Einen Bus dann bestellen, wenn man ihn braucht – dieses Projekt wird in einigen Gemeinden im Norden des Landkreises Ludwigsburg schon lange vorangetrieben. Mehrfach verzögerte sich der Beginn. Da die Kleinbusse mit Strom fahren sollten, musste erst die Ladeinfrastruktur angeschafft werden; mit dem Ergebnis, dass jetzt Diesel-Fahrzeuge eingesetzt werden.
Kirchheim „VVS-Rider“ sollen Linienbusverkehr ergänzen
Ab August sollen probeweise zwei zusätzliche Bestellbusse fahren. Das Pilotprojekt dauert bis 2026.
Pilotprojekt startet am 4. August
Der Bund verweigerte eine Förderung. Ein ins Auge gefasster Betreiber ging insolvent. Und dann sperrte sich auch noch die Stadt Besigheim. Deren Gemeinderat wollte dem Konzept zunächst wegen der Kosten nicht zustimmen, ließ sich aber doch noch überzeugen. Am Sonntag, 4. August, soll es endlich soweit sein und der On-Demand-Verkehr, wie die Bestellbusse genannt werden, in Betrieb gehen.
Daran beteiligen werden sich tagsüber die Gemeinden Kirchheim, Gemmrigheim, Besigheim und Kirchheim, wo das Konzept am Donnerstag im Gemeinderat noch einmal präsentiert wurde. In der Nacht können Fahrgäste aus Bietigheim-Bissingen und Tamm die Busse bestellen, um die S-Bahnen nutzen zu können. Zwei Fahrzeuge mit jeweils vier Plätzen kommen zum Einsatz. Wegen der Verzögerungen ist der Testzeitraum deutlich kürzer als ursprünglich geplant, das Pilotprojekt endet zum Jahresende 2026.
VVS-Tarif gilt auch für Kleinbusse
Die rot-schwarzen Bestellbusse mit der Aufschrift „VVS-Rider“ sollen die Kommunen besser an das VVS-Netz anbinden und sind an Wochenenden als Ergänzung des Linienverkehrs gedacht. Die Linie 573 von Kirchheim nach Gemmrigheim wird an den Wochenenden durch die Kleinbusse ganz ersetzt. Für den Kirchheimer Bürgermeister Uwe Seibold ist das Pilotprojekt ein „Beitrag zur Mobilität in den Gemeinden und eine gute Ergänzung für ältere Menschen“. Die Busse können zum normalen VVS-Tarif genutzt werden, auch von Inhabern des Deutschland-Tickets. Sie bringen ihre Fahrgäste aus dem Umfeld ihres Wohngebietes zu Bahnhöfen und zentralen Haltestellen, zum Arzt, zum Rathaus oder auch zum Einkauf, wie Tugba Yedekçi vom Landratsamt erläuterte.
Die Fahrgäste können die Busse übers Telefon, über eine App oder im Internet zu ihrer Wunsch-Haltestelle bestellen und bekommen eine Abholzeit genannt. Dazu wurden zahlreiche virtuelle Haltepunkte eingerichtet, zu denen sich die Fahrgäste bewegen müssen. Weiter als 300 Meter sollen sie dazu nicht gehen müssen. Bei mehreren gleichzeitigen Bestellungen werden die Fahrten gebündelt.
Test kostet 1,4 Millionen Euro
Die Gesamtkosten für die zweieinhalbjährige Projektdauer belaufen sich im Landkreis auf 1,4 Millionen Euro. Die Kosten für das Marketing und die Software übernimmt komplett der Landkreis; der auch die Hälfte der Betriebskosten zahlt. Die übrige Hälfte teilen die beteiligten Kommunen unter sich auf. Für Kirchheim werden monatlich rund 2950 Euro fällig, auf die Laufzeit des Projekts berechnet beläuft sich die Summe auf rund 120.000 Euro, Kostensteigerungen einberechnet, rechnete Yedekçi vor.
Bestellen bis Minuten vor Start
Aus dem Gemeinderat kamen viele Fragen zu dem Projekt, die Yedekçi detailliert beantwortete. Sollte das Angebot sehr gut angenommen werden, könnte auch ein dritter Bus eingesetzt werden, dann erhöhen sich allerdings die Kosten. Mit Plakaten, einer Verteilung von Informationen an die Haushalte und bei Veranstaltungen, beispielsweise bei Seniorentreffen, will das Landratsamt massiv für das Projekt werben.
Die Busse rechnen eine Wartezeit von höchstens fünf Minuten ein, die Fahrgäste sollten also pünktlich am vereinbarten Treffpunkt sein. Sie können bis zu 15 Minuten vor der geplanten Fahrt angefordert werden, aber ob sie dann auch schnell kommen, hängt davon ab, wo sie gerade im Einsatz sind. Beschwerden nimmt die VVS entgegen. Eine Bestellung Stunden vorher ist ebenfalls möglich. Die beiden Kleinbusse werden aktuell umgearbeitet, sodass Rollstühle, Rollatoren und Kinderwagen mitgenommen werden können. Michayel Soltys