Kreis Ludwigsburg Cannabis-Clubs stehen in den Startlöchern

Von John Patrick Mikisch
Seit April darf straffrei gekifft werden. Bis Cannabis-Clubs legal Joints anbieten können, dauert es wohl noch. Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Seit 1. Juli dürfen Cannabis-Clubs Lizenzen für den Anbau Hanf beantragen. Doch der Weg zum legalen Joint bleibt holprig.

Nein, über mangelndes Interesse könne er sich nicht beschweren, sagt Michael Tizzano. Der Unternehmer will mit anderen einen Cannabis-Social-Club (CSC) in Ludwigsburg gründen. Rund 300 Menschen hätten sich bereits über Facebook und Instagram gemeldet, um Mitglied zu werden. Der Verein soll demnächst offiziell ins Vereinsregister eingetragen werden, kündigt Tizzano an. Bei der Suche und Genehmigung einer Anbaumöglichkeit für THC-haltigen Hanf hakt es hingegen noch. „Das ist eine fast endlose Story“, sagt Tizzano. Das hängt auch mit den Regelungen des Cannabisgesetzes (CanG) zusammen.

Anbaumöglichkeiten gesucht

Das CanG war nach langem politischen Tauziehen am 1. April in Kraft getreten. Erwachsene dürfen seitdem bis zu 50 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum besitzen. Sie dürfen zudem bis zu drei Hanfpflanzen privat anbauen. Diese sind jedoch allein für den Eigenkonsum erlaubt; die Weitergabe ist verboten.

Wer einen Joint kaufen möchte, kann das demnächst dennoch ganz legal, allerdings mit Auflagen: Erlaubt ist dies nur in Cannabis-Social-Clubs. Diese dürfen als Anbauvereinigung auch THC-haltigen Hanf anbauen und über ein Clublokal an ihre Mitglieder ausgeben. Deren Zahl ist pro Club auf 500 Personen begrenzt. Soweit, so klar. Doch der Teufel liegt wie immer im Detail. Vor allem die Suche nach einer geeignetem Anbaumöglichkeit gestalte sich schwierig, sagt Michael Tizzano. Die ursprüngliche Idee sei gewesen, dafür einen Grow-Container zu verwenden. Das sind umgebaute Seecontainer, die für den Anbau von Pflanzen ausgestattet sind, inklusive Beleuchtung, Bewässerung, Lüftung und Heizung.

Diskussion um Gewerbegebiet

Solche Indoor-Lösungen seien beliebt, so Michael Tizzano, zumal damit auch das Thema Sicherheit abgedeckt sei. Sie sind aber auch teuer, nicht nur wegen der Anschaffungskosten, sondern vor allem durch die benötigte künstliche Beleuchtung.

Der CSC Ludwigsburg habe sich daher für den Outdoor-Anbau entschieden. Felder voller Hanfpflanzen wird es aber nicht geben. Outdoor bedeutet in diesem Fall Anbau im Gewächshaus.

Dafür hat der CSC nach Tizzanos Angaben mehrere Möglichkeiten in der Region ins Auge gefasst. Dazu gehört auch eine 1000 Quadratmeter große Outdoorfläche in Großbottwar. Demnach handelt es sich um einen Betrieb, der seit neun Jahren stillliegt. Das Problem: Er liegt in einem Gewerbegebiet. Das Cannabisgesetz erlaubt aber nur den nicht-gewerblichen Eigenanbau. „Wir haben die Information bekommen, dass sich beides gegenseitig ausschließt“, sagt Michael Tizzano. Das letzte Wort sei aber noch nicht gesprochen.

Der Club habe aber noch zwei weitere Optionen ins Auge gefasst: einen Gartenbaubetrieb in Vaihingen, dessen Besitzer aufhören möchte. Sowohl dieser als auch die Stadt hätten sich in ersten Gesprächen offen gezeigt. Die dritte Möglichkeit sei ein ehemaliger Bauernhof auf den Fildern bei Stuttgart.

20 Anträge landesweit

Die Anbauflächen in Großbottwar und Vaihingen seien so groß, dass sie sich mehrere Clubs teilen würden. In Großbottwar wären auch die Cannabis-Social-Clubs Stuttgart und Esslingen an Bord, in Vaihingen Clubs aus Berlin und Hamburg.

Doch die Zeit drängt. „Cannabis ist eine einjährige Pflanze“, erklärt Michael Tizzano. „Wenn wir in diesem Jahr noch etwas ernten wollen, müssen wir im Prinzip jetzt schon mit dem Anbau beginnen.“ Selbst wenn sich schnell eine räumliche Lösung finden sollte, gibt es einen zweiten Unsicherheitsfaktor: das Regierungspräsidium (RP) in Freiburg. Das ist in Baden-Württemberg für die Erteilung von Anbaulizenzen zuständig. Diese können seit dem 1. Juli beantragt werden. Nach Angaben des RP Freiburg liegen derzeit 20 förmliche Anträge vor; hinzu kämen zahlreiche Anfragen und Telefonate.

Legale Joints wohl erst ab 2025

Acht Anträge stammten aus dem Regierungsbezirk Freiburg, sechs aus Karlsruhe, vier aus Stuttgart und zwei aus Tübingen. „Da die Antragsphase gerade erst angelaufen ist, können wir noch keine belastbare Einschätzung abgeben zu möglichen räumlichen Schwerpunkten und zum Zeitpunkt, zu dem erste Anbauvereinigungen in Betrieb gehen können“, teilte das RP Freiburg auf BZ-Anfrage mit.

Gut möglich daher, dass die Cannabis-Clubs frühestens 2025 die ersten Joints aus legal angebautem Hanf an ihre Mitglieder ausgeben können. „Aktuell gibt es keinen rechtmäßigen Weg, einen Joint zu kaufen“, bestätigt Steffen Grabenstein, Sprecher des Polizeipräsidiums Ludwigsburg.

Das sei mit ein Grund, warum die Teillegalisierung bislang kaum auf das Arbeitsaufkommen der Polizei ausgewirkt habe. „Wir befinden uns alle in einer Übergangsphase“, sagt Grabenstein. Was das Gesetz tatsächlich bewirkt, müsse sich erst zeigen.

Ob damit wie geplant der illegale Handel zurückgeht, ist aber zweifelhaft. „Wir werden wahrscheinlich teurer sein als der Schwarzmarkt“, sagt Michael Tizzano vom CSC Ludwigsburg. Der Unterschied: „Wir werden bessere Qualität anbieten.“

 
 
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