Schock für die Mitarbeiter der Verwaltung in der Gemeinde Beilstein (Kreis Heilbronn): Am Fachwerk-Rathaus aus dem Jahr 1599 wurden so große Schäden entdeckt, dass die Fassade mit Balken und Gittern notgesichert werden muss. Um Personenschäden zur vermeiden, soll das Fachwerk nach Aussage der Stadt in den nächsten Monaten geräumt werden. Damit stellt sich die Frage, ob das in den hiesigen historischen Fachwerk-Rathäusern auch passieren könnte. Inwieweit stehen auch hier Sanierungen der altehrwürdigen Gebäude an?
Kreis Ludwigsburg Fachwerk hält Städte auf Trab
In Beilstein muss das historische Rathaus aufgrund maroder Fassade geräumt und saniert werden. Die BZ fragte nach, wie die Situation in Bietigheim, Besigheim und Sachsenheim ist.
„Auch an unserem Rathaus muss die Fassade saniert werden“, sagt Anette Hochmuth, die Sprecherin der Stadt Bietigheim-Bissingen. Derzeit würden die Details erarbeitet, zur Höhe der Kosten und dem Zeitpunkt lasse sich aktuell noch nichts Genaues sagen. „Wir hoffen nicht, dass das ganze Haus geräumt werden muss“, so die Sprecherin.
Generalsanierung 1980
Das im Jahr 1507 als damals üblicher Sichtfachwerkbau errichtete Bietigheimer Rathaus wurde im Jahr 1769 gemäß dem Geschmack der Zeit vollständig verputzt und kurz später im Jahr 1783 mit einer umfassenden Fassadenneugliederung versehen. Bei der letzten Generalsanierung im Jahr 1980 wurde die komplette Außenfassade neu verputzt und das architektonische Erscheinungsbild nach damaligen Gesichtspunkten rekonstruiert.
„Die heute auftretenden baulichen Probleme manifestieren sich vor allem durch Rissbildungen und Abplatzungen an der gesamten Fassade“, erläutert Anette Hochmuth. Der 1980 verwendete Zementputz präsentiere sich als extrem hart und unflexibel und gewährleiste keine intakte Anbindung an historische Baustoffe. In manchen Bereichen der Fassade seien zudem weitaus zu dicke Putzstärken aufgetragen worden, die nicht selbst tragfähig seien.
Hohlräume hinter dem Putz
Im Erdgeschoss-Bereich sei die Fassade teilweise mit einer vorgesetzten Latten- und Maschendrahtkonstruktion als Putzträger versehen, die zu Hohlräumen hinter dem Putz geführt habe. „Weitere an der Fassade erkennbare Schäden sind Schlieren und Ablagerungen aufgrund von Blumenkästen, sogenannte Absandungen der Sandsteinfassungen und -elemente rundum sowie Verwitterung bei Holzteilen, wie Fenstern und Klappläden.“
Bei der nun notwendigen umfassenden Sanierung der Außenfassade soll nach Auskunft der Sprecherin vor allem darauf geachtet werden, dass denkmalgerechte sowie handwerklich und baulich richtige Materialien und Ausführungsarten eingesetzt werden, damit die Arbeiten auch dauerhaft haltbar sind. Nötig sei eine umfassende Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege. „Es geht aber nicht um eine umfassende Änderung im Inneren des Gebäudes, die 1980/81 stattfand“, erklärt Hochmuth.
Grundsätzlich werde in Bietigheim-Bissingen immer wieder an den vielfältigen Fachwerkgebäuden gearbeitet. So wurde in den Jahren 2022 und 2023 das sogenannte Kachelsche Haus saniert, in dem früher das Notariat war und heute die IT-Abteilung untergebracht ist. Hier war eine Räumung des ganzen Gebäudes erforderlich. Auf der anderen Seite habe ein Fachwerkgebäude viel Flair und ein gesundes Raumklima, wenn richtig saniert wurde, sagt Hochmuth. Zur Kontrolle des Fachwerks würden Spezialisten regelmäßig die Balken und Gefache begutachten.
