Kreis Ludwigsburg „Frauensolidarität ist wichtig“

Von Claudia Mocek
Diese Parole steht auf einer Hauswand in Köln. Foto: Guido Schiefer/Imago

Was die Beatles und Tic Tac Toe damit zu tun haben und warum es keinen „Mackerzank“, aber auch keine „Zickenkriege“ gibt, erklärt die Professorin für Psychologie Gunda Maria Rosenauer von der Verwaltungshochschule in Ludwigsburg.

Frauensolidarität ist wichtig.“ Dr. Gunda Maria Rosenauer ist Professorin für Psychologie an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg. Den Weltfrauentag am 8. März hält sie weiterhin für nötig, weil es immer noch viele Themen gebe, bei denen Frauen benachteiligt sind: Frauen verdienten 2022 beim Lebenserwerbseinkommen immer noch rund 50 Prozent weniger als Männer. Die häusliche Gewalt war 2023 um 6,5 Prozent gestiegen. Rund 104.000 in Deutschland lebende Frauen waren 2022 von Genitalverstümmlung betroffen. 2023 war nur jede dritte Führungskraft eine Frau.

Was bringt Solidarität unter Frauen? Vergewaltigung in der Ehe ist in Deutschland erst seit 1997 strafbar. 15 Jahre habe die Politik im Vorfeld darüber diskutiert, sagt Rosenauer. Erst als sich die Frauen aller Parteien zusammengeschlossen und einen Gruppenantrag eingebracht hätten, sei es zu einer Änderung kommen. „Wenn wir uns wirklich zusammenschließen, können wir etwas verändern“, ist ihr Fazit. Auch die „MeToo“-Bewegung sei ein solches Beispiel.

Dabei hat Rosenauer gar nicht so sehr offizielle Netzwerke wie Frauen helfen Frauen, UN Women oder Terre des Femmes oder Frauenvereine im Blick. Frauen sollten andere Frauen fördern und sich gegenseitig unterstützen. „Frauenfreundschaften werden oft zu Unrecht profan dargestellt“, ist die Psychologin überzeugt. Bei Frauen gehe es angeblich vor allem ums Kochen, die Wäsche oder Kindererziehung, während Männer gemeinsam die Welt verändern würden. Das sei natürlich Unsinn. Neben strukturellen Änderungen – wie dem gleichen Lohn für die gleiche Arbeit – brauche es Frauensolidarität. Diese könne bewirken, dass Frauen aus der Opferrolle herauskommen und aktiv etwas gestalten. Auch wenn die Forderungen der Frauen vor 70 Jahren nicht viel anders geklungen hätten als heute, sei der Zusammenhalt wichtig.

Männer haben Vorsprung

Historisch gesehen hätten Männer beim Netzwerken einen Vorsprung, dies hätten sie schon in Zünften, Ritterorden oder Kameradschaften trainiert. Frauen würden eher dazu erzogen, Männern zu gefallen und ihren eigenen Wert von der männlichen Bewertung abhängig zu machen.

Manche Denkmuster seien gesellschaftlich tief verankert, ist Rosenauer überzeugt: Konkurrenz zwischen Männern gelte als natürlich und notwendig.

Anders jedoch beim weiblichen Geschlecht: Konkurrenz zwischen Frauen werde oft als „Zickenkrieg“ bezeichnet. Solche Vorurteile würden ständig in Umlauf gebracht. Als die Beatles sich trennten, ging es laut öffentlicher Wahrnehmung um Konflikte. Als die Frauenband Tic Tac Toe auseinanderging, sei gleich vom „Zickenkrieg“ die Rede gewesen.

Wären die führenden Politiker der Ampel-Koalition Frauen, wäre die Pseudoerklärung des „Zickenkriegs“ wieder bemüht worden, ist sich Rosenauer sicher. „Ich sage den Leuten immer, dass sie den Begriff nie wieder verwenden sollen“, betont Rosenauer. Denn Studien belegten: „Zickenkrieg ist ein Mythos, den gibt es nicht“, sagt sie. Klar gebe es „schwierige Frauen“, aber nicht mehr als „schwierige Männer“. „Das Geschlecht hat kaum oder gar keinen Einfluss auf die Persönlichkeit, die Kognition oder die Führung“, ist Rosenauer überzeugt. Studien belegen: 72 Prozent der Frauen fördern andere Frauen, 65 Prozent weiblicher Führungskräfte unterstützen aktiv den weiblichen Nachwuchs. Bei den Männern seien dies nur 55 Prozent. „Frauen können geschlechterspezifische Solidarität.“

„Der mächtigste Hebel“

Frauensolidarität sei der mächtigste Hebel, um bestehende Systeme zu ändern, findet die Psychologin. Sie sei zentral für die Dynamik der Frauenbewegung und schaffe eine Gegenöffentlichkeit. In Gruppen seien Austausch, Unterstützung und Förderung möglich. Gemeinsam könnten Frauen für Ziele und Werte eintreten.

Gunda Maria Rosenauer empfiehlt, Frauentreffen zu organisieren, Zirkel für Frauen in Führungspositionen zu gründen, Weiterbildungen anzubieten und tollen Frauen Wertschätzung und Anerkennung zukommen zu lassen. Für die Professorin an der Verwaltungshochschule ist es auch wichtig, auf die eigene Sprache zu achten: Sie empfiehlt, auf Begriffe wie „Zickenkrieg“ oder Formulierungen wie „die Mädels vom Marketing“ zu verzichten– und unterschiedliche Lebensentwürfe von Menschen zu akzeptieren und zu tolerieren.

 
 
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