Kirchenbezirk Besigheim Vom Vollsortimenter zum Spezialisten

Von sz
In den Kirchengemeinden des evangelischen Kirchenbezirks Besigheim, auch in der Gemeinde der Besigheimer Stadtkirche selbst, wird sich einiges ändern. Foto: /Martin Kalb

Die Kirche ist im Wandel: Dekan Eberhard Feucht erklärt, was Fusionen, Regionalisierung und Regio-Lokalität für die Gemeinden bedeuten. 

Gründe gibt es viele, warum die evangelische Landeskirche Württemberg Strukturen in ihren Kirchenbezirken und Gemeinden ändern muss: Zu viele Austritte und der demografische Wandel führen zu stark sinkenden Mitgliederzahlen. Zu wenig Pfarrer und Pfarrerinnen, Schwierigkeiten, Ehrenamtliche zu finden, leere Kirchen bei den Gottesdiensten – all das führte zum Pfarrplan 2030. Auf der Bezirkssynode, die der Kirchenbezirk Besigheim durchgeführt hat, wurden die Reformprozesse angeschoben, die bis 2030 umgesetzt werden sollen.

„Regio-Lokalität“

„Regio-Lokalität“ – das ist das neue Zauberwort, das einige Probleme strukturell beheben soll, teilweise aber auch Änderungen bewirkt. „Mit Regio-Lokalität ist die Stärkung der Gemeinde gemeint, das Herausarbeiten eines Gemeindeprofils mit Schwerpunkten, die dann diese Gemeinde setzt, aber auch die Zusammenarbeit von Nachbarschaftsgemeinden“, sagt der Dekan des Kirchenbezirks Besigheim, Eberhard Feucht, der den Umstrukturierungsprozess maßgeblich umsetzen muss. Die Maßnahmen sollen dazu führen, dass das Personal in den Kirchengemeinden und die Ehrenamtlichen sich mehr und intensiver um einzelne Bereiche kümmern können und dass so Überlastungen vermieden werden. Es sollen aber auch neue, zeitgemäße und flexible Angebote entstehen.

„Die Ortsgemeinde, die möglichst viele Handlungsfelder, von einem vielfältigen Gottesdienstangebot bis zu den gemeindlichen Gruppen und Kreisen, Seelsorge, Diakonie, Erwachsenenbildung, Jugendarbeit und mehr abdecken soll, kann in dieser Form nicht fortgeführt werden“, so der Dekan. Aber er sagt auch: „Gemeindefusionen oder Optimierung des Bisherigen sind nur bedingt zielführend.“ Die Gemeinde müsse sich wandeln, Schwerpunkte in ihrer Arbeit setzen, „anstatt Vollsortimenter sein“, so Feucht

Gemeinsame Gottesdienste

Feucht nennt ein Beispiel: „Das monatliche Friedensgebete in Ottmarsheim hat einen überregionalen Ruf. Warum sollen in weiteren Gemeinden Friedensgebete stattfinden, wenn Ottmarsheim sich hiermit profiliert hat und damit in die Region ausstrahlen kann?“ Es werde in jeder Gemeinde weiterhin Gottesdienste geben, aber für besondere Angebote sollen Gemeinden zusammenarbeiten. Für Gottesdienste wie beispielsweise an den zweiten Feiertagen an Ostern, Weihnachten oder Pfingsten könne es zentrale Angebote geben. Zudem sollen überregionale Angebote für besondere Zielgruppen gemacht werden, aber auch vor Ort soll es weitere Sondergottesdienste, wie im Seniorenheim geben. Die Gottesdienste sollten aber weiterhin verlässlich in den Gemeinden stattfinden.

Idee Jugendkirche

Feucht bringt auch die Idee einer regionalen Jugendkirche ins Spiel – ein zentraler Ort, an dem Jugendgottesdienste stattfinden und ein Zentrum für die Jugendarbeit entsteht – „vielleicht in einer leer stehenden Kirche oder einem alten Gemeindehaus“, sagt Dekan Feucht. Dann müsse auch die Bezirksjugendarbeit nicht von Gemeinde zu Gemeinde „wandern und Angebote machen“, so Feucht. Bei der Konfirmandenfreizeit habe man schon weitergedacht. Statt dass jede Gemeinde eine solche anbietet, gebe es das Konfi-Camp, an dem alle Konfirmanden des Kirchenbezirks teilnehmen. „Da kann man auch viel attraktivere Freizeitangebote machen“, sagt Feucht. Auch beim Konfirmandenunterricht werde angedacht, dass Gemeinden zusammenarbeiten.

