Katastrophenschutz im Landkreis Ludwigsburg „Auch eine Straße kann zu einem reißenden Fluss werden“

Von Frank Ruppert
2013 kam es in Untermberg wegen Strakregens zu einem Erdrutsch. Die dortige Sporthalle wurde beschädigt als der Hang darüber abrutschte.⇥ Foto: Martin Kalb

Der oberste Katastrophenschützer des Kreises sieht die Gemeinden gut aufgestellt, ganz vermeiden könne man Katastrophen aber nicht.

Wir sind in den letzten Jahren vor schlimmen Naturkatastrophen verschont geblieben, aber das ist eher Zufall“, sagt Kreisbrandmeister Andy Dorroch. Er ist für den Katastrophenschutz im Landkreis Ludwigsburg zuständig und verfolgt die aktuelle Diskussion um Prävention und Warnung angesichts der Hochwasser-Ereignisse in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.

Energie und Hirnschmalz für Hochwasserschutz

Gemeinde und Landkreis hätten sich im Kreis Ludwigsburg, was den Katastrophenschutz angeht, gut abgestimmt, sagt Dorroch. Ob alles auch so klappe, wie man sich das vorstelle, sehe man allerdings erst im Katastrophenfall. „Wir haben viel Zeit, Energie und ,Hirnschmalz´ in die Hochwasserplanung gesteckt und können sehr weitreichende Hilfen bieten“, ist er für den Fall eines Hochwassereignisses optimistisch. Er nennt vor allem die Abrollbehälter „Hochwasser“, die bei den Wehren angeschafft wurden, außerdem hätten sich gefährdete Gemeinden mit Hochwasserdämmen eingedeckt.

Aus seiner Sicht sind breitere Flussläufe und größere Überschwemmungflächen höchstens teilweise eine erfolgversprechende Strategie: „Wenn der Starkregen kommt, kann auch eine Straße oder ein Radweg zu einem reißenden Fluss werden, da hilft ein breiteres Flussbett zunächst wenig“, sagt Dorroch im Gespräch mit der BZ.

Trotz speziellen Karten ist die Vorhersage schwierig

Wie hoch die Gefahr eines Hochwassers ist, könne man aber nur schwer einschätzen. „Das letzte große Hochwasser-Ereignis gab es 2010 in Ditzingen. Mehrere Kommunen haben bereits Starkregengefahrenkarten erstellt, zum Beispiel die Glems-Anrainerkommunen, Bietigheim-Bissingen, Vaihingen, Steinheim und Tamm“, erklärt Dorroch. Allerdings weist der oberste Katastrophenschützer im Kreis darauf hin, dass die Zusammenhänge zwischen punktuellem Starkregen und Hochwasser so komplex sind, dass sie schwer vorherzusagen seien.

Klar sei allerdings, dass solche Unwetter wie Starkregen oder sogar Tornados in den letzten Jahren häufiger auftreten in Deutschland. Das liege daran, dass sich Gewitterzellen wesentlich langsamer bewegten als noch vor Jahrzehnten, nämlich durchschnittlich mit 30 statt mit 70 Stundenkilometern. So können dann auch örtlich mehr Regen herunterkommen.

Sirenen, Handy-App oder Lautsprecherdurchsagen

Beim Thema Warnungen empfiehlt Dorroch jedem Bürger dringend die Warn-App „Nina“ (kurz für Notfall-Informations- und Nachrichten-App) zu installieren. Sie wird vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zur Verfügung gestellt. „Sirenen sind für den Katastrophenfall nur noch bedingt nutzbar, da diese nur noch im Kernbereich von Kernkraftwerken betrieben werden müssen“, stellt Dorroch den aktuellen Sachstand dar. Auch Radio- oder Lautsprecherdurchsagen sowie die Warnung persönlich an der Tür seien Möglichkeiten.

Zur aktuellen Diskussion um die Verbesserung der Warnsysteme sagt Dorroch: „Die Sirenen sind dabei ganz sicher nicht die einzige gute und richtige Lösung. Im Bereich der Handywarnung gibt es ebenfalls sehr gute Systeme, beispielswiese in den USA.“ Dabei erhalte man, völlig unabhängig davon, ob eine App installiert wird oder nicht, eine Warnung auf das Handy, sofern sich das Handy in einem Gefahrenbereich befindet. Aus Datenschutzgründen sei dies in Deutschland nicht erlaubt. Letztlich entscheide der „Warn-Mix“, ob die Warnung eine gute Tiefenwirkung in die Bevölkerung habe oder nicht.

Dorroch hofft, dass durch die aktuelle Diskussion mehr Mittel für den Katastrophenschutz zur Verfügung gestellt werden.

 
 
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