Kreis Ludwigsburg Mehr als nur ein Seniorentreff

Von Gabriele Szczegulski
Die Freizeitgruppe des Schwäbischen Albvereins, Ortsgruppe Gemmrigheim, bei ihrer letzten Wanderung Foto: /Anne Rose Herrmann

Viele Ortsgruppen des Schwäbischen Albverein in der Region können sich über Mitgliederzuwachs freuen, andere müssen fusionieren, um zu überleben.

Hermine Müller (Name von der Redaktion geändet) ist 84 Jahre alt und seit fast 50 Jahren Mitglied in einer Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins im Stromberggau. Schon als junge Frau trat sie mit ihrem damaligen Verlobten ein, die Beziehung begann mit dem gemeinsamen Wandern unter Freunden. Auch mit den Kindern wurden Familienausflüge mit der Ortsgruppe gemacht, gegrillt, Freizeitparks besucht. Mit ihrem Mann unternahm sie Reisen, Seniorenwanderungen. Nach dem Tod des Mannes ging sie in die Singgruppe. Noch heute macht sie kleine, eigens für Senioren ausgedachte Wanderungen mit. „Der Albverein hat für jede Generation, jede Altersstufe das passende Angebot“, sagt sie. Und: „Man muss nicht, wie bei anderen Vereinen, bei jedem Treffen dabei sein, alles ist freiwillig, man sucht sich das Angebot aus, das einem gefällt“, sagt Hermine.

Was Hermine Müller, die beispielhaft für viele Mitglieder des Schwäbischen Albvereins steht, sagt, sind genau die Gründe, warum auch seit einiger Zeit eine Mitgliedschaft im Albverein wieder im Trend liegt. Viele Ortsgruppen im Kreis erleben ein Ansteigen bei den Mitgliederzahlen.

Vorbildhafte Zukunftsarbeit in Gemmrigheim

So wie die Ortsgruppe Gemmrigheim des Schwäbischen Albvereins. Mit nun 400 Mitgliedern ist sie die größte im Stromberggau. 1983 wurde sie von Gerhard Reisinger mit 70 Mitgliedern gegründet, zu Jahresende waren es schon 100, Tendenz immer steigend. Die Ortsgruppe Löchgau des Schwäbischen Albvereins schließt sich vielen der Angebote in Gemmrigheim an. Die Mitglieder sind im Verein alt geworden, aber das Vorurteil, dass nur Menschen, die 60 Jahre und älter sind, sich im Albverein engagieren, dementiert Reissinger, der noch immer aktiv im Verein mitmacht. „Immer mehr junge Familien oder Alleinstehende in mittlerem Alter schließen sich uns an“, sagt er.

Was in Gemmrigheim anders gemacht wird als in anderen Ortsgruppen, die durchaus Probleme mit der Mitgliederzahl haben? „Wir machen wirklich für jeden, ab dem Kindesalter bis ins hohe Alter, Angebote und konzentrieren uns nicht nur aufs Wandern, sondern als Verein mit einem Angebot für die ganze Gesellschaft“, so Reissinger.

Zudem würde die Natur mehr und mehr in den Fokus in der Gesellschaft gerückt und die Landschafts- und Wegepflege, die die Ortsgruppen machen, würden viele unterstützen. In der Ortsgruppe Gemmrigheim gibt es eine Freizeitgruppe mit durchschnittlich 40 Wanderern – „eine Erfolgsgeschichte“, wie Reissinger sagt. Die Singgruppe, die es seit 30 Jahren gibt, erfreut sich großer Beliebtheit. Es gibt Männerkochkurse oder andere Angebote wie einen Weidenflechtkurs. Der Albverein organisiert in vielen Ländern. „Durch diese attraktiven Wanderreisen gewinnen wir alljährlich neue Mitglieder, da sie sehr gut geplant und organisiert sind“, sagt Reissinger.