Rathaus war damals ein Kaufhaus
Das Rathaus in Besigheim steht seit 1459, damals wurde es noch als Kaufhaus genutzt. Eine Markthalle befand sich im Erdgeschoss, im ersten Stock bot eine Festhalle Platz für Unterhaltung, im zweiten Stock war die Gerichtsbarkeit angesiedelt.
Die Ausschmückungen, sprich bemalte Stein- und Holzwände oder Stuckdecken aus dem Barock, wurden bei umfangreichen Renovierungsarbeiten im Jahr 1977 wieder freigelegt und restauriert. Der Erhalt des Rathauses kostet aufgrund dieser Grundsanierung zur heutigen Zeit nur wenig Geld. Das teilt der Leiter des Fachbereichs Bauen IV – Bauen und kommunale Infrastruktur, Andreas Janssen, auf BZ-Anfrage mit. „Nun kommen Holzbauteile und Fenster zum Austausch“, meint er.
Wichtige Sicherheitskontrollen
Regelmäßige Kontrollen am Fachwerk-Rathaus müssten allein aus arbeitsschutz-, brandschutzrechtlichen und heizungstechnischen Gründen vorgenommen werden. Mit Blick auf die Probleme an der Außenhülle des Beilsteiner Rathauses erklärt Janssen, dass das Fachwerk-Rathaus in Besigheim damals freigelegt wurde, allerdings lediglich auf den wetterabgewandten Seiten Ost, Nord und Süd. Die Westseite bleibe verputzt, meint er.
In absehbarer Zukunft stehen also in Besigheim keine längeren Arbeiten am historischen Rathaus an. „Jedoch denken wir über eine energetische Sanierung nach“, sagt der Fachbereichsleiter.
Kosten sind stark gesunken
In Sachsenheim ist das Wasserschloss ein wahrer Hingucker. Wie der Pressesprecher der Stadt, Arved Oestringer, erklärt, konnten die Erhaltungs- und Unterhaltungskosten des Fachwerks durch die Sanierung mit Abschluss im Jahr 2020 drastisch reduziert werden. „Mit Maßnahmen, wie etwa neuen Fenstern, dichtschließende Türen, ein neues Heizungssystem, die Dämmung der Zwischendecken und so weiter können diese Kosten bei bis zu 10.000 Euro pro Jahr gehalten werden“, sagt er.
Im 14. Jahrhundert wurde das Sachsenheimer Wasserschloss erbaut. Nach einem Brand im Jahr 1542 wurde es im selben Jahr wieder aufgebaut. Von 2015 bis 2020 sei das Wasserschloss schließlich saniert und modernisiert worden. „Wir behalten den Zustand laufend im Blick – schon allein dadurch, dass auch Teile der technischen Verwaltung im Wasserschloss untergebracht sind“, sagt Oestringer. Auch bei der Fassade bestehe kein Grund zur Sorge, diese sei bei der Sanierung ertüchtigt worden, sodass sie sich in einem laut Oestringer „tadellosen Zustand“ befindet.
Teilweise sanierungsbedürftig
So stehen in absehbarer Zukunft im Sachsenheimer Wasserschloss keine größeren Arbeiten an. Ein wenig anders sieht es bei den anderen vier Verwaltungsgebäuden der Sachsenheimer Stadtteile aus.
Diese sind laut dem Pressesprecher allesamt denkmalgeschützt und wurden so seit längerer Zeit nicht mehr renoviert. „Die Verwaltungsstellen in Hohenhaslach und Spielberg befinden sich in einem für ihr Alter angemessenen Zustand“, gibt Oestringer Entwarnung. In Ochsenbach und Häfnerhaslach sei hingegen deutlicher Handlungsbedarf zu erkennen (die BZ berichtete).
Exakte Untersuchungen und Sanierungsfahrpläne gebe es aber bislang nicht, „es ist jedoch von einem grundhaften Sanierungserfordernis auszugehen“, meint er.
Eine derzeit laufende gutachterliche Prüfung für das Gebäude in Häfnerhaslach werde in den nächsten Monaten Klarheit schaffen. „Wann die notwendigen Sanierungsarbeiten durchgeführt werden, wird die Verwaltung mit dem Gemeinderat diskutieren“, erklärt Oestringer.