Schwerpunkt Kirchenmusik

Die Kirchenmusik könne sich, so sagt er, im klassischen Bereich auf Besigheim konzentrieren, weil „das Kantorat dafür eine Expertise hat“. Dafür könne an der Stadtkirche Bietigheim der Schwerpunkt der Gospelmusik verankert werden.

Der Kirchenbezirk wurde für eine stärkere Regionalisierung in drei geografische Bereiche unterteilt: Süd mit Bietigheim-Bissingen und umliegenden Gemeinden, Mitte mit Besigheim als Zentrum sowie Nord, das den Bereich Bönnigheim/Lauffen umfasst.

Zentrales Programm

Zwar besitzt jede Kirchengemeinde des Kirchenbezirks eine eigene Homepage, aber wenn es überregionale oder gemeinsame Veranstaltungen, besondere Gottesdienste oder kirchenmusikalische Angebote gibt, sollen diese künftig auf der Homepage des Kirchenbezirks Besigheim veröffentlicht werden oder in einer gemeinsamen Broschüre. „Der Kirchenbezirk wird weiter zusammenwachsen, ein Netzwerk aus den Gemeinden wird entstehen“, sagt Dekan Eberhard Feucht.

Konkrete Änderungen im Kirchenbezirk Besigheim

Sechs evangelische
Kindergärten gibt es im Kirchenbezirk Besigheim und diese sollen zum 1. Januar 2024 in eine neue Trägerschaft übergehen, die der Kirchenbezirk Besigheim übernimmt. Das Kinderhaus Arche in Kirchheim ist davon ausgeklammert (die BZ berichtete). Pfarrdienst und Ehrenamtliche sollen so von Verwaltungsaufgaben entlastet werden. Derzeit gibt es Gespräche, ob die evangelische Gesamtkirchengemeinde Ludwigsburg die Geschäfte der Kindertageseinrichtungen übernehmen wird.

Die diakonische Arbeit des Kirchenbezirks liegt in den Händen von Erligheims Pfarrerin Margarethe Döbler. Mit der Anlaufstelle für Flüchtlinge in der Friedenskirche in Ludwigsburg wurde Kirchenbezirks-übergreifend ein Beratungszentrum geschaffen.

Im Pfarrplan 2030 ist das Verwaltungsmodernisierungsgesetz festgeschrieben. Durch dieses wird es das Wahlamt der Kirchenpfleger und Kirchenpflegerinnen in den einzelnen Gemeinden nicht mehr geben. Durch das Gesetz ist die Verwaltungsstelle seit 1. Januar 2023 zur Regionalverwaltung geworden. Diese wird in Außenstellen aufgeteilt, Besigheim wird ein Standort. Zukünftig sollen komplexe Verwaltungsaufgaben dort erledigt werden, um die Gemeinden zu entlasten. Das betrifft das Haushaltswesen, das Finanzwesen, die Personalverwaltung, das Buchungswesen, die Umstellung auf Doppik, Bausachen. Verwaltungsangestellte in den Gemeinden werden übernommen, die Zentrale sogar aufgestockt. Angestellt sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dann bei der Landeskirche. Die Personalhoheit, so sagt Dekan Feucht, bleibe aber in den Gemeinden, genauso wie die letztendliche Entscheidung über Bausachen. Es sollen, so Feucht, „fließende Entscheidungen mit den Gemeinden“ getroffen werden, aber keinesfalls von oben bestimmt werden, sondern zu einer Entlastung von Pfarrern, Mitarbeitern und Ehrenamtlichen beitragen,.

Weitere überregional übernommene Tätigkeiten sind die diakonische Arbeit, die Bildungsarbeit durch das Kreisbildungswerk, das Hospiz Bietigheim-Bissingen und die Klinikseelsorge. Diakon Philipp Rauen verantwortet im Kirchenbezirk das Projekt „Vernetzt denken – gemeinsam gestalten, worin Gemeinwesen und Familienarbeit die Schwerpunkte waren.

 
 
- Anzeige -