Wer wird neuer Bürgermeister in Walheim? Für das vakante Amt bewarben sich fristgerecht Jürgen Böhm, Christoph Herre, Christian Haberland und Manual Herrmann – bei der Kandidatenvorstellung stellten sie sich am Donnerstagabend den Walheimern vor. Diese füllten die Gemeindehalle bis auf den letzten Platz und ließen die Kandidaten in der Fragerunde, die auf die je zehnminütige Vorstellungsrede folgte, nicht von der Angel.
Kandidatenvorstellung Walheim Bürger lassen Kandidaten nicht von der Angel
In der bis auf den letzten Platz gefüllten Gemeindehalle stellten sich die vier Bewerber den Detailfragen der Bewohner.
Kommunikation ist ein großes Thema für alle Kandidaten
„Ich möchte die Gemeinschaft mit Ihnen voranbringen“, betonte Manuel Herrmann, wichtig sei ihm besonders eine „offene Kommunikation“ und „Entscheidungen im Austausch mit Ihnen, nicht im stillen Kämmerlein“ zu treffen. Er halte regelmäßige Bürgersprechstunden für ein sinnvolles Mittel. Außerdem will er das Ehrenamt stärken, als Pfeiler für den Zusammenhalt. Wichtig sei ihm auch die Familienfreundlichkeit in Walheim, ebenso wie die Infrastruktur und Nahversorgung. „Ich trete nicht an, um große Versprechen zu machen, die nicht gehalten werden können“, stellte er klar, mit ihm solle sich Walheim „Schritt für Schritt“ weiterentwickeln, dabei solle aber Bewährtes gehalten werden.
Ein „Ort des Ankommens“ sei Walheim für ihn gewesen, erklärte Haberland seine Motivation, nun Bürgermeister zu werden. Dass er kein Verwaltungsstudium absolviert habe, sei ihm in Gesprächen schon oft vorgehalten worden – für ihn heiße Verwaltung verantwortungsvoll führen zu können, und damit habe er in 30 Jahren Berufsleben viel Erfahrung gesammelt. Er plane ein Kinder- und Familienzentrum für Walheim für Beratungen und zum Austausch. Im Rathaus möchte er „nicht nur Teamführer, sondern auch Ideengeber“ sein. Bezüglich des Streitpunkts Klärschlamm-Verbrennungsanlage (KVA) möchte er mit „systemischer Gesprächsführung“ die unterschiedlichen Meinungen gegeneinander abwägen und zu einer Lösung kommen, auch hier auf Basis seiner Berufserfahrung: Die Ideen vieler zusammenführen.
Der mit 24 Jahren bei Weitem jüngste Kandidat, Christoph Herre, betonte seine bereits gewonnene Erfahrung in der Verwaltung: Im Studium an der Verwaltungshochschule Ludwigsburg, bei der Arbeit in einem Baurechtsamt beim Gemeindeverwaltungsverband in Langenargen, in Monterrey in den USA, als auch in Kressbronn am Bodensee im Amt des Bürgermeisters. Zuverlässige und effiziente Arbeit im Rathaus versprach er, zusammen mit Gemeinderat und Bürgerschaft, ebenso wie das Durchhaltevermögen, auch „dickere Bretter“ zu bohren.
Auf Augenhöhe mit den Bürgern arbeiten
Nicht vom Schreibtisch aus, sondern auf Augenhöhe mit den Bürgern wolle er arbeiten. Hochwasserschutzkonzept, Förderung der ehrenamtlichen Arbeit, eine klare Struktur mit Ansprechpartner im Rathaus zur Verbesserung der Jugendarbeit und infrastrukturelle Verbesserungen für alle Generationen sind seine Kernthemen.
Große Chance im Kraftwerkareal
Warum tue ich mir – und Ihnen – das an?, fragte Jürgen Böhm, der sich zum dritten Mal auf das Amt eines Bürgermeisters bewirbt, bisher in Gemmrigheim. Die Motivation dafür bisher: „Verhindern, dass aus Gemmrigheim das wird, was es ist: arm und ein Atomendlager“. Ein ähnliches Schicksal sehe er auch Walheim drohen. Die Verhinderung der KVA ist sein Kernanliegen. Im Kraftwerkareal sieht er stattdessen eine „große Chance“ für den Ort, etwa mit der Ansiedlung von Start-ups. Energiegewinnung im Neckar, ein Parkhaus mit Reparaturmöglichkeiten für autonome Autos ebenso wie ein S-Bahnhof mit Wartung sind Ziele von ihm.
Die Fragen des Publikums drehten sich dann um eine Vielzahl von Themen: Das Baugebiet zwischen den Wegen? Alle Kandidaten sprachen sich für eine Bebauung aus, Böhm kritisierte zudem, dass es offenbar Unklarheit über die Bauvorhaben gebe, das wolle er mit einem Rats-Info-System ändern.
Seniorenversorgung? Noch keinen Masterplan habe er, räumte Herre ein, Fläche und Plätze seien schwierig. Paten aus dem Gemeinderat für die Thematik schlug Böhm vor, um klare Verantwortung zu schaffen. Möglichst viele Angebote schaffen wollte auch Herrmann. Haberland sah die Lösung, alte Immobilien im Ortskern umzubauen, nicht und schlug stattdessen ein Altenübergangsheim vor.
Zu teure und kurze Kinderbetreuung? Haberland wiederholte seinen Vorschlag eines Familienzentrums, Herre schlug Korridormodelle vor.
Beim Hochwasserschutz sprachen sich alle für eine gemeinsame, koordinierte Anstrengung aus. Nach Fragen zu einem Konzept für einen Dorfladen, Nahverkehr, Parkmöglichkeiten und verbesserter medizinischer Versorgung ebenso wie sanitären Einrichtungen auf der Neckarwiese (die alle Kandidaten schaffen wollen) kam auch die aktuelle Situation in Walheim zur Sprache: Wie soll das Vertrauen der Bürgerschaft wiedergewonnen werden? Die Kommunikation halten und eine „Extrameile gehen, um das Vertrauen wiederzugewinnen“, versprach Herrmann. „Dass die Bürger wieder gehört werden“, ist Haberlands Anliegen. Herre will sein Amt auf Engagement und Fachlichkeit stützen: „Eine Verwaltung, die fachlich nicht gut ist, nützt nichts“. Böhm will Demokratie erlebbar machen, er kann sich auch eine offenere Gemeinderatssitzung vorstellen, wo man nach dem öffentlichen Teil noch mit den Gemeinderäten ins Gespräch kommen kann. jol