Jörg Palitzsch veröffentlicht Buch über den Einfluss des Schachspiels auf den Alltag Liebeserklärung an das Schachspiel

Von Gabriele Szczegulski
Autor Jörg Palitzsch hat in seinem Buch nicht nur die Verbindung von Schach und LP-Covers beschrieben, sondern auch die Inhalte von über 30 Schachfilmen aus den Jahren 1925 bis 2021. ⇥ Foto: Martin Kalb

Jörg Palitzsch veröffentlicht das Buch „64 Felder erobern die Welt“ und geht den Spuren des Spiels im Comic, in Filmen, in der Musik, der Architektur, dem Sport nach.

Schauspieler Hans Söhnker sagte einst „Eine Liebeserklärung ist wie die Eröffnung beim Schach. Die Konsequenzen sind unabsehbar.“ Dieses Zitat stellt der Ingersheimer Journalist Jörg Palitzsch seinem Buch „64 Felder erobern die Welt – Das Schachspiel in Kultur und Alltag“, das am 24. Dezember erscheint, vorneweg. Der ehemalige stellvertretende BZ-Redaktionsleiter hat seinen erst kürzlich begonnenen Ruhestand genutzt und eine seiner Leidenschaften, Schach, mit anderen verknüpft: Literatur, Musik, Comics und Filme.

Unterhaltsames Buch

Seit 2019 schreibt Palitzsch, der 1986 den Schachclub Ingersheim mitgründete, für die Schachzeitungen „Rochade Europa“ und „Karl“. In der Rochade hat er sogar eine eigene Rubrik, in der er Filme, Schachmotive auf Plattencovern oder Bücher über Schach bespricht. In ihm keimte die Idee, aus diesen Artikeln ein Buch zu machen. „Ein Schach-Lehrbuch zu schreiben, ist nicht mein Ding, ich bin Journalist, ich recherchiere gerne und das Buch sollte unterhaltsam sein“, so Palitzsch.

Einzige Partie, die in der Gänze zum Nachspielen abgedruckt ist, ist die des US-amerikanischen Nasa-Astronauten Gregory Chamitoff im All. An Bord der Internationalen Raumstation ISS 2008 bestritt er Schachspiele gegen die Bodenkontrolle und gegen Erdlinge, deren Mannschaft aus Schachspielern einer Schule in Washington bestand.

„Es ist bemerkenswert, wie sich das Schachspiel still und leise in alle Bereiche des Alltags und der Kultur geschlichen hat“, so Palitzsch, selbst in den Fußball. Im Buch hat er ein Fußballspiel kommentiert und alle aus dem Schach kommenden Begriffe kursiv gesetzt und das überrascht: Fußballberichterstattung scheint nur aus Schachbegriffen zu bestehen. Beschrieben wird aber auch ein Sport, der mittlerweile Mannschaftssport ist, aber einem Comic entsprang: Schachboxen.  Die Spieler boxen eine Runde, dann setzen sie sich ans Schachbrett und spielen mehrere Minuten.

2014 erschien zum WM-Schachduell zwischen dem norwegischen Titelverteidiger Magnus Carlsen und seinem Herausforderer, dem Inder Viswanathan Anand, ein Comicheft, das eine Partie zwischen Donald Duck und Carlsen zum Inhalt hat. Das königliche Spiel ist nicht erst hier in der populären Kultur angekommen, sagt Palitzsch. Das Schachspiel habe die Architektur, die Mode und fast alle Bereichen des Alltags beeinflusst.

Die Liste der Schriftsteller, die Schachmotive verwendeten, ist lang, genauso wie die der Künstler und Musiker, die Schach spielten. Immer wieder wird die Lektüre geradezu spannend, wenn man unbekannte Details liest. So arbeiteten der französische Künstler Marcel Duchamp und der amerikanische Komponist John Cage für das Projekt „Reunion“ zusammen, Cage hatte in den 1940er-Jahren das Schachspielen von Duchamps gelernt.  Die Uraufführung von „Reunion“ fand im März 1968 auf der Bühne des Ryerson Theatre in Toronto statt, wobei sich die beiden Künstler am Schachbrett gegenüber saßen. Das Schachbrett, das mit Audioeingängen zum Instrument umgewandelt wurde, übertrug mittels Fotoresistoren – die als Schalter dienten – die Töne bei jedem Zug auf Lautsprecher für das Publikum. Dadurch erzeugte die Partie einen Klang.

„Chess“, das Musical der Abba-Komponisten Björn Ulvaeus und Benny Anderson, ist sicher eine der bekanntesten künstlerischen Umsetzungen des Motivs Schachspiel, genauso wie das LP-Cover der Rollings-Stones, worauf sie über ein Schachbrett tanzen. Palitzsch besitzt natürlich alle Exponate, die er beschreibt. Das Erstaunliche an Palitzschs Buch: Akribisch, aber unterhaltsam, listet er Bücher, Filme, Musiktitel und andere Quellen auf.

Niederlage ist ein Drama

Mehr als 30 Filme hat der Autor und Filmfan besprochen und alle gesehen. Selbst die wenige Tage vor Manuskriptabgabe erschienene Neuverfilmung der „Schachnovelle“ von Philipp Stölzl am 23. September 2021 sah er sich an, in einem Kino in Stuttgart, in der er der einzige Besucher war. Schach, so sagt Palitzsch, präge den Charakter. Ihn fasziniere, dass das Spiel ein universelles sei, ohne Sprachkenntnisse könne man es überall auf der Welt spielen. „Schach macht geduldig, angriffslustig, rational denkend und man lernt, mit Niederlagen umzugehen. Denn eine Niederlage im Schach ist für jeden Spieler ein Drama“, so Jörg Palitzsch.

Info "64 Felder erobern die Welt", erschienen im Joachim Beyer Verlag, 170 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 19,80 Euro, (ISBN) 978-3-95920-150-6.

 
 
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