Die Violine als Soloinstrument – wunderbar. Oder die Trompete, das Klavier, die Klarinette? Großartig. Aber das Fagott? Und dann gleich vier davon? Das Bassinstrument der Holzbläser-Familie hat seinen festen Platz im Sinfonieorchester, aber kann es auch Melodie? Gut, das Doppelrohrblattinstrument mit seinem ewig langen Rohr spielt den Großvater in Prokofieffs musikalischem Märchen „Peter und der Wolf“. Aber Swing? Ja, absolut!
Konzert Bietigheim-Bissingen „Fagottissimo“ spielt mit Witz und Grips
„SWR Swing Fagottett“ gastiert in der voll besetzten Kelter mit einem Neujahrskonzert der besonderen Art.
Seitdem die Fagott-Gruppe des damaligen Radio-Sinfonieorchesters des Süddeutschen Rundfunks 1986 aus einer Feierlaune heraus zum ersten Mal die Idee hatte, gemeinsam zu musizieren, hat das „SWR Swing Fagottett“ seinen festen Platz im hiesigen Konzertleben, wobei der Eigenname des Quartetts etwas irreführend ist. Es spielt keinen Swing à la Glenn Miller, Louis Armstrong oder Duke Ellington. Eher ist der musikalische Zugriff, sind seine Arrangements vom Geist des Swing durchdrungen. Mit anderen Worten: Es ist kein Swing, aber es swingt.
Die vier Fagott-Profis Georg ter Voert Senior, Libor Sima, Hanno Dönneweg und Georg ter Voert Junior. haben ein vergnüglich-kurzweiliges Programm für ihr Konzert in der Kelter im Handgepäck: In diesem Jahr darf Johann Strauß Sohn, der vor 200 Jahren in Wien auf die Welt kam, nicht fehlen.
Darüber hinaus treffen die Zuhörerinnen und Zuhörer viele alte Bekannte wie Johannes Brahms, Nikolaj Rimskij-Korsakow, Robert Stolz, The Beatles und einige andere. Es sind allesamt Arrangements, zum großen Teil auch selbst verfertigte, die die vier Könner zum Besten geben, denn Originalliteratur für vier Solofagotte gibt es nicht. Hier zeigt sich die große Klasse der Protagonisten, die erst mit ihrem „fünften Mann“, dem Moderator Wolfgang Milde, vollständig sind. Dieser führt geschickt durchs Programm, verbindet das Kunterbunt zu einem Ganzen, erzählt Anekdoten und vermittelt Hintergründiges.
Der Fagottist Libor Sima ist bekanntlich nicht einfach bloß Orchestermusiker, er arbeitet als Saxofonist seit Jahrzehnten mit Jazzgrößen wie Chaka Khan, den Pointer Sisters oder Kenny Wheeler zusammen und spielt in verschiedensten Jazzformationen. Dies spürt man an seinen Arrangements sofort – sie sind harmonisch überreich und witzig. Auch Georg ter Voert Senior arrangiert und schreibt eigene Titel – zum Beispiel den „Cakewalk in Bass“, bei dem das Kontrafagott zum Einsatz kommt. Originell auch das abenteuerliche, melodramatische Märchen „Der Jäger“, zu dem Wolfgang Milde die Reime verfasst hat. Es bleibt aber nicht bei vier Fagotten. Die vier Vollblutmusiker wechseln zwischen Fagott, Klavier, E-Bass und der Piccoloflöte und haben ihren Spaß beim „Hummelflug“, dem Bossa Nova „Tico Tico“ und anderen Ausflügen in musikalische Gefilde. Dietmar Bastian