Kreis Ludwigsburg Kein Vergnügen im Schnee

Von Gabriele Szczegulski
Wer über das nötige Kleingeld verfügt, kann in Lichtenstein auf der Schwäbischen Alb für 150 Euro die Stunde exklusiv den Salach-Lift mieten und Skifahren. ⇥ Foto: Christoph Schmidt/dpa

Es ist nun schon die zweite Saison, die für die Skiclubs der Region ins Wasser fällt. Freizeiten, Ausfahrten, Kurse und Skigymnastik finden nicht statt.

Am ganzen vergangenen Wochenende waren laut Polizeibericht im Beilsteiner Wintersportgebiet Stocksberg alle Parkplätze belegt. Die Behörden appellierten zwar an die Vernunft der Bevölkerung, solche Gebiete zu meiden, aber die Menge der Autofahrer ließ nie nach. Und so sah es in allen nahegelegenen Wintersportorten, im Schwarzwald, auf der Schwäbischen Alb oder dem Schwäbischen Wald aus: Menschenmassen im Schnee.

Kinder wollen rodeln

Die Vorsitzenden der Skiclubs in der Region können schon nachvollziehen, dass es vor allem Familien mit Kindern zu den Hängen zieht, um den Schnee mit Rodeln oder Toben zu genießen. „Wir können den Wunsch nach Bergen und Schnee sehr gut nachfühlen. Insbesondere Kindern ist es schwer zu erklären, diesen Winter darauf verzichten zu müssen. Dennoch halten wir uns an die behördlichen Empfehlungen und Aufforderungen und verzichten aktuell auf Ausflüge in den Schnee – verbunden mit der Hoffnung, dadurch schnellstmöglich die Freiheiten zurück zu erlangen“, sagt Jochen Rothfritz, Vorsitzender des Skiclub Kirchheim. Sein Verein hat 1000 Mitglieder, ist damit der größte Skisporttreibende Verein im Kreis, dessen Vereinsleben seit Monaten lahmgelegt ist. Im Verein sind nicht nur Skisportliebhaber aus Kirchheim organisiert, sondern auch aus Bönnigheim, Cleebronn, Gemmrigheim und Erligheim.

In einer normalen Saison, so sagt er, finden mindestens zehn Wochenendausfahrten und 15 Tagesausfahrten sowie zwei Ausfahrten über mehrere Tage statt. Zudem gibt es Skikurse und mehrere Skigymnastik-Angebote. Noch hat der Verein seine große, mehrtägige Ausfahrt, die für März geplant ist, nicht abgesagt.

Der Verein hat wöchentliche Corona-Meetings.  „Eine Durchführung von Ski-Ausfahrten mit dem Bus ist für uns in der augenblicklichen Situation nicht denkbar – falls es zu einem späteren Zeitpunkt  möglich sein sollte, können wir innerhalb weniger Tagen Skikurse auf die Beine stellen“, sagt Rothfritz. Dann hoffe man auf die Sommersaison, um den Kontakt zu den Mitgliedern nicht zu verlieren. Es soll geführte Mountainbike-Touren geben.

Er selbst bedauere schon, dass Skifahren in diesem Jahr nicht möglich sei, habe aber privat davon abgesehen. Auch, wenn er die Gefährdung an Pisten und Loipen gering einschätzt. „Wobei das Skifahren auf den Pisten das kleinere Problem darstellen würde. Die größere Problematik für uns als Verein liegt eher bei der Busanreise, Übernachtungsabläufe, Pausensituationen und was sonst noch zu gemeinsamen engeren Kontakten führen wird“, sagt Rothfritz.

