Kreis Ludwigsburg Klimawandel: „Landwirte denken in Generationen“

Von Yannik Schuster
Durch Frost beschädigter Traubenansatz an einem Rebstock. Die Gefahr von Spätfrost hat sich in der jüngeren Vergangenheit deutlich erhöht. Foto: dpa/Daniel Karmann

Der Nabu regt eine geförderte Versicherung gegen extreme Witterungen an. Die BZ hat nachgefragt, was der Bauernverband davon hält.

Besonders heiße und trockene Sommer, später Frost, Hagel- und Starkregenereignisse: Extreme Wetterlagen nehmen durch den Klimawandel zu. Für die hiesige Landwirtschaft ist das ein Problem, denn so steigt die Gefahr möglicher Ernteausfälle. Vor einigen Wochen hat sich der Nabu für die Einführung einer staatlich geförderten Versicherung zur Abmilderung extremer Witterungsereignisse in der Landwirtschaft ausgesprochen. Die Bedingung dafür: Der Agrarsektor müsse mehr in Sachen Klimaanpassung leisten, sich um die Verbesserung der Bodenqualität, der Wasserrückhaltung in den Flächen und verbesserte Fruchtfolgen kümmern.

„Gefahr hat zugenommen“

Schon jetzt haben Landwirte die Möglichkeit, sich gegen bestimmte Witterungsereignisse zu versichern. „Bei uns in der Region ist die Frostversicherung gängig“, sagt der stellvertretende Vorsitzende des Bauernverbands Heilbronn-Ludwigsburg Michael Kinzinger. 2011 habe man den ersten Spätfrost seit langem erlebt, seither seien weitere gefolgt. „Die Gefahr hat zugenommen“, sagt der Vaihinger.

Weinreben oder auch Obstbäume treiben inzwischen nämlich deutlich früher aus, oft schon ab Mitte März/Anfang April. In der Vergangenheit sei dies meist erst Anfang Mai der Fall gewesen. So ergebe sich vier Wochen mehr Risiko für Spätfrost.

In Baden-Württemberg gebe es deshalb bereits seit 2019 eine geförderte Versicherung gegen Spätfrost für den Wein- und Obstbau: 50 Prozent der Kosten trägt das Land, die Bauern schultern die andere Hälfte. Allerdings sind einige Kulturen davon ausgeschlossen und diejenigen, die davon profitieren können, nehmen einen Selbstbehalt von 20 Prozent in Kauf. Das bedeutet im Schadensfall, dass die Versicherung nur 80 Prozent der Kosten ersetzt. Inzwischen würden den Versicherungen durch immer häufiger auftretenden Spätfrost zudem die Kosten davon laufen. Alte Verträge werden deshalb angepasst, neue Verträge gebe es nur mit 30 Prozent Selbstbehalt, erklärt Kinzinger.

Versicherungen gegen Dürre oder Sturm gebe es zwar auch, seien in der Region jedoch nicht so sehr verbreitet, sagt Kinzinger. „Das kommt eher aus Brandenburg, wo die Böden weniger Wasser speichern.“ Beim Bundesinformationszentrum Landwirtschaft heißt es dazu: „Gegen Dürre ist bislang kaum ein Landwirt in Deutschland versichert. Denn wenn Schäden durch Dürre auftreten, sind meist sehr viele Betriebe auf einmal betroffen. Damit werden die Kosten, die der Versicherung entstehen, immens hoch. Hinzu kommt, dass Versicherungen gegen Dürre – anders als bei Hagel, Sturm und Starkregen – in Deutschland nicht von der Versicherungssteuer befreit sind.“ Entsprechend teuer seien hierzulande die Versicherungsbeiträge der Landwirte.

Extreme nehmen zu

Kinzinger ist jedoch davon überzeugt, dass auch diese Witterungsereignisse für die Landwirtschaft an Bedeutung gewinnen werden: „Immer mehr Betriebe kommen nicht mehr ohne künstliche Wasserzufuhr aus.“ Habe man früher noch einen regen Wechsel zwischen Sonne und Regen verzeichnet, würden heutzutage die Extreme dominieren. So habe es 2023 Monatelang nicht geregnet, 2024 war es hingegen dauernass.

Grundsätzlich steht Kinzinger einer staatlich geförderten Restrisiko-Versicherung deshalb positiv gegenüber, allerdings lehnt er die Einschränkung des Nabus ab. „Die Landwirtschaft tut ja schon einiges, um Wetterextremen entgegenzuwirken.“ Gerade auch im Kreis sei man gut aufgestellt. „Jeder Landwirt macht sich ständig Gedanken. Schon allein wegen der vielen familiär geführten Höfe. Landwirte denken in Generationen“, sagt Kinzinger. Aus seiner Sicht müsste eine mögliche Förderung fair gestaltet werden. Denn Betriebe, die ihre Erzeugnisse direkt vermarkten, müssen sich höher versichern als jene, die etwa über Genossenschaften vertreiben.

Alternative: Risikorücklage

Eine Alternative wäre demnach eine steuerfreie Risikorücklage, die es Landwirten erlauben würde, Kapital für den Ernstfall zurückzuhalten. So käme man sogar ohne fremde Steuergelder aus, ist Kinzinger überzeugt. Das würde so funktionieren: In guten Zeiten spart der Betrieb Gewinne an, auf die keine Steuern entrichtet werden müssen, die dann zum Ausgleich in Krisenjahren herangezogen werden können. Ein solches Modell wird in Deutschland schon seit einigen Jahren diskutiert, der Bundesrat hatte bereits 2018 dafür votiert.

Die damalige Bundesregierung sprach sich allerdings dagegen aus und berief sich auf eine Studie der Universität Hohenheim, wonach eine solche Rücklage nicht den gewünschten Entlastungseffekt hätte. Die stattdessen eingeführte Gewinnglättungsregelung, wonach Gewinne und Verluste über einen Zeitraum von mehreren Jahren verrechnet werden können, brachte jedoch ebenfalls nicht den gewünschten Effekt.

 
 
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