Klage gegen die Steelers GmbH „Es braucht Kraft und Mut, das öffentlich zu sagen“

Von Heidi Falk
Am Donnerstag fand am Arbeitsgericht in Ludwigsburg ein Gütetermin statt. Foto: Imago//Udo Herrmann

Eine 24-Jährige klagt wegen sexueller Belästigung, Schmerzensgeld und Lohnfortzahlung gegen die Steelers GmbH. Ob es zu einem Vergleich kommt, entscheidet sich in drei Wochen.

„Nachdem sich meine Klientin sexuell belästigt gefühlt hat, wäre es nicht zumutbar gewesen, dort weiterhin zu arbeiten“, sagt Rüdiger Plewe. Der Rechtsanwalt aus Erligheim vertritt eine 24-Jährige, die bis vor Kurzem noch als Physiotherapeutin bei der Profimannschaft der Bietigheim Steelers gearbeitet hat. Am Donnerstag fand am Arbeitsgericht in Ludwigsburg ein Gütetermin statt, bei dem versucht wurde, eine Einigung zu erzielen. Geklagt wird wegen sexueller Belästigung, Schmerzensgeld und Lohnfortzahlung gegen die Steelers GmbH. Es ist noch ein zweiter Termin im Juni angesetzt, da eine zweite Physiotherapeutin ebenso klagt, die an diesem Donnerstag verhindert war. Beide Frauen werden von Rechtsanwalt Plewe vertreten.

Die junge Frau fordert einen Schadensersatz in Höhe von 6000 Euro von der Steelers GmbH wegen sexueller Belästigung durch den Trainer der Steelers, Alexander Dück. Der Trainer habe ihr bereits seit Ende 2023 anzügliche Textnachrichten geschickt. Unter anderem habe er ihr geschrieben: „Ich muss mich beherrschen, wenn ich mit dir alleine in einem Raum bin“, berichtet die Klägerin und betont gegenüber der BZ: „Ich habe ihm deutlich gesagt, dass ich das nicht will.“ Sie habe den Kontakt ausschließlich auf das Berufliche beschränken wollen und das auch ihm gegenüber deutlich gemacht. Daraufhin habe der Trainer sie geschnitten, zu Teamtreffen nicht mehr eingeladen.

Im November 2024 habe die Physiotherapeutin gemeinsam mit ihrer ebenfalls betroffenen Kollegin zunächst Kontakt zu ihrem Chef in der Physiopraxis gesucht und anschließend zum Geschäftsführer der Steelers, Gregor Rustige. „Ich habe versucht das zu klären, an diesem Abend gab es ein Topspiel“, sagt Gregor Rustige vor dem Arbeitsgericht und weiter: „Ich bin natürlich aus allen Wolken gefallen.“ Erst zwei Wochen zuvor habe es ein Feedback-Gespräch mit den Physiotherapeutinnen gegeben, „da war alles noch in Ordnung.“ Zumindest habe er den Eindruck gehabt. Die Steelers GmbH habe seit 1,5 Jahren mit den beiden Physiotherapeutinnen zusammengearbeitet. Die Frauen seien, nachdem ein befristetes Arbeitsverhältnis beendet war, sogar erneut eingestiegen bei den Steelers.

An besagtem Abend, als Rustige von den Vorwürfen gegen den Trainer erfuhr, habe man sich geeinigt, dass die Frauen an dem Tag nicht arbeiten. Rustige habe sich die Screenshots der Nachrichten angeschaut. „Ich will helfen, ich nehme das ernst“, so der Geschäftsführer. Er habe allerdings auch eine Verantwortung dem Trainer gegenüber, habe das Gespräch mit ihm gesucht – und auch alles protokolliert. Er habe seinen Anwalt kontaktiert.

Sein Anwalt, Jörg Müller von der Bietigheim-Bissinger Kanzlei Cavada & Partner, habe ihm zu einer Abmahnung Dücks geraten, das zeige nach außen, „dass wir tätig geworden sind“, so Müller vor Gericht. Er sehe jedoch keine Anspruchsgrundlage der Klägerinnen: „Ohne Arbeit, kein Lohn“ und weiter: „Beide Klägerinnen haben es auf die Steelers abgesehen.“

Das sei nicht der Fall, versicherte Anwalt Plewe, eine Abmahnung des Trainers reiche jedoch mitnichten aus, schließlich bestehe Wiederholungsgefahr.

Warum so lange gewartet?

Warum sich die Frauen gerade vor dem Spiel bei Rustige gemeldet hätten, sie hätten zuvor schließlich noch eine ganze Weile gearbeitet, fragte der Steelers-Anwalt und auch der Richter sagte: „Wenn man belästigt wird, dann ist das etwas Höchstpersönliches.“ Er verstehe, dass es helfe, sich gegenseitig Mut zu machen, es sei ihm aber nicht klar, warum die 24-Jährige so lang gewartet habe. „Es braucht Kraft und Mut, das öffentlich zu sagen“, antwortete die Frau. Sie und ihre Kollegin hätten gewusst, was auf sie zukomme.

„Diese Macht haben Sie nicht, dass der Trainer fristlos gekündigt wird, nur weil sie das sagen“, so Müller, der eine Zahlung von 1000 Euro an die Klägerin vorschlug, die die Vorwürfe dann nicht mehr aufrecht erhalten solle. Das lehnte diese ab. Sie und ihre Kollegin hätten sich ans Büro für Diskriminierungskritische Arbeit Stuttgart gewandt. Die Stelle befand eine Schadensersatzforderung in Höhe von 6000 Euro je Betroffener für angemessen.

Das sah der Anwalt der Steelers nicht so. „Für 6000 Euro muss schon einiges passieren.“ Das Anfassen von Brüsten koste beispielsweise 2500 Euro. Woraufhin der Richter vermittelnd einschritt: „Ich möchte es über die Bühne bekommen, ohne dass sich mehr wehgetan wird als nötig.“ Er schlug 2000 Euro Schadensersatz vor, „das wäre von den Steelers auch noch zu stemmen.“ An die Klägerin gerichtet sagte er, dass er wisse, dass das alles nicht witzig sei, sie sich aber sicherlich nicht noch länger mit dem Sachverhalt beschäftigen wolle.

Ob es zum Vergleich kommt, das entscheidet die Klägerin in den nächsten drei Wochen. Das Angebot der 2000 Euro, dem Rustige und sein Anwalt nur zähneknirschend zustimmten, gelte auch für die zweite Klägerin, so Müller gegenüber der BZ.  Heidi Falk

 
 
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