Kirchheim Dorfladen: Aus nach neun Jahren

Von Michael Soltys
Wehmütig haben sie am Mittwoch das Aus des Dorfladens verkündet: (von links) Helmut Mayer, Karen Bolkart, Bürgermeister Uwe Seibold. Foto: /Oliver Bürkle

Viel Herzblut haben die ehrenamtlichen Unterstützer in den Dorfladen im Ortskern gesteckt. Jetzt folgt der Ausverkauf. Spätestens Ende März ist Schluss.

Eine gewisse Wehmut war Uwe Seibold, Bürgermeister von Kirchheim, Karen Bolkart und Helmut Mayer am Mittwoch durchaus anzumerken. Fast neun Jahre ist der Kirchheimer Dorfladen jetzt in Betrieb. Immer wieder gab es Sorgen um seinen Bestand. Jetzt verkündeten die drei ehrenamtlichen Geschäftsführer das endgültige Aus für das ehrenamtliche Projekt mitten im Kirchheimer Ortskern. Der Dorfladen wird abgewickelt. Anfang März startet der Ausverkauf, spätestens Ende März wird der Betrieb eingestellt.

Mitarbeiter sind informiert

Am späten Mittwochnachmittag wurden die neun Mitarbeiterinnen über die Entscheidung der Gesellschafter informiert. Viele von ihnen haben sich von Anfang an engagiert und für einen relativ schmalen Lohn gearbeitet, hob Seibold gestern im Kirchheimer Rathaus hervor. Die Entscheidung ist jedoch gefallen, möglicherweise hätte sie aus Vernunftgründen schon früher getroffen werden müssen, ergänzte er.

Immer wieder hatten die Gesellschafter davor gewarnt, dass der Dorfladen sich auf Dauer nicht selbst tragen kann. Zuletzt hatten sie im Advent an die Kirchheimer Kunden appelliert, mehr und häufiger dort einzukaufen. Doch die Umsätze sanken trotz steigender Preise weiter, in den letzten beiden Jahren auf unter 700.000 Euro – nach dem Spitzenjahr 2021, als 835.000 Euro erreicht wurden. Es habe zwar einige gute Jahre gegeben, sagte Seibold, aber das vor neun Jahren ausgegebene Ziel eines jährlichen Umsatzes von einer Million Euro wurde nie erreicht.

Jahr für Jahr wurden laut Seibold Verluste in Höhe von 10.000 bis 30.000 Euro eingefahren, sie summieren sich auf eine sechsstellige Summe. Sie wären noch höher gewesen, hätte die Gemeinde Miete für den Dorfladen erhoben. Gedeckt wurde das Defizit durch Kredite der Gesellschafter, zu denen neben den drei Geschäftsführern noch Harald Kunst und Hans Müller zählen. Sie alle sind ehrenamtlich tätig, haften aber persönlich für die Geschäfte der Gesellschaft.

Aktuell hat der Dorfladen noch Verbindlichkeiten in Höhe von 70.000 bis 80.000 Euro. Seibold, Mayer und Bolkart hoffen, sie durch den Ausverkauf decken zu können. Die 230 Kirchheimer, die Anteile von je 150 Euro am Kirchheimer Dorfladen gezeichnet haben, haben allerdings kaum Aussicht, ihr Kapital zurückzubekommen. Größter Anteilseigner ist die Gemeinde, die mit 25.000 Euro engagiert ist. „Das Geld ist weg“, stellte Seibold fest.

Alle Anstrengungen, Aktionen und Appelle haben nicht geholfen, das Einkaufsverhalten der Kunden zu ändern, machten die drei Geschäftsführer deutlich. Zuletzt kamen um die 200 Kunden täglich in den Dorfladen. Der Laden wäre zu retten gewesen, hätte jeder pro Einkauf nur drei Euro mehr ausgegeben. Doch der finanzielle Druck stieg. Steigende Personalkosten, vor allem aufgrund des angehobenen Mindestlohns, mussten durch verkürzte Öffnungszeiten ausgeglichen werden. Die Kosten für Strom und Heizung stiegen in den neun Jahren des Betriebs um mehr als das Doppelte.

„Heimelige Atmosphäre“

In der Corona-Zeit konnte sich der Dorfladen wegen seiner „heimeligen Atmosphäre“, so Seibold, zwar stabilisieren. Zwei Baustellen vor der Haustür sorgten danach aber dafür, dass die Kunden wegblieben. Und sie kamen nicht mehr zurück. „Wir haben lange gehofft“, sagte Karen Bolkart, „aber es gibt keine Perspektive, dass es sich wieder bessert.“

Mit dem Dorfladen fällt ein Eckpfeiler der Nahversorgung im Ortskern weg, den vor allem die Bewohner des nahen Seniorenzentrums gerne genutzt haben. Darauf wies Helmut Mayer hin. Im Ortskern selbst gibt es jetzt keine Möglichkeit mehr, Dinge des Alltags barrierefrei einzukaufen. Das Café des Dorfladens war von Beginn als eine Art Begegnungsstätte gedacht, auch das entfällt, bedauert Mayer.

Mit dem Ladengeschäft gehe das besondere Flair einer kleinen, überschaubaren, familienfreundlichen und seniorengerechten Verkaufsfläche verloren. Im Laden wurden Zeitschriften verkauft, Pakete konnten abgegeben werden, eine Metzgerei bot ihre Produkte an. „Eine ganze Struktur verschwindet“, sagte Uwe Seibold.

 
 
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