Mit der provokanten Frage „Werden sogenannte Kollateralschäden in Kauf genommen?“ übt die Kirchheimer Bürgerinitiative „B 27 raus aus Kirchheim“ (BI) Kritik am Regierungspräsidium Stuttgart (RPS) und dem Ludwigsburger Landratsamt. Anlass dafür ist für die BI ein Unfall, der sich am 29. September auf der Besigheimer Straße in Kirchheim ereignete und bei dem ein 84-Jähriger von einem Lkw erfasst wurde und seinen dabei erlittenen Verletzungen noch am Unfallort erlag (die BZ berichtete).
Kirchheim Massive Kritik an den Behörden
Kirchheimer BI „B 27 raus aus Kirchheim“ reagiert nach tragischem Lkw-Unfall. Regierungspräsidium weißt Vorwürfe zurück.
„Erneut hat es einen tragischen Unfall mit einem Lkw auf der Ortsdurchfahrt der B 27 in Kirchheim gegeben“ bedauert die BI. Es sei allen zuständigen Behörden wie Regierungspräsidium Stuttgart und Landratsamt Ludwigsburg bekannt, dass auf der Kirchheimer Ortsdurchfahrt der Schwerlastanteil, also die Zahl der durchfahrenden Lkw, höher als im Durchschnitt auf Bundesstraßen ist.
„Grenzen überschritten“
Weiter schreibt die Kirchheimer Bürgerinitiative in einer Mitteilung: „Trotzdem sollen die Fahrten zur und von der in Walheim im Bau befindlichen Klärschlammverbrennungsanlage weitestgehend über Kirchheim gehen. Die Steigerung des Schwerlastverkehrs soll um 29,3 Prozent zunehmen.“ Die Verantwortlichen würden wissen, dass die Verkehrsknotenpunkte „Marktkaufkreuzung“ und „Schillerplatz“ bereits jetzt zu Spitzenzeiten ihre Kapazitätsgrenzen überschreiten.
Und was schließe das RP – nach Einschätzung der BI – daraus: Die Qualitätsstufe des Verkehrs verschlechtere sich nicht weiter. „Also ist die Situation so schlecht, dass mehr Verkehr völlig egal ist. Auch wenn die Gefahren für die Menschen in Kirchheim durch Lkws und Pkws dadurch steigen“, resümiert der BI-Sprecher Rolf Riecker: „Letztlich beendet nur eine Umgehungsstraße diese Gefahren.“
„Der tödliche Unfall in Kirchheim ist tragisch“, erklärt das RPS auf Nachfrage der BZ und merkt an, dass die zuständige Unfallkommission (Polizei, Straßenbaulastträger und Landratsamt Ludwigsburg als Straßenverkehrsbehörde) den Unfall detailliert untersuchen werde. Grundsätzlich weist die Stuttgarter Behörde darauf hin, dass die B 27 eine Bundesstraße sei, die auch für überörtlichen Schwerlastverkehr gewidmet sei. Zugleich befinde sich die angesprochene Klärschlammverbrennungsanlage (KVA) auf dem benachbarten Gemeindegebiet in Walheim, erklärt das RPS.
RPS verweist auf Gutachten
Im Zuge des Genehmigungsverfahrens sei ein Gutachten vorgelegt worden, das die am stärksten belasteten Kreuzungsbereiche in Kirchheim untersucht hat. „Hierbei wurde deutlich, dass zu einzelnen Zeitabschnitten die Leistungsfähigkeit an zwei Kreuzungen als ,überlastet’ eingestuft wurde (ohne den zusätzlichen Verkehr der KVA). Die Einstufung der Leistungsfähigkeit der am stärksten belasteten Kreuzung hat sich jedoch zu keinem Beurteilungszeitpunkt durch den hinzukommenden Verkehr negativ verändert. Also auch nicht zu den untersuchten Zeiten, zu denen die Leistungsfähigkeit der Kreuzung besser ist“, schreibt die Behörde.
Im Übrigen könne die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde im RPS bei der Prüfung einer Anlage die verkehrliche Situation auf einer benachbarten Gemarkung nur in den gesetzlichen Grenzen berücksichtigen, heißt es in der Mitteilung weiter. Die grundsätzliche verkehrliche Erschließung der Anlage, die im Verfahren zu prüfen ist, sei aufgrund der Anbindung an die B 27 gegeben. „Diese Prüfung ist im Genehmigungsverfahren erfolgt. Daher ist die Schlussfolgerung, ,der Verkehr ist schlecht und kann nicht schlechter werden’ mindestens verkürzt und war für die Entscheidung des RPS nicht Entscheidungsgrundlage“, so das RPS.
