Kreis Ludwigsburg Der E-Mobilität den Stecker gezogen?

Von Martin Hein
Nach dem überraschenden Aus für den Umweltbonus, werden nach Ansicht von Experten die Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen zurückgehen. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Mitte Dezember wurde der Umweltbonus für Elektroautos ersatzlos gestrichen. Eine Entscheidung die auf wenig Verständnis in der Kfz-Branche stößt.

Es war wie ein Donnerschlag, was die Bundesregierung im vergangenen Dezember verkündete: Ab dem 18. Dezember 2023 durften keine Anträge mehr für den Umweltbonus, die so genannten BAFA-Prämie gestellt werden. Der Grund für das plötzliche Aus für die E-Auto-Förderung ist hinlänglich bekannt: Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts fehlen im Klima- und Transformationsfonds 60 Milliarden Euro, weshalb die Bundesregierung an anderer Stelle kurzfristig Einsparungen vornehmen musste.

Dabei ist die E-Auto-Förderung im Dezember sprichwörtlich über Nacht komplett unter die Räder gekommen. Eigentlich sollte die Förderung zumindest mit reduzierten Fördermitteln 2024 noch weiterlaufen. Vor allem die extrem kurzfristige Entscheidung der Bundesregierung stößt auf massive Kritik, weil viele Kunden die Förderung in den Kauf oder Leasing eines Elektrofahrzeuges bereits einkalkuliert hatten.

Weniger Interesse an E-Autos

Christian Reher, Geschäftsführer der Kfz-Innung Region Stuttgart hat wenig Verständnis für die extrem kurzfristige Entscheidung aus Berlin. Reher registriert bereits jetzt weniger Interesse der Verbraucher an Elektrofahrzeugen.

„Die wenigen Kunden, die derzeit in unsere Autohäuser kommen, wollen vor allem eins: Keine Elektrofahrzeuge“, sagt der Geschäftsführer der Kfz-Innung Stuttgart. Viele entscheiden sich für Verbrenner, dies sei die Rückmeldung, die er aktuell erhalte. Elektrofahrzeuge sind für viele Menschen noch immer sehr teuer. Reher sieht hier die Industrie gefragt, schnell günstigere Fahrzeuge auf den Markt zu bringen. Nach Auskunft von Reher stiegen die Neuzulassungen von Autos mit ausschließlichem Benzinantrieb im Dezember gegenüber dem Vormonat um 16,1 Prozent. Der Marktanteil erhöhte sich nach 20,5 Prozent im Vorjahr auf nunmehr 31 Prozent. Reine Diesel-Pkw legten gegenüber dem Vorjahresmonat um über zehn Prozent auf nunmehr 15,5 Prozent zu. Die Neuzulassungen der Plug-in-Hybride brachen gegenüber dem Vorjahresmonat um 74,4 Prozent ein. Der Rückgang bei batterieelektrischen Fahrzeugen betrug im Dezember 47,6 Prozent.

Händler werden zur Kasse gebeten

Viele Hersteller und Importeure haben die Übernahme des staatlichen Anteils nach dem abrupten Aus für den Umweltbonus versprochen. „Jetzt werden aber unsere Autohändler zur Kasse gebeten. Ein Teil des gestrichenen Umweltbonus soll von unseren Autohäusern bezahlt werden. Das geht gar nicht, meinen wir“, kritisiert Reher, dies sorge gerade auch bei den ohnehin geringen Margen für großen Ärger.

Aus Sicht des Geschäftsführers der Kfz-Innung Region Stuttgart, war der Umweltbonus noch zeitgemäß. Es sei richtig, dass keine Technologie auf Dauer subventioniert werden dürfe und könne. Es sei jedoch falsch gewesen, den Umweltbonus von jetzt auf gleich zu streichen. „Spürbare und gezielte Anreize für die Elektromobilität sind noch notwendig – nicht nur beim Kauf von Elektrofahrzeugen. Zum Elektrofahrzeug gehört auch die Ladeinfrastruktur“, sagt Reher. Bidirektionales Laden (dabei kann die Batterie des Elektroautos Strom speichern und bei Bedarf auch wieder Strom beispielsweise ins Stromnetz einspeisen) müsse zum Standard werden. Die sei technologisch und regulatorisch noch nicht flächendeckend möglich.

Ruf nach weniger Bürokratie

„Dafür bedarf es finanzieller Förderung, viel weniger Bürokratie, einer besseren Kommunikation und das Deutschland-Tempo – nicht nur auf dem Papier und in Reden“, sagt Reher. Als Auswirkung für den Wegfall der Förderung werde das Regierungsziel von 15 Millionen rein batterieelektrischen Fahrzeugen im Jahr 2030 weit verfehlt, prognostiziert er. Um die E-Mobilität zu fördern, müsse man die Förderung der Elektromobilität neu denken und nicht abschaffen, meint Reher. „Wir brauchen schlichtweg eine langfristige, konsistente und intelligente Förderkulisse rund um die Themen Steuern, Infrastruktur und Innovationen, und eine professionelle Kommunikation seitens der Verantwortlichen“.

Christian Reher sieht eine sehr große Unsicherheit am Markt für Elektrofahrzeuge. Vereinzelte aktuell angekündigte Preissenkungen seitens der E-Fahrzeughersteller ändern – wenn überhaupt – dann nur wenig an den vorhandenen Unsicherheiten, so Reher. Er verweist auf Stefan Brazel vom Center of Automotive Management (CAM) der feststellt, dass der Marktanteil von Elektroautos in Deutschland nur noch marginal angestiegen ist. Seiner Auffassung nach wird in 2024 ihr Anteil an den Neuzulassungen sogar rückläufig sein. Erst im Jahr 2025 könne nach Ansicht von Brazel, aufgrund einer höheren Anzahl kostengünstiger Modelle wieder mit einer stärkeren Dynamik der Elektromobilität in Deutschland gerechnet werden.

Vermieter bauen E-Auto-Flotte ab

Die aktuelle Unsicherheit betreffend Elektrofahrzeuge sieht Reher beispielsweise bei Autovermietern bestätigt. Hertz schrumpft die E-Flotte um ein Drittel und will jedes dritte E-Auto verkaufen und das Geld in Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor investieren. Der Autovermieter Sixt will keine neuen Teslas. Elektroautos sind für Vermieter wohl derzeit kein einträgliches Geschäftsmodell: zu teuer, zu umständlich in der Handhabung, zu hohes Risiko, resümiert Christian Reher: „Nach wie vor hat sich die Bundesregierung aus unserer Sicht mit der abrupten Streichung des Umweltbonus für E-Fahrzeuge einen Bärendienst erwiesen. Es ist eine falsche Entscheidung getroffen worden“.  

Geringere Nachfrage auch im Kreis

Markus Klein, Kreisvorsitzender der Kfz-Innung Ludwigsburg berichtet ebenfalls über eine zurückgegangene Nachfrage nach E-Autos. Die Ursache darin sieht auch er durchaus zum einen in der kurzfristig gestrichenen E-Auto-Förderung. Zum anderen würden potenzielle Kunden nach wie vor ein Problem in der, nach Ansicht der Kunden, zu geringen Reichweite sowie an zu wenig Lademöglichkeiten von E-Autos sehen. Verbrenner werden derzeit etwas stärker nachgefragt.

 
 
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