Kreis Ludwigsburg Die etwas anderen Grundschulen

Von Gabriele Szczegulski
Die dritte Klasse der Löwenherzschule beim Matheunterricht mit Lehrerin Katrin May und Schulleiter Stefan Ziegler in den Räumen der Versöhnungskirche in Eglosheim. 2025 soll eine eigene Schule gebaut werden. Foto: / Richard Dannenmann

Immer mehr Eltern wählen für ihre Kinder schon ab der ersten Klasse eine private Grundschule – in Marbach gibt es die Christophine, in Ludwigsburg/Tamm heißt sie Löwenherzschule. 

Fast jeder zehnte Schüler besucht laut Statistischem Bundesamt mittlerweile eine private Schule. Dabei hat sich die Zahl innerhalb der letzten 20 Jahre verdoppelt – Tendenz steigend. Auch private Grundschulen konnten sich in den letzten Jahren über stetig steigende Schülerzahlen freuen – und über Neugründungen, auch im Kreis Ludwigsburg. Sie bieten anerkannte, alternative Lernkonzepte an, welche den staatlichen Lernstoff intuitiver und durchdachter vermitteln sollen und den Kindern individuellere Betreuung und mehr Freiheit geben wollen.

Schule mit Verbundenheit zur Stadt und ihrer Geschichte

Schon seit 15 Jahren beherbergt ein Hexenhaus-artiges Gebäude in Marbach die private Grundschule Christophine, die der heutige Leiter Lorenz Obleser 2009 gründete. Der Name der Schule geht auf die Schwester Friedrich Schillers, Christophine, zurück und soll die Verbundenheit mit Marbach zeigen. „Wir wollten für Marbacher Grundschüler eine Alternative zu staatlichen Schulen bieten, die Schulvielfalt mitgestalten“, sagt Obleser. 17 Schüler, die rein theoretisch die Klassen 1 bis 4 einer Grundschule besuchen würden, hat die Schule, die aber praktisch alle gemeinsam lernen. Die Pädagogik, mit der unterrichtet wird, nennt Obleser „die Marbacher Pädagogik“.

Unterrichtet wird in einer offenen Form, der aber durchaus, so Obleser, Regeln zugrunde liegen, die sich ständig verändern oder entwickeln. Diese Regeln werden gemeinschaftlich unter Lehrern und Schülern besprochen und zusammen eingeübt. In Einzelgesprächen und kleinen Gruppen – jahrgangsübergreifend – wird gelernt, aber möglichst in Eigenregie. „Christophine ermöglicht den Schulkindern, die Rahmenbedingungen ihres Arbeitens selbst zu bestimmen“, sagt Obleser. Die Kinder selbst organisieren den Unterricht. Obleser und zwei Pädagoginnen begleiten die Kinder in diesem Prozess mit Materialien, Themen, Interaktionen. „Wir sind als eine vom Regierungspräsidium genehmigte, aber nicht anerkannte Schule dem Bildungsplan des Landes unterworfen“, sagt Obleser. Die Anerkennung, sagt er, strebe die Schule nicht an, auch wenn es dann eine staatliche Förderung gebe.

Die Marbacher Pädagogik gehe davon aus, dass Kinder einen „Lernhunger“ haben. „Unsere Leitsätze sind, mit Freude in die Schule zu gehen, mit Freude etwas Neues zu lernen, mit Freude Schwieriges zu üben und mit Freude das Können zu verbessern.“ Für ihn ist der Grund, weswegen Eltern eine Privatschule für ihre Kinder wählen, derselbe wie für ihn, sie zu gründen: „Es geht um Lust an der Schule und diese mitzugestalten“, so Obleser.

Die Christophine endet mit der vierten Klasse, dann müssen die Schüler in weiterführende Schulen wechseln, „dazu müssen sie fit sein“, sagt Obleser. Also werden die wichtigen Punkte des Bildungsplans verfolgt. Für ihn ist aber noch wichtiger, dass die Kinder lernen, Krisen gemeinschaftlich zu lösen. Eigenverantwortung, Partizipation und Gleichberechtigung sollen die Grundschüler auf das Leben vorbereiten.

