Kreis Ludwigsburg EU-Richtlinie sorgt für Verunsicherung

Von Yannik Schuster
Geht es nach der EU, sollen alle Altkleider künftig in Altkleidercontainern wie hier in Sachsenheim entsorgt werden. Ausnahmen gelten nur noch für unverwertbare Textilien. Foto: /Martin Kalb

Eigentlich sollen seit 1. Januar überhaupt keine Textilien mehr im Restmüll landen. Doch es gibt weiter Ausnahmefälle, in denen die Entsorgung über den Hausmüll erfolgen soll. 

Tragbare Altkleider kommen in den Altkleidercontainer, unbrauchbare in den Restmüll.“ Unter diesem Motto dürfte die Entsorgung ausgedienter Klamotten in den meisten Haushalten gestanden haben. Eine neue EU-Richtlinie soll nun Klarheit schaffen, wie mit den Textilien umzugehen ist, sorgt dabei jedoch nur für mehr Verunsicherung.

Von Vorne: Seit dem 1. Januar gilt EU-weit die Regel, dass alte Kleidungsstücke grundsätzlich im Altkleidercontainer zu entsorgen sind, auch wenn diese kaputt oder verschlissen sind. Das Ziel: Die Müllmengen reduzieren und das Recycling im Textilbereich fördern.

Downcycling statt Recycling

Mit Recycling ist in diesem Fall eigentlich ein Downcycling gemeint, denn aus alten Textilien werden in der Praxis aktuell vor allem Dämmstoffe, etwa für die Autoindustrie, Malervlies oder Putzlappen hergestellt. Ein Verfahren, bei dem aus einem alten T-Shirt ein Neues herauskommt, existiere bislang noch nicht, erklärt Jan Beringer vom Prüf- und Forschungsdienstleister Hohenstein aus Bönnigheim. Dafür gebe es derzeit keinen Markt. Zumal es schwierig sei, Mischfasern aus zum Beispiel Baumwolle und Polyester zu trennen – und da seien Farbstoffe, Knöpfe, Reißverschlüsse und dergleichen noch überhaupt nicht miteinberechnet. „Sortenreine Materialien sind immer einfacher zu recyceln“, sagt er. Aus seiner Sicht macht die EU-Richtlinie deshalb aktuell wenig Sinn. „Die Gesetzgebung ist zehn Jahre voraus.“ Denn für wirklich kaputte Textilien hätten die Verwerter gegenwärtig gar keinen Abnehmer, weshalb diese dann doch wieder beim Restmüll landen.

Sollten nun also sämtliche Textilien, gleich welchen Zustands in den Altkleidercontainer? Die kurze Antwort: Nein. Die lange Antwort: Es ist kompliziert. Der Verband kommunaler Unternehmen und der Dachverband gemeinnütziger Sammelstellen schreiben in einem gemeinsamen Positionspapier etwa: „Stark zerschlissene, verdreckte oder anderweitig kontaminierte Textilien sollen weiterhin über die Restmülltonne entsorgt werden.“

Kleiderspende hilft dem DRK

Auch Steffen Schassberger, Bereichsleiter Rotkreuzdienste beim DRK-Kreisverband Ludwigsburg, will kaputte Kleidung lieber nicht in den Altkleidercontainern des DRK sehen. Deren Inhalt wird zunächst per Hand sortiert. Was nicht in den eigenen Kleiderkammern wiederverwendet werden kann, wird demnach einem Verwerter zugeführt, der das DRK nach Gewicht bezahle.

Eine Kleiderspende gleiche insofern einer Geldspende für das DRK, unabhängig des eigentlichen Zustands. Eigentlich käme somit auch ein unbrauchbares Stück Stoff dem DRK zugute. Durch eine Zunahme unbrauchbarer Textilien, mit denen der Verwerter nichts anzufangen weiß, werde der Preis für die Altkleider jedoch weiter sinken, befürchtet Schassberger. Dieser sei wegen der immer schlechter werdenden Qualität in den Altkleidercontainern ohnehin bereits im freien Fall. Die AVL stellt auf BZ-Anfrage klar, dass auf den Wertstoffhöfen im Landkreis schon bisher alle Alttextilien angenommen wurden. Ausgenommen seien lediglich – und das gelte auch weiterhin – so verunreinigte oder kontaminierte Textilien, dass diese den weiteren Verwertungsweg unmöglich machen.

Geldbuße bei Verstoß

Dazu gehören demnach Verunreinigungen mit menschlichen oder tierischen Ausscheidungen, mit Schimmel oder Verbrennungsrückständen. Diese Alttextilien müssen laut der AVL weiter in der Restmülltonne entsorgt werden. Auch verunreinigte oder defekte Schuhe gehören in die Restmülltonne, da eine stoffliche Verwertung nicht möglich sei.

Landen jedoch verwertbare Altkleider im Abfall stelle dies einen Verstoß gegen die Abfallwirtschaftssatzung des Landkreises dar. „Diese Ordnungswidrigkeit wird mit einer Geldbuße geahndet. Finden unsere Wertstoffscouts im Rahmen der Prüfung der Bio- und Altpapiertonnen sowie der Restmülltonnen verwertbare Alttextilien, wird zudem die Leerung der Restmülltonne gesperrt – ähnlich wie die Sperrung von Bio- und Altpapiertonnen bei Befüllung mit Störstoffen/Fremdstoffen.“

 
 
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