Kliniken im Kreis Ludwigsburg „Kompetenzen bündeln, um sich nicht Konkurrent zu sein“

Von Heidi Falk
Von links: Dr. Jens-Paul Seldte vom RKH-Krankenhaus Bietigheim-Vaihingen, Anne Matros, Regionaldirektorin der RKH-Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim und Prof. Dr. Sebastian Berlit vom RKH-Klinikum Ludwigsburg. Foto: /Oliver Bürkle

Unter dem Motto „Zwei Standorte – eine Mission“ stellen sich die Kliniken für Frauenheilkunde in Bietigheim-Bissingen und Ludwigsburg neu auf. Gemeinsam bilden sie das Zentrum für Frauengesundheit Nordwürttemberg.

Im Bundesrat wird an diesem Freitag über die geplante Krankenhausreform von Noch-Gesundheitsminister Karl Lauterbach gesprochen. Sein Ziel ist, die Kosten der Krankenhausversorgung zu senken. Dafür sollen nicht mehr alle Kliniken alle Behandlungen anbieten. Einige sollen sich auf die Grundversorgung beschränken, andere sich wiederum stärker spezialisieren. Ob die Reform nach dem Ampel-Aus noch kommt, kann derzeit keiner vorhersagen.

Klar ist jedoch, dass die RKH-Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim im laufenden Geschäftsjahr ein unerwartet hohes Defizit von rund 50 Millionen Euro aufweisen (die BZ berichtete) und Handlungsbedarf besteht. „Wir brauchen eine solide Strategie für diese unruhigen Zeiten“, sagt Dr. Jens-Paul Seldte, Ärztlicher Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im RKH-Krankenhaus Bietigheim-Vaihingen, bei einem Pressegespräch am Donnerstag. Und das bedeute, so Seldte: „Lieber handeln als hinterherlaufen.“

„Die geplante Krankenhausreform hat alle gelehrt, nochmal genauer draufzuschauen“, sagt Anne Matros, Regionaldirektorin der RKH-Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim. Es sei wichtig, zu überlegen, was an welchem Standort Sinn ergebe – bezogen auf die Wirtschaftlichkeit, aber vor allem, um die bestmögliche Patientenversorgung zu ermöglichen. Zumindest im Bereich Frauenheilkunde haben die beiden RKH-Krankenhäuser in Bietigheim-Bissingen und Ludwigsburg eine Möglichkeit gefunden, effizienter zu arbeiten, ohne dass einer der beiden Standorte fürchten müsste, nur noch die Grundversorgung anbieten zu können oder gar geschlossen zu werden. Unter dem Motto „Zwei Standorte – eine Mission“ arbeitet Seldte mit seinem Pendant aus dem Klinikum Ludwigsburg, Prof. Dr. Sebastian Berlit, seit einem Jahr intensiv zusammen. „Man muss den Versorgungsauftrag gemeinsam leben“, sagt Berlit, Ärztlicher Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am RKH-Krankenhaus Ludwigsburg.

Zentrum für Frauengesundheit

Als Zentrum für Frauengesundheit Nordwürttemberg wollen die beiden Klinkenstandorte das gesamte Spektrum an Leistungen rund um Frauengesundheit anbieten – verteilt auf die beiden Standorte und doch aus einem Guss (siehe Infobox). Und das bereits seit Oktober. „Wir wollen dadurch die Kompetenzen bündeln, um sich nicht gegenseitig Konkurrent zu sein“, so Berlit. Konkret heißt das, dass die beiden Häuser die Leistungsgruppen untereinander aufteilen, um dann wiederum an einem Standort die Fallzahlen für die jeweilige Gruppe zu bündeln. So werden nun etwa alle Operationen rund um Brustkrebs in Ludwigsburg durchgeführt, alle Operationen, die mit Myomen zusammenhängen, in Bietigheim-Bissingen. Insgesamt sollen sich die Patiententenzahlen der Standorte jedoch nicht verschieben. In Bietigheim sind es beispielsweise jährlich bis zu 2000 Geburten, in Ludwigsburg bis zu 3000. „Gemeinsam sind wir deutschlandweit unter den Top drei“, sagt Berlit und betont: „2000 Geburten könnte man nicht zusätzlich in Ludwigsburg verstoffwechseln.“

Durch die Neuverteilung der Kompetenzen und die Bündelung der Ressourcen sei man nun auch in der Region besser aufgestellt. Schließlich gebe es im Umkreis viele Frauenfachkliniken, alleine drei in Stuttgart, eine in Winnenden, eine in Heilbronn, so die beiden Ärzte. Die Umstrukturierung habe wirtschaftliche Vorteile, sei aber auch für die Patientinnen gut, denn durch das häufigere Durchführen der Eingriffe sei viel Expertise da. Auch wirke sich das auf die apparative Ausstattung der beiden Standorte aus. Man könne unnötige Anschaffungen einsparen. „Wir haben ein Konzept gefunden, wie beide alles leben können“, sagt Berlit.

Viel Aufklärungsarbeit nötig

„Es ist viel Aufklärungsarbeit nötig, damit sich die Patientinnen nicht verloren fühlen“, sagt Matros. Man habe aber bereits gute erste Erfahrungen gesammelt. Wichtig ist dem RKH-Team zu betonen, dass die Mitarbeiter an beiden Standorten zum Einsatz kommen. Assistenzärzte rotieren im Rahmen ihrer Facharztausbildung, können also weiterhin jeden Bereich kennenlernen. Auch vorübergehende Personalengpässe könnten durch den gemeinsamen Pool an Pflegekräften und Ärzten überbrückt werden.

Dadurch, dass beide Kliniken unter dem Dach der RKH sind, sei bereits gemeinsame Software vorhanden gewesen, man habe nur noch die Mitarbeiter beider Kliniken für beide Frauenheilkundezentren freischalten müssen. Und man habe eine neue Stelle geschaffen: die der standortübergreifenden OP-Koordinatorin.

Aufteilung der Leistungsangebote

Beide Kliniken für Frauenheilkunde bieten Geburtshilfe an. In Bietigheim-Bissingen steht vor allem der hebammengeführte Kreißsaal im Fokus, in Ludwigsburg das Perinatalzentrum, das auf Risikoschwangerschaften, kranke Neugeborene und unreife Frühgeborene spezialisiert ist. An beiden Standorten gibt es Urogynäkologie, die sich mit Inkontinenz und Beschwerden des Beckenbodens befasst, ebenso Senologie, die Knoten in der Brust beziehungsweise Brustkrebs behandelt. Jedoch werden die OPs seit Oktober alle in Ludwigsburg durchgeführt – von Bietigheimer und Ludwigsburger Operateuren. Die Vorbesprechung und Nachbehandlung kann an beiden Standorten erfolgen. Das Genitalkrebszentrum ist in Ludwigsburg angesiedelt. Auf Integrative Medizin, die Schulmedizin und Naturheilkunde kombiniert, hat sich der Standort Bietigheim-Vaihingen spezialisiert. Ambulante Operationen sollen verstärkt in Bietigheim durchgeführt werden, wo nun auch das Myomzentrum ist. Auch Patientinnen, die bislang wegen eines Myoms in Ludwigsburg operiert wurden, werden in Bietigheim behandelt.

 
 
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