Schule mit christlichen Werten als Grundlage

Ziele wie Eigenverantwortung oder Partizipation verfolgt auch die 2020 in Ludwigsburg gegründete Grundschule „Löwenherz“. Nur: Die Grundlage des Unterrichts sind die christlichen Werte. Stefan Ziegler, evangelischer Diakon, Religionslehrer, Absolvent an der evangelischen Hochschule Ludwigsburg und fünf weitere Gründungs- und Trägervereinsmitglieder wollten ein „Angebot für die Schulvielfalt auf Grundlage eines lebensbejahenden Glaubens“ machen. „Unsere Vision war, eine Schule zu gründen, die Natur, ein innovatives Lernkonzept und einen positiven christlichen Glauben miteinander kombiniert“, so Ziegler. Mit dem Konzept konnte der Trägerverein das Regierungspräsidium Stuttgart überzeugen und bekam die Genehmigung zum Schulstart. „Die Räumlichkeiten aber sind unser Problem“, so Ziegler.

Mittlerweile hat die Schule das dritte Schuljahr erreicht und 27 Schüler in drei Klassenstufen. „Wir müssen jedes Jahr an die 25 Kinder abweisen“, so Ziegler, der geschäftsführender Leiter ist. Das zeige ihm, wie wichtig vielen Eltern eine Alternative zu staatlichen Schulen, kleine Klassen und christliche Werte seien. Mittlerweile ist die Löwenherzschule so bekannt, dass beispielsweise ein Crailsheimer Verein das Konzept adaptiert. 60 Besuchergruppen haben sich 2023 die Schule und ihr Konzept angesehen. Anfang kommenden Jahres, so Ziegler, komme sogar eine Gruppe aus einer Universität aus Südkorea, die das Konzept nachahmenswert findet. „Das macht mich schon stolz“, sagt der Schulleiter.

Seit der Gründung findet der Unterricht im Sommer im Freien unter einem Zeltdach auf dem Gelände des CVJM Tamm statt und im Winter in den Räumen der Versöhnungskirche in Ludwigsburg-Eglosheim. Doch die Löwenherzschule hat in Tamm schon ein Grundstück gekauft und will bauen, im Dezember will der Tammer Gemeinderat über den Bebauungsplan entscheiden (die BZ berichtete).

Und dann soll auch die Anerkennung der Schule beim Regierungspräsidium beantragt werden, was nicht nur bedeuten würde, dass 80 Prozent der Kosten vom Land getragen werden, sondern es auch möglich ist, eine Sekundarstufe einzurichten. Denn das, so Ziegler, ist das Ziel, „mindestens bis zur Mittleren Reife unterrichten zu können“. Der Unterricht wird frei gestaltet, im Klassenverbund und altersübergreifend. Im Morgenkreis werden aktuelle Themen wie der Ukraine-Krieg thematisiert und es wird für die Menschen dort gebetet.

Konfessionen, Religionen oder Konfessionslosigkeit spielen aber in der Schule keine Rolle. Allerdings müssen die Eltern sich mit der christlichen Wertegrundlage einverstanden erklären.

In der freien Marbacher Schule Christophine kostet der Schulbeitrag monatlich 250 Euro, besuchen mehrere Kinder einer Familie die Schule, beträgt der Beitrag für das zweite Kind 150 Euro, für jedes weitere 75 Euro. Die Freie Schule Christophine bietet aufgrund gesetzlicher Vorgaben sowohl allgemein als auch gegenüber den jeweiligen Eltern an, dass diese ein individuell berechnetes Schulgeld zahlen. Die Höhe entspricht dann 5 Prozent des Haushaltnettoeinkommens. Die Inanspruchnahme dieser Regelung bedarf keinerlei Einverständnis seitens des Vertragspartners Freie Schule Christophine. 160 Euro monatlicher Elternbeitrag entsprechen dann einem Haushaltsnettoeinkommen von 38 400 Euro. Dadurch finanziert sich die Christophine.

In derLöwenherzschule in Ludwigsburg bezahlen die Eltern 120 Euro Schulgeld, für das zweite Kind 100 Euro, für jedes weitere 80 Euro. Die Finanzierung der Schule rsetzt sich aus mehreren Säulen zusammen, wie dem Schulgeld, Spenden und Stiftungsgeldern. Laut Schulleiter Stefan Ziegler lagen die jährlichen Kosten im ersten Jahr des Bestehens bei 125 000 Euro, im zweiten bei 170 000 Euro, im dritten bei 185 000 Euro. Nach den ersten drei Jahren und einer eventuellen Anerkennung kann die Schule ab dem vierten Jahr ihres Bestehens mit staatlichen Zuschüssen in Höhe von 80 Prozent rechnen, bei jährlichen Kosten von 240 000 Euro.

 
 
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