit konnten wir einige neue Partner gewinnen. Aufgrund Corona ist das kaum mehr möglich. Die Gemengelage mit gleich zwei Handball-Teams und Eishockey in Bietigheim sowie den Ludwigsburger Basketballern macht es nicht einfacher, auch wenn sich der Frauensport etwas von den anderen Teams unterscheidet. Es ist, insbesondere aktuell, kein einfaches Pflaster.

Was tut die Stadt für die SG-Frauen?

Zu wenig, deren Unterstützung fehlt uns. Wenn ich sehe, wie sich städtische Unternehmen in anderen Vereinen engagieren, sind wir weit hintendran. Wir werden immer wieder mit dem Argument abgewiesen: Ihr habt doch Olymp! An dieser Stelle müsste die Unterstützung wesentlich umfangreicher werden.

Wie sehr sind die SG-Frauen von Eberhard Bezner und Olymp abhängig?

Man muss die Person Eberhard Bezner und das Unternehmen trennen. Ohne Eberhard Bezner ist Frauenhandball auf diesem hohen Level in Bietigheim nicht darstellbar. Würde er die SG-Frauen nicht mehr als Privatmann unterstützen, könnte nur durch höheres Engagement anderer Sponsoren vielleicht die Zugehörigkeit zur Bundesliga erhalten werden.

Die schönsten Momente in Ihrer Amtszeit waren?:

Ganz klar die beiden Meisterschaften. Jede hatte eine eigene Dramaturgie: Die erste war unfassbar dominant mit dem Zu-Null-Titel, die zweite war verdammt knapp und somit sehr emotional.

… und die größte Enttäuschung?

Mich wurmt, dass wir den Titel beim Final Four bisher nicht geholt haben, obwohl es dafür gute Chancen gab. Am 15./16. Mai soll es aber endlich mit dem Pokalsieg klappen.

Weshalb hören Sie auf?

Es gab drei Gründe. Zunächst die mittelfristige Planung meiner beruflichen Zukunft. Dann meine Work-Life-Balance, die auch durch die zusätzlichen Aufgaben während der Corona-Krise aus dem Gleichgewicht kam, was sich auch gesundheitlich bemerkbar machte. Drittens glaube ich, dass ein Wechsel dem sportlichen Projekt einen neuen Impuls verleihen kann.

Wurde schon ein Nachfolger gefunden?

Konkretisiert hat sich wohl noch nichts, ich bin aber auch nicht direkt in die Suche involviert. Das ist Aufgabe der Vorstandschaft, von Eberhard Bezner und Gerit Winnen.

Welche Fähigkeiten muss Ihr Nachfolger vor allem mitbringen?

Stressresistenz, mentale Stärke, Organisationstalent, Gefühl für Zahlen, Durchsetzungsfähigkeit, Geradlinigkeit. Aber auch Empathie, denn Frauenhandball ist etwas anderes als Männerhandball.

Was planen Sie nach Ihrer SG-Zeit?

Im Moment ist das noch weitestgehend offen. Mein grundlegendes Ziel ist es, bei der Bank wieder mehr zu tun. Aber getreu dem Sprichwort ‚Sag niemals nie‘ bin ich dabei in viele Richtungen offen und schaue, was sich ergeben wird.

Wie nutzen Sie ab Juli das Plus an Freizeit?

Zunächst möchte ich durchschnaufen. Das will ich vor allem bei Freunden und Bekannten an der Ostsee tun, da das Reisen in andere Länder schwierig bleiben dürfte. Ab Herbst ist dann wieder Vollgas angesagt.

Welchen Traum wollen Sie noch verwirklichen?

Die Hoffnung auf ein Häuschen am Meer habe ich noch nicht aufgegeben.

 
 
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