Kreis Ludwigsburg Das Dilemma mit den Pflegekosten

Von Frank Ruppert
Die Pflege im Heim kostet die Angehörigen immer mehr Geld. Grund sind unter anderem die gestiegenen Energiekosten. Foto: Imago//Ute Grabowsky/photothek.de

Mehrere tausend Euro Eigenanteil kostet ein Pflegeplatz im Heim, Tendenz steigend. Heimbetreiber in der Region drängen auf eine Pflegereform und berichten von mehr Sozialhilfefällen. Einen Ausweg scheint es zu geben, allein der Wille zu Umsetzung scheint in der Bundespolitik noch zu fehlen.

Wer einen Angehörigen im Pflegeheim hat, kennt die Problematik: Die Kosten für die Pflege – und damit auch der Eigenanteil – sind im vergangenen Jahr ordentlich gestiegen. Steigerungen von 21 Prozent im Durchschnitt diagnostiziert etwa der AOK-Pflegemonitor. Davon sind natürlich auch die Anbieter und Angehörigen von Pflegebedürftigen im Kreis Ludwigsburg betroffen. Eigenanteile von 3000 Euro pro Monat sind kein Seltenheit.

Wie kam es zu dieser Steigerung? 

„Tatsächlich sind es im Wesentlichen drei Faktoren, welche zu erheblichen finanziellen Belastungen der Pflegeheime führen“, sagt Bernhard Wandel, Vorstand und Heimleiter bei der Stiftung Evangelisches Altenheim Ludwigsburg. Der Wegfall des Corona-Rettungsschirms schon zur Mitte des Jahres bedeute, dass bis auf die Durchführung der Coronatests und der Koordinationsleistung keine Kostenerstattungen für die immer noch erforderlichen Schutzmaßnahmen mehr erfolgen. „Hinzu kommen die Kosten für die Energie, aber auch für die Lebensmittel, welche in außergewöhnlicher Weise gestiegen sind. Und jetzt steht eine erhebliche Tarifforderung im Raum, welche die aktuell hohe Inflation für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ausgleichen soll“, sagt Wandel.

Stefan Ebert, Geschäftsführer der Kleeblatt Pflegeheime gGmbH, fügt an dass „die Zahlungen der Pflegekasse für die einzelnen Pflegegrade seit Jahren gleich geblieben sind und eben nicht laufend erhöht werden“. Bei den Kleeblatt-Heimen stehen, wie bei denen der Stiftung Evangelisches Altenheim Ludwigsburg, Anfang nächsten Jahres deutlich höhere Eigenanteile für Pflegebedürftige beziehungsweise deren Angehörige an. Für Michaela Sowoidnich, Regionaldirektion Ludwigsburg der Evangelischen Heimstiftung, ist dabei aber wichtig zu betonen, dass die bessere Bezahlung der Mitarbeiter nicht kritisiert wird. „Das Dilemma ist deutlich. Damit die Heime nicht in eine Schieflage geraten, brauchen sie den auskömmlichen Aufschlag“, sagt Wandel.

Was heißt das für die Angehörigen und die Pflegeheime?

Einhellig wird von einer weiterhin starken Nachfrage nach Plätzen berichtet, weil der Bedarf einfach gegeben sei. Für die Mitarbeiter vor Ort sei es „oft nicht ganz einfach, weil die Angehörigen diese Erhöhung nur schwer nachvollziehen können oder wollen“, sagt Ebert. Auch Sowoidnich bestätigt, dass es oft die Mitarbeiter vor Ort abbekämen, alles laufe aber im zivilen Rahmen ab.

Für Angehörige bedeuteten die Steigerungen, dass viele nicht mehr ohne staatliche Unterstützung einen Heimplatz finanzieren können. Mehr als 30 Prozent, schätzt Sowoidnich, seien auf Sozialhilfe angewiesen. „Da sind wir auf einem Level wie vor Einführung der Pflegeversicherung in den 1990er-Jahren“, sagt sie. Bei der Anmeldung für einen Heimplatz würde auch geprüft, ob der Pflegebedürftige oder, wie es die Regel ist, die Angehörigen, diesen zahlen können. Falls dem nicht so sei, müsse zumindest ein solcher Antrag auf „Hilfe zur Pflege“ vorliege. „Die Bearbeitung dauert aber schon einmal fünf bis sechs Monate“, sagt Sowoidnich.

Laut Landratsamt waren allerdings 2021 299 Anträge erfolgreich, in 2022 bislang 211. Der monatliche Aufwand an Sozialhilfeleistungen liegt hierbei zwischen 50 und 3500 Euro. Aufgrund der Einrichtungseinheitlichen Entgelte (EEE) ist der Pflegegrad nicht mehr ausschlaggebend.

Bei der Behörde weist man auch auf den seit Anfang des Jahres möglichen gestaffelten Leistungszuschlag der Pflegekasse hin. Sowoidnich erklärt aber, dass die Höchstsumme von 70 Prozent bei drei Jahren Heimunterbringung kaum erreicht werden, da die durchschnittliche Aufenthaltsdauer immer weiter sinke. So helfe dieser Zuschlag in der Praxis nur wenigen.

Gibt es eine Lösung für das Problem?

Ebert vom Kleeblatt und auch Sowoidnich von der Heimstiftung positionieren sich klar für eine Pflegereform. Dabei geht es etwa um den Sockel-Spitze-Tausch wie Ebert erklärt. Dabei trügen die Pflegebedürftigen einen feststehenden Sockel und die Pflegekasse trüge die darüber hinausgehenden Aufwendungen.

Derzeit ist es noch genau umgedreht. Die Evangelische Heimstiftung hatte zu Beginn der Woche sogar eigens eine Pressekonferenz zu dieser Reform einberufen, um erneut auf die Dringlichkeit einer Reform aufmerksam zu machen.

Ob sich tatsächlich etwas ändert, liegt allerdings in der Hand der Bundespolitik. Michaela Sowoidnich ist optimistisch und hofft noch auf Verbesserungen, auch wenn sie sagt, dass es in der Pflege schon seit jeher schwierig war mit der Finanzierung: „Nur Jammern hilft nicht, deshalb setzen wir uns für Reformen ein“, sagt sie.

 
 
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