Skizunft will fusionieren

Für die Skizunft Bietigheim sind die corona-bedingten Ausfälle derzeit laut dem Vorsitzenden Claus Rabensteiner fast das geringere Problem. Die Skizunft hat in ihrer letzten Hauptversammlung im Frühjahr 2020 beschlossen, mit dem Skiclub Bissingen zu fusionieren. Dieser konnte coronabedingt noch keine Mitgliederversammlung abhalten, wie auch dessen Vorsitzender Franz Horn bestätigt. Für die Skizunft Bietigheim hat die Fusion altersbedingte Gründe, die nichts mit Corona zutun haben. „Unsere 280 Mitglieder sind im Schnitt 70 Jahre alt und älter, unser Fokus in der Vereinsaktivität liegt auf Wanderungen und Radfahren, aber wir haben auch jüngere Mitglieder, die gerne mehr Ausfahrten und andere Wintersportaktivitäten machen würden und darin ist der Skiclub Bissingen besser aufgestellt“, sagt Rabensteiner. Es werde sich gut ergänzen, dass in Bissingen mehr Wintersport betrieben werde, aber weniger Freizeitaktivitäten, die die Skizunft weiter organisieren könnte. „Durch Corona verzögert sich die Fusion, das ist für uns sehr schade“, so Rabensteiner.

Er wisse schon, sagt der Vorsitzende der Skizunft, dass privat einige Mitglieder zum Skifahren in den Schwarzwald gehen oder Schlitten fahren mit den Kindern in den Löwensteiner Bergen, da sei er mit seiner Familie auch schon gewesen. „Wie will man Kindern sagen, dass man nicht Rodeln gehen darf, aber man sollte große Skigebiete meiden“, sagt er.

Franz Horn vom Skiclub Bissingen war auch schon zum Skilanglauf in Kaltenbronn im Schwarzwald, vor dem Lockdown. „Die Leute halten sich schon an die Abstandsregeln, aber Kaltenbronn beispielsweise hat halt schon einen großen Einzugsbereich für Skisportler“, sagt er. „Man kann es doch keinem übel nehmen, wenn er mit seiner Familie den Schnee sehen will“, sagt er. Auch er sieht die Ansteckungsgefahr nicht auf der Piste oder der Loipe oder dem Rodelhang, sondern eher in Ausfahrten mit dem Bus und diese fänden ja nicht statt. „Es ist auch sehr schade für die Hoteliers, die nun auf so viele Skifahrer verzichten müssen, wir haben überall dort, wo wir absagen mussten, aus Solidarität schon für 2022 gebucht.“ Noch habe er Hoffnung, dass die geplante Ausfahrt im März und die Jugendfreizeit zu Ostern stattfinden können.

Seit März 2020 liege das Vereinsleben brach, so Horn. Da gehe es nicht um die Finanzen, sondern um das soziale Miteinander. Auch sein 50-jähriges Bestehen konnte der Skiclub Bissingen mit seinen 560 Mitgliedern nicht feiern. Es gebe keine einzige Trainingsstunde, keine Skikurse. „Unsere Aufgabe ist doch der Breitensport. Mehr als die Hälfte unserer Mitglieder sind in irgendeiner Art und Weise aktiv, alles liegt seit fast einem Jahr brach“, sagt er. Auch Skikurse für Anfänger fänden nicht statt. „Wir können unsere Skigemeinschaft derzeit nicht leben“, sagt er.

Der Winter ist abgesagt

Zum vorerst letzten Mal waren Mitglieder der Abteilung Schneesport des TV Großsachsenheim im Februar 2020 auf einer Skiausfahrt, sagt Abteilungsleiterin Kerstin Geiger-Pfeiffer. „Das Risiko ist zu groß, sich im Bus oder am Skilift anzustecken, da folgen wir ganz den Regeln des Schwäbischen Skiverbands“, sagt sie. Acht Tagesausfahrten, zwei Wochenausfahrten und sechs Wochenendausfahrten seien abgesagt worden. „Wir machen nichts mehr in diesem Winter“, so Geiger-Pfeiffer. „Zum Glück haben wir dadurch keine finanziellen Ausfälle“, sagt sie. Es sei aber besser, die Skilifte blieben zu und die Loipen gesperrt, denn „ich kann nicht ausschließen, dass dann nicht doch der eine oder andere zum Skifahren geht. Verstehen kann ich aber, dass Familien mit Kinder zum Rodeln gehen“.

 
 
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