Jugendstudie in Sersheim veröffentlicht Jugendliche verwurzelt im Heimatort

Von Michaela Glemser
Die Studie zeigt, dass ein großer Prozentsatz der Jugendlichen lieber auf dem Land lebt und sich dann dort auch sozial engagiert, wie beispielsweise im Jugendclub in Sachsenheim.⇥Foto: Foto: Oliver Bürkle

Neue Studie deckt Unterschiede bei den Wünschen von Jugendlichen auf dem Land und in der Stadt auf.

Junge Menschen werden von Fachleuten immer wieder als die entscheidende demografische Gruppe für die Zukunft des Ländlichen Raums genannt. Allerdings gab es bisher noch keine landesweite Studie in Baden-Württemberg, die sich mit den Bedürfnissen und Perspektiven von Jugendlichen auf dem Land auseinandergesetzt und diese vor allem denen von jungen Menschen in den Städten und Großstädten der Metropolregionen gegenübergestellt hat. „Daher ist unsere Studie auf diesem Feld ein Pilotprojekt. Wenn wir diese Forschungen in zwei bis vier Jahren wiederholen, lassen sich bestimmte Trends ablesen. Auch jetzt bieten die Ergebnisse schon gute Grundlagen für die Diskussionen vor Ort in den Stadt- und Kreisjugendreferaten“, sagt Wolfgang Antes, Geschäftsführer der Jugendstiftung Baden-Württemberg mit Sitz in Sersheim.

Identifikation mit dem Wohnort

Das baden-württembergische Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat besagte Studie bei der Jugendstiftung in Auftrag gegeben. Minister Peter Hauk erklärte anlässlich der Veröffentlichung der Studie in diesen Tagen: „Die Ergebnisse aus der Jugendstudie bieten eine gute Grundlage, um jugendgemäße Lösungsansätze für ein attraktives Leben auf dem Land zu entwickeln.“

Befragt wurden von August bis Dezember vergangenen Jahres landesweit Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren. 87 Prozent der jungen Menschen auf dem Land gaben beispielsweise an sich mit ihrem Wohnort zu identifizieren. 40 Prozent der befragten Jugendlichen in Stadt und Land wollen auch später einmal in einem Dorf leben, von den Jugendlichen auf dem Land gaben dies 42 Prozent an.

Dieses Ergebnis kann auch der Sachsenheimer Stadtjugendreferent Nico Blum bestätigen: „Die Jugendlichen in unserer Stadt, mit denen ich zu tun habe, sind hier schon sehr verwurzelt. Es ist nicht mehr so, wie früher vielleicht, dass sie bei der ersten Gelegenheit die Flucht in die Städte ergreifen.“ Junge Leute würden sich sehr stark mit ihrem Wohnort identifizieren und seien an den Themen Freizeit, Natur und Umwelt interessiert,  so Blum. Dies zeigen ebenfalls die Studienergebnisse, denn 39 Prozent der befragten Jugendlichen auf dem Land gaben an, sich zu engagieren, nur 30 Prozent der jungen Menschen machen dies in der Stadt. Den jungen Menschen im Ländlichen Raum waren genannte Themen wichtiger als denen in der Stadt.

Nahverkehr ist großes Thema

„Es zeigt sich, dass das Engagement der Jugendlichen in den höheren Altersgruppen deutlich zurückgeht. Bisher waren meist die Mädchen wesentlich engagierter als die Jungen, aber die Werte nähern sich immer mehr an“, erklärt Geschäftsführer Antes von der Jugendstiftung. Ein Thema, das Jugendliche vor allem auf dem Land bewegt, ist der Ausbau des öffentlichen Personen-Nahverkehrs. 57 Prozent der befragten jungen Menschen auf dem Land machten in der Studie deutlich, dass sie sich diesen Ausbau wünschen würden. „In allen Jugendforen in Sachsenheim war der ÖPNV bisher ein Thema. Die Jugendlichen wollen bessere Busverbindungen in die einzelnen Stadtteile“, sagt der Sachsenheimer Jugendreferent. Ganz anders sieht dies der Sersheimer Jugendhausleiter Julian Kieferle. „Bei uns sind die Jugendlichen mit der Anbindung an Bus und Bahn relativ zufrieden. Ich habe bisher kaum Klagen darüber gehört“, schildert Kieferle.

Studieren wollen nur 33 Prozent

Auch bei der Berufsausbildung zeigen sich in der Studie Unterschiede zwischen den städtischen und ländlichen Räumen. Das Interesse an einer Ausbildung in Handwerksberufen ist auf dem Land bei den jungen Menschen größer als in der Stadt. Studieren wollen nur 33 Prozent der befragten Jungen auf dem Land, bei den Mädchen ist es knapp die Hälfte. In der Stadt wollen 40 Prozent der Jungen und 52 Prozent der Mädchen ein Studium beginnen. „Natürlich liefert eine solche Studie für meine Arbeit mit den Jugendlichen vor Ort wichtige Erkenntnisse. Die Studienergebnisse haben direkten Bezug zur Lebenswelt der Jugendlichen und damit auch zu meiner Arbeit“, sagt Blum. Ähnlich sieht es auch sein Kollege Kieferle aus Sersheim, der sich intensiv mit den Studienergebnissen auseinandersetzen will.

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Info Die Studie „Jugend im Ländlichen Raum Baden-Württembergs“ kann mit ihren Ergebnissen im Internet eingesehen werden. Sie wurde von Fachleuten der Universität Freiburg begleitet.

https://studie.land/

 
 
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