Es ist leider aussichtslos. Wir können in den nächsten Jahren nicht mit Sedia Kijera rechnen“, sagt Daniela Lehmann, die Leiterin des Kirchheimer Pflegeheims „Haus am Mühlbach“. Dort hatten Polizisten den gambischen Altenpflegehelfer Sedia Kijera an seinem Arbeitsplatz am 30. November 2023 abgeholt und in Abschiebehaft verbracht.
Kirchheim Wende im Drama um Altenpfleger
Bundesweit in die Schlagzeilen geraten war der Altenpflegehelfer Sedia Kijera. Was folgte auf seine freiwillige Ausreise?
Landratsamt sprach sich gegen Ausweisung aus
Der 28-jährige Gambier reiste schließlich am 23. Februar 2024 freiwillig aus, um zurückkehren zu können. Doch diese Hoffnung hat sich erneut zerschlagen. Sein Arbeitsvisum wurde Anfang August abgelehnt, obwohl sich das Landratsamt Ludwigsburg dafür ausgesprochen hatte. Es sehe kein Ausweisungsinteresse, so ihr Sprecher, vielmehr würden die relevanten Normen des Aufenthaltsrechts in verschiedenen Urteilen unterschiedlich interpretiert.
Der Grund für die harte Haltung des Regierungspräsidiums und des Justizministeriums: Kijera war 2018 wegen Besitz und Handel mit Marihuana zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Die Strafe ist längst erledigt, seine Resozialisierung erfolgreich verlaufen, doch es blieb ein Eintrag im Bundeszentralregister. Kijera hat seine Ausbildung abgeschlossen und die Bewohner des Hauses am Mühlbach sprechen sich seit der versuchten Abschiebung für ihn aus, veranstalteten sogar eine Demo mit Rollstuhl und Rollator.
„Er ist ein guter Mensch“, so das Fazit von Pflegedienstleiterin Daniela Lehmann. „Warum würden wir uns sonst für ihn einsetzen?“ Er habe sich sehr engagiert und eine tolle Arbeit geleistet. Zusammen mit der Ortsgruppe der Seebrücke werde man am Ball bleiben.
Widerspruch gegen Verweigerung des Arbeitsvisums
Dort habe inzwischen ein Strategiewechsel stattgefunden, erklärt ihr Sprecher Götz Schwarzkopf. „Gegen die Verweigerung des Arbeitsvisums legt Sedia Kijera in Absprache mit seinem Anwalt im Moment Widerspruch ein“, so Schwarzkopf. Das werde er tun, weil die Entscheidung gegen Kijera falsch sei. Doch der Rechtsweg dauere und werde möglicherweise teuer. „Wir haben Spenden gesammelt“, sagt Schwarzkopf weiter.
Doch es gehe Sedia Kijera in Gambia so schlecht, dass schnell etwas getan werden sollte, um ihm eine Perspektive zu geben. Verschiedene Arbeitsoptionen vor Ort und eine in Kanada wurden gemeinsam diskutiert und in Erwägung gezogen. Letztlich bot sich ein Plan an, den Sedia Kijera entwickelt hat.
Sedia Kijera will zukünftig Hühner züchten
Dieser Zukunftsplan für den Gambier sieht nun so aus: Von seinem angesparten Gehalt im Haus am Mühlbach hat sich Sedia Kijera schon im Verlauf des letzten Jahres ein Grundstück in Gambia gekauft. Darauf könnte er Hühner halten und vom Verkauf der Eier sich und seine Familie ernähren. „Wir kennen ihn inzwischen sehr gut und haben ständigen Kontakt“, sagt Götz Schwarzkopf. Er hofft damit, eine effektive Möglichkeit, zu helfen gefunden zu haben und auch weil sie Kijera wieder selbst handlungsfähig macht. Schwarzkopf will dafür Spenden der Ortsgruppe freigeben. Nur so eine individuelle Förderung ermögliche eine Bleibeperspektive in dem von Armut und Elend gebeutelten Land. „Daher bitten wir unsere Spender, dass wir ihre Unterstützung für diese Soforthilfe verwenden dürfen“, so Götz Schwarzkopf. Wer dies nicht möchte, bekomme seine Spende natürlich zurück.