Eine Seniorengruppe macht altersgerechte Angebote wie Besichtigungen oder Theaterbesuche. „Da bekommen wir jedes Mal zwei Busse voll, im Gepäckraum stehen lauter Rollatoren “, sagt Reissinger. Neues Highlight, so der Albvereinler, sei die Familiengruppe. Bis zu 60 Teilnehmer kommen bei den Ausflügen und kindgerechten Wanderungen zusammen.

Es gibt eine Jugendwandergruppe sowie zwei Kindertanzgruppen. „Als die Familiengruppe begann, gab es einen richtigen Schub an neuen Mitgliedern, wir wachsen ständig“, sagt Reisinger. Auch während Corona habe die Ortsgruppe 50 neue Mitglieder bekommen, gerade durch die Familiengruppe, die früh nach dem Lockdown wieder anfing, in die Natur zu gehen. „Und wer im Albverein ist, bleibt bis zum Ende“, so Reissinger. Zudem gibt es in Gemmrigheim eine Nordic-Walking-Gruppe, eine Alphorngruppe, einen Brettspieltreff und das Backhausbacken. Ständig werden neue, zeitgemäße Angebote erarbeitet, alte, zu wenig frequentierte fallen weg. So bleibe die Ortsgruppe jung und zeitgemäß.

Auch in der näheren Umgebung engagiert sich der Verein, hat drei Wegwarte, die 20 Kilometer Wanderwege um Gemmrigheim betreuen und auch mehrere Varianten an Rundwanderwegen um den Ort neu gestaltet haben sowie einen Steillagenrundweg. „Die Natur ist uns das Wichtigste“, so Reissinger.

Bei der Ortsgruppe Markgröningen, so sagt Vorsitzender Rolf Heckhorn, laufe es allerdings nicht so gut „Unsere Altersstruktur ist sehr hoch, der Nachwuchs fehlt“, sagt der rüstige 84-Jährige. Das wichtigste Element sei im Moment der Seniorentreff, der sehr gut ankomme und den städtischen Seniorentreffs den Rang ablaufen würde. Es gibt noch einen Stammtisch und es werden Ausflüge organisiert. Wenige Jüngere, die sich ab und an einer Wanderung anschließen, blieben auch beim Verein. Auch die Pflege der 14 Kilometer langen Wanderwege sei immer schlechter zu bewerkstelligen.

Fusion der Ortsgruppen Bietigheim und Bissingen

Wie in vielen Vereinen waren auch in der Ortsgruppe Bietigheim die Mitgliederzahlen in den letzten Jahren rückläufig, sagt Vorsitzender Konrad Reuter. Seit 2018 wurde ein Schwund von 15 Mitgliedern jährlich verzeichnet. Aktuell zählt die Ortsgruppe Bietigheim knapp 150 Mitglieder.

Die Aktivitäten haben sich mit den Mitgliederzahlen verringert. „Es stehen mittlerweile auch weniger aktive Mitglieder zur Verfügung, die diese durchführen können“, so Reuter. Dennoch wird weiter ein attraktives Wanderprogramm mit ein bis zwei Wanderungen unterschiedlicher Länge im Monat erarbeitet. Gepflegt wird auch der regelmäßige Kontakt in die Partnerstadt Sucy-en-Brie. Einmal im Jahr findet ein gemeinsames Wanderwochenende abwechselnd in Deutschland oder Frankreich statt. Die meisten der aktiven Mitglieder und Wanderteilnehmer befinden sich im Ruhestand. „Insofern ist die Vereinsarbeit an sich schon Seniorenarbeit. Neue Mitglieder sind häufig auch angehende Rentner“, so Reuter. Gemeinsam mit der Ortsgruppe Bissingen wurde ein Wanderstammtisch eingerichtet, sodass Kontakte mit nicht mehr aktiv wandernden Mitgliedern gepflegt werden können. In der Ortsgruppe Bietigheim wird zur Zeit eine Fusion mit der Ortsgruppe Bissingen vorbereitet. „Dadurch hoffen wir, die Vereinsarbeit für die kommenden Jahre auf eine solide Basis zu stellen“, sagt Reuter.

 
 
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