Joachim Kölz wechselt zur Felsengartenkellerei Kölz will einmalige Chance nutzen

Von Frank Ruppert
Bietigheim Er wechselt von der Stadtverwaltung in die Felsengartenkellerei: Noch-Bürgermeister Joachim Kölz im Interview⇥ Foto: Martin Kalb

Dem scheidenden Bürgermeister fällt der Abschied in der Corona-Krise schwer. Im Interview erklärt er, warum er trotzdem geht.

Nach elfeinhalb Jahren als Bürgermeister verlässt Joachim Kölz Ende Januar Bietigheim-Bissingen. Er wird Vorstandsvorsitzender der Felsengartekellerei. Im Gespräch mit der BZ erklärt der 57-Jährige, wie es zur Entscheidung kam, was sein Wechsel mit Oberbürgermeister Jürgen Kessing zu tun hat und wie der Job als Bürgermeister ihn auf seine neue Aufgabe vorbereitet hat.

Herr Kölz, Sie wechseln die Branche: Statt Akten und Kommunalfinanzen geht es für Sie künftig um Oechsle und Rebsorten. Welchen Wein trinken Sie eigentlich am liebste?

Joachim Kölz: Ich mag sehr gerne einen trockenen Riesling. Das ist eine unserer wichtigsten heimischen Sorten.

Überraschend kam die Ankündigung Ihres Wechsels schon. Sie kommen nicht aus einer Wengerter-Familie und haben bislang auch sonst nicht professionell in dem Metier gearbeitet. Wieso passt ihr neuer Job trotzdem zu Ihnen?

Das stimmt, ich bin kein Wengerter, aber ich habe schon immer eine spezielle Vorliebe für Wein. Ich verfolge auch die Entwicklung der heimischen Wengerter und der Genossenschaften. Ganz konkret habe ich aber auch in meinem aktuellen Beruf viel mit Weinbau zu tun. Die Stadt ist ja auch Mitglied bei der Felsengartenkellerei. Als Vertreter der Stadt haben wir etwa mit dem Erhalt der Steillagen das gleiche Anliegen wie die Genossenschaften und auch wir sind daran interessiert, dies wirtschaftlich zu gestalten. Außerdem bin ich unter anderem für die Alte Kelter in Bietigheim zuständig und bin daher im Austausch mit den örtlichen Wengerter, weil wir diese belebt halten wollen.

Dennoch haben Sie keinen „Stallgeruch“. Denken Sie, dass ihnen einige Wengerter erst mal ablehnend begegnen werden?

Das kann gut sein, aber gerade  Gremienarbeit und Bürgerdialog sind wichtige Punkte meiner Arbeit als Bürgermeister. Wichtig ist auch für die Genossenschaft, dass wir nicht nur im Vorstand und Aufsichtsrat einig sind, sondern, dass wir immer auch die einzelnen Mitglieder überzeugen können. Ich bin da ganz optimistisch, dass mir das gelingen wird. Im Übrigen war es, glaube ich, auch das Anliegen der Felsengartenkellerei jemand mit meinen Fähigkeiten zu holen, weil die Genossenschaft in den letzten Jahren stark gewachsen ist und das auch weiter tun wird.

Der Vorsitzende des CDU-Stadtverbands, Michael Jacobi, hat mit Äußerungen im Internet den Verdacht nahe gelegt, dass ihr Verhältnis zu Jürgen Kessing eine Rolle gespielt haben könnte.

Ich hatte schon bei Bekanntwerden meines Wechsels erklärt, dass ich nicht wegen Kessing wechsele. Wir arbeiten auf professioneller Ebene gut zusammen. Wir lösen die Aufgaben und Probleme, die anstehen, gemeinsam und das funktioniert. Natürlich ist es aber auch so, dass es im Zusammenhang mit meiner Wiederwahl Phasen gab, in denen ich enttäuscht war über die mangelnde Unterstützung, aber das tut für meine Arbeit hier nichts zur Sache. Ich mache meinen Job sehr gerne. Die neue Stelle trete ich an, weil es eben eine einmalige Chance ist.

Sie verlassen Bietigheim-Bissingen in einer schwierigen Phase. Die Corona-Krise hat die Stadt fest im Griff und die größte Fraktion im Gemeinderat, die CDU, schießt gegen den von Ihnen vorgelegten Haushaltsplan 2021.

Klar sind das keine einfachen Zeiten und es fällt mir schwer die Stadt gerade jetzt zu verlassen. Den Haushalt möchte ich noch gemeinsam mit dem Gemeinderat vor meinem Weggang verabschieden. Die Stadt muss sparen und an ihren Einnahmen drehen. Dass die CDU-Fraktion nun den Sparwillen bei der Stadt vermisst und dies schon vor dem Beginn der Haushaltsberatungen ist zwar für Bietigheim-Bissingen ungewöhnlich, grundsätzlich gehört das aber dazu. Es sind eben schwierige Zeiten, deshalb kann man auch zu einzelnen Punkten unterschiedlicher Auffassung sein, bei der jüngsten Klausurtagung mit dem Gemeinderat herrschte aber Konsens zu den geplanten Steuererhöhungen.

Dennoch wird vieles in der Stadt unvollendet bleiben bis zu Ihrem Abschied.

Klar, ich hätte vor allem gerne die städtebauliche Entwicklung weiter begleitet, aber zum Beispiel das Bogenviertel wäre am Ende meiner Amtszeit auch noch nicht fertig. Auch hätte ich gerne die Finanzkrise gemeinsam mit der Verwaltung bewältigt. Es bleiben aber in so einer Stadt immer Herausforderungen, es gibt also nie einen guten Zeitpunkt zu gehen.

Nach über elf Jahren im Amt, auf welche Projekte und Fortschritte sind Sie besonders stolz?

Da gibt es ein paar Dinge. Zunächst natürlich die bis Corona und eigentlich immer noch vorhandene finanzielle Stabilität der Stadt. Wichtig ist mir auch der Bereich Schule und Bildung. Wir haben ein sehr großes Bau- und Modernisierungsprogramm angestoßen. In der Kinderbetreuung hat sich das Spektrum stark erweitert. Auch bei der Feuerwehr haben wir in den letzten Jahren viel gemacht. Zudem haben wir im Bereich der Seniorenarbeit viel erreicht und mittlerweile ein breites Spektrum auch in Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen.

Gibt es Aspekte der Arbeit, die sie nicht so sehr vermissen werden?

Die Vielfalt und der Abwechslungsreichtum meiner Arbeit haben mir immer sehr gefallen – aber ich freue mich auf weniger Abend- und Wochenendtermine, die das Bürgermeisteramt ganz automatisch mit sich bringt.

Vielen Dank für das Gespräch

 

 
 
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