Interview zur Lage beim FSV 08 Bissingen Banger Blick auf neue Saison

Von Walter Christ
Eine gefühlte Ewigkeit ist es her, dass am Bruchwald zuletzt Oberliga-Fußball zu sehen war. Am 7. März verlor der FSV 08 Bissingen (vorne Pascal Wolter) gegen Dorfmerkingen mit 1:2. ⇥ Foto: Helmut Pangerl

Im Interview äußert sich Vorstandssprecher Dr. Alexander Rossmann über die aktuelle Lage beim FSV 08 Bissingen und die Probleme der Sponsoren.

Als Folgen der weltweiten Corona-Krise zeichnen sich auch für Amateursportvereine dramatische Ausmaße ab. Beim FSV 08 Bissingen mit seinen rund 700 Mitgliedern und 22 Mannschaften blicken die Verantwortlichen mit bangen Blicken auf die Entwicklung, insbesondere aber auf die neue Saison. Dr. Alexander Rossmann (45), Hochschul-Professor in Reutlingen und Vorstandssprecher des Oberliga- Klubs am Bissinger Bruchwald, sorgt sich um die Unterstützung durch Sponsoren – und sendet einen Hilferuf an die Stadt.

Alle Welt spricht vom Virus – Sie auch?

Dr. Alexander Rossmann: Natürlich ist das Virus ein Thema in Beruf und Familie. Familiär sind wir aktuell zum Glück nicht direkt durch das Virus betroffen. In punkto Schule und Freizeit sind das aber schon erhebliche Einschränkungen. Beruflich hat sich meine Hochschule sehr schnell auf Online-Vorlesungen umgestellt. Das läuft aus meiner Sicht sehr gut. Fast alles läuft aus dem Homeoffice. Allerdings sehe ich die wirtschaftliche Entwicklung mit großen Sorgen. Was wir hier von unseren Partnerunternehmen aufnehmen ist kritisch – und das trifft ja auch auf den Verein zu.

Wie steht es konkret um den FSV 08 Bissingen?

Für den FSV 08 ist der Spiel- und Trainingsbetrieb Mitte März komplett eingebrochen. Eine Veränderung dieser Lage ist aktuell nicht absehbar. Kürzlich hat der WFV die bislang bis 20. April angesagte Unterbrechung der Saison unbefristet verlängert. Dies alles spricht nicht dafür, dass wir zeitnah wieder in den Trainings- oder gar Spielbetrieb einsteigen können. Die Folge ist natürlich primär der Ausfall von Zuschauereinnahmen. Darüber hinaus sehen sich viele Sponsoren auch kurzfristig kaum mehr in der Lage, die bereits zugesagten Sponsorenbeiträge im zweiten Quartal einzuzahlen. Der Verein steht quasi still – und wäre ohne weitere Maßnahmen dann auch spätestens im Juni pleite. Zum Glück erfahren wir aktuell eine breite Unterstützung der Vereinsmitglieder – Kündigungen der Mitgliedschaft gibt es bisher überhaupt nicht. Bei der Vereinssteuerung haben wir im März zum ersten Mal eine Vorstands- und Ressortleitersitzung per Videokonferenz abgehalten. Das hat gut funktioniert. Die Verantwortlichen sind also handlungsfähig.

Kürzlich war in der BZ zu lesen, dass die Oberliga-Akteure aktuell beziehungsweise temporär auf ihre finanzielle Unterstützung verzichten. Fällt Ihnen damit nicht ein Stein vom Herzen – oder gibt es weitere Brocken zu meistern?

Diese Maßnahme hat die Vereinsvorstandschaft sofort eingeleitet, als die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise absehbar waren. Wir sind wirklich sehr froh, dass sich hier alle Trainer und Spieler des Oberligateams, aber auch Trainer und Spieler der U23 sowie der Frauen und die Jugendtrainer bereit erklärt haben, auf das komplette Gehalt für die Monate Mai und Juni zu verzichten – unabhängig davon, ob noch mal gespielt wird oder nicht. Das ist ein echtes Ausrufezeichen. Natürlich führt das zu einer erheblichen Kostenentlastung. Damit ist für uns zumindest die aktuelle Saison gerettet. Große Sorgen bereitet uns allerdings die Planung der neuen Saison, die ja bereits ab 1. Juli beginnen soll. Derzeit sind wir eigentlich in der heißen Phase der Kaderplanung. Aktuell kann aber keiner unserer Partner und Spieler sagen, wie es wirklich weitergeht. Auch die Spieler stehen derzeit ja quasi im Regen. Auf alle Fälle wird es einen kleineren und somit kostengünstigeren Kader geben.

Gemeint sind damit insbesondere also auch die Sponsoren. Können Sie die Situation näher erläutern?

Unsere Sponsoren kommen schon aus Branchen, die von der Krise besonders betroffen sind. Dazu zählt beispielsweise Jonny M als Fitnessanbieter. Die Studios sind ja aktuell geschlossen. Es ist nicht wirklich klar, wann es hier weitergehen kann. Oder nehmen wir die Vahldiek AG im Bereich Floristik. Aktuell werden kaum noch Blumen verkauft. Diese Probleme können wir nun von Sponsor zu Sponsor weiterführen – jeweils mit erheblichen Auswirkungen für die Budgetplanung. Besonders bitter ist es, dass teilweise auch die Sponsoren im Jugendbereich wegbrechen. Ohne weitere Unterstützung können wir hier sicher das aktuelle Angebot im Jugendbereich nicht aufrechterhalten.

Wie kann es nun weitergehen mit dem Traditionsverein 08 Bissingen?

Wir haben zur Situation bereits Kontakt mit der Stadt und mit dem Verband aufgenommen. Natürlich hoffen wir, dass die Stadt hier in dieser Sondersituation auch eine Unterstützung der Vereine im Blick hat. Die ersten Reaktionen dazu stimmen uns positiv. Fraglich ist darüber hinaus, ob andere Sponsoren, die durch die Krise nicht so hart getroffen werden, stärker bei 08 in das Sponsoring investieren. Dies wäre für den Erhalt der sportlichen Strukturen in der Oberliga wesentlich.

Können auch die Mitglieder etwas tun?

Wir setzen auch weiterhin auf die Treue der Vereinsmitglieder. Wenn sie uns weiterhin die Treue halten, ist das schon mal ein wichtiger Schritt. Darüber hinaus müssen wir für die Zukunft auch über die Erhöhung von Mitgliedsbeiträgen oder eine Spendenaktion nachdenken. Aktuell sind die Überlegungen dazu noch nicht abgeschlossen. Die geplante Mitgliederversammlung am 15. Mai wird aller Voraussicht nach auf einen späteren Termin verschoben. Mit weiteren Informationen zu den Planungen gehen wir aber sicher zeitnah an die Öffentlichkeit.

 
 
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