Kreis Ludwigsburg Die Zukunft der Medizin fliegt Drohne mit E-Antrieb

Von John Patrick Mikisch
Die Stuttgarter Regierungspräsidentin Susanne Bay (vorne, dritte von rechts) übergab die Urkunde für den Regelbetrieb von medizinischen Drohnentransporten an das Betreiberkonsortium. Foto: /Martin Kalb

In Baden-Württemberg dürfen jetzt medizinische Drohnentransporte starten. Im Kreis Ludwigsburg wurde der Startschuss für den Drohnenbetrieb zwischen den Kliniken gegeben.

Die Zukunft schwirrt auf Propellern heran. Jedenfalls bei den Kliniken der RKH Gesundheit: Seit Dienstag dürfen diese nämlich ganz offiziell medizinische Laborproben per Transportdrohne im Flug außer Sichtweite untereinander austauschen. Susanne Bay, Stuttgarter Regierungspräsidentin, überreichte die Genehmigung für den Regelbetrieb auf dem Heliport der RKH Orthopädischen Klinik in Markgröningen, stilecht per Drohne überbracht.

Durchaus ein besonderer Moment, denn es sei die erste Betriebsgenehmigung für Drohnentransporte über lange Entfernungen per Fernpilot in Baden-Württemberg und Deutschland überhaupt, wie Susanne Bay betonte. Sie hoffe, dass dieses sehr innovative Projekt möglicherweise Vorbild für andere Kliniken sei. Weiterer Pluspunkt: Die Drohne fliegt praktisch emissionsfrei.

Die Fluggenehmigung gilt für den Kreis Ludwigsburg, den Enzkreis sowie den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Als erstes soll der Flugbetrieb ab August zwischen den Helios-Kliniken Breisach und Müllheim starten. Anschließend sollen die RKH-Kliniken Mühlacker, Markgröningen und Ludwigsburg miteinander verbunden werden. Die Strecken sind alle etwa 30 Kilometer lang. Die Flugzeit beträgt jeweils ungefähr 20 bis 25 Minuten.

„Auf diese Weise wollen wir Erfahrungen im regulären Flugbetrieb gewinnen“, erklärte Holger Schulze, Geschäftsführer der Betreiberfirma German Copters DLS GmbH, dem dritten Partner des Drohnenkonsortiums.

Denn der Drohnentransport ist eine komplexe Angelegenheit, wie Schulze deutlich machte: Von der Konstruktion des Fluggeräts über die Entwicklung einer Transportbox für die Proben, die Streckenführung bis zum Genehmigungsverfahren unter Berücksichtigung europäischer Normen habe es zahlreiche Hürden gegeben, die überwunden werden mussten.

Schnelle Genehmigung

Umso erfreulicher sei es, dass es im Zusammenwirken aller beteiligten Behörden und Projektpartner nur zweieinhalb Jahre gedauert habe, das Genehmigungsverfahren abzuschließen, wie der Ludwigsburger Landrat Dietmar Allgaier betonte. Enrico Jensch Geschäftsführer der Helios Health GmbH, sprach sogar von „einem kleinen Moment in der Geschichte der Luftfahrt“.

Zumindest in der Patientenversorgung setzt das Projekt neue Maßstäbe. „Es gibt einen enormen Zeitgewinn“, führte Professor Dr. Jörg Martin aus. „Bei manchen Operationen müssen Gewebeproben schnell analysiert werden. Die Fahrtzeit zwischen den Kliniken Markgröningen und Ludwigsburg kann im Stau schon einmal zwei Stunden betragen“, so der Geschäftsführer der RKH Gesundheit. „Während dieser Zeit muss der Patient in Narkose bleiben, bis das Ergebnis da ist.“

Dieselbe Strecke könne eine Drohne deutlich schneller zurück legen. „Das verringert die Narkosebelastung für den Patienten“, sagt Jörg Martin.

Mit der Entwicklung der Drohnentechnik seien in Zukunft auch größere Transportlasten möglich, ist sich Martin sicher. „Dann könnten wir beispielsweise auch Blutkonserven und Operationsinstrumente zwischen den Kliniken transportieren.“

Sicherung der Versorgung

Der Hintergrund: Bestimmte Dienstleistungen und Kapazitäten sind heute schon zentralisiert. Das betrifft beispielsweise Blutbanken, aber auch die Sterilisation von OP-Instrumenten. Dieser Trend werde sich fortsetzen, bestätigte auch Landrat Dietmar Allgaier. „Die Krankenhauslandschaft wird in ein paar Jahren anders aussehen. Es wird weniger Standorte geben, mehr Spezialisierung. Der Drohnentransport hilft dabei, die Patientenversorgung auch in der Fläche zu sichern“, so Allgaier.

70 Strecken geplant

Zumal die Personalengpässe weiter zunehmen werden, wie Helios Geschäftsführer Enrico Jensch ergänzte. Schon jetzt sei es schwierig, nicht nur für Logistikunternehmen, Fahrer zu finden. Der Ausbau der Drohnenkapazitäten sei daher auch eine Investition in die Zukunft. Denn der Drohnen-Pilot könne ähnlich wie ein Fluglotse mehrere automatisch fliegende Drohnen gleichzeitig steuern. Noch sitzt dieser Fernpilot relativ nah an der Drohne. Den Erstbetrieb zwischen den Helios-Kliniken Breisach und Müllheim werde der Pilot noch auf freier Strecke begleiten, verriet German-Copters-Geschäftsführer Holger Schulze.

In Zukunft sollen die Drohnen aber aus einer Zentrale gesteuert werden. Das wird auch nötig sein, denn das Drohnenkonsortium hat große Pläne, so Schulze: 70 Strecken seien geplant.

 
 
- Anzeige -