Seit April ist Frank Rebmann einer von zwei Generalstaatsanwälten in Baden-Württemberg. Der 57-jährige Mundelsheimer ist damit ranghöchster Strafverfolger im württembergischen Landesteil. „Justiz ist für mich Berufung“, sagt der Vater von drei Kindern, der auch über 22 Jahre in Ingersheim gelebt hat und mittlerweile im Kreis Heilbronn lebt.
Kreis Ludwigsburg Neuer Generalstaatsanwalt kommt aus Mundelsheim
Frank Rebmann ist seit April einer von zwei Generalstaatsanwälten in Baden-Württemberg. Der BZ verrät er, warum er für das Strafrecht brennt.
Nach Studium und Referendariat wollte Rebmann Zivilrichter am Landgericht werden. Doch dann nahm seine Karriere einen anderen Lauf. Zunächst wurde er Staatsanwalt in Heilbronn. Nach einer Station im Justizministerium, bei der er sich unter anderem als Referatsleiter mit der Grundbuchamts- und Notariatsreform befasste, übernahm Rebmann 2010 zunächst kommissarisch die Leitung der Staatsanwaltschaft Heilbronn. 2011 wurde er dort zum Leitenden Oberstaatsanwalt ernannt. 2020 kehrte er als Abteilungsleiter an das Justizministerium zurück. Im April 2024 wurde er zum Generalstaatsanwalt berufen. „Ich habe nie Karriereplanung betrieben, das haben letztlich andere für mich gemacht“, sagt Rebmann: „Ich möchte die mir übertragene Aufgabe bestmöglich ausfüllen.“
Ein Spiegelbild der Gesellschaft
Rebmann brennt für das Strafrecht. Es ist „ein Spiegelbild des gesellschaftlichen Zusammenlebens“, sagt er. Sich für den demokratischen Rechtsstaat einzusetzen, sodass die Gesellschaft friedlich zusammenleben könne, ist für ihn „ungemein sinnstiftend“. Das sei auch die Rückmeldung, die er von jüngeren Kollegen bekomme.
Sich um den Führungskräftenachwuchs zu kümmern, ist für Rebmann eine der wichtigsten Aufgaben. „Wir können nicht mit Geld locken“, sagt er. Aber von der guten Teamarbeit bei der Staatsanwaltschaft seien viele begeistert. Der 57-Jährige möchte dafür sorgen, dass es dort auch künftig ein Team von hoch qualifizierten Mitarbeitern gibt, „bei dem sich alle gegenseitig unterstützen und wohlfühlen“, sagt Rebmann. In den ersten sechs Monaten war er viel in seinem Bezirk unterwegs, um die Kollegen kennenzulernen und sich auszutauschen.
Sein Team bei der Generalstaatsanwaltschaft besteht aus 42 Köpfen – darunter 25 Staatsanwälte. Im württembergischen Landesteil arbeiten insgesamt über 1000 Kolleginnen und Kollegen, davon 400 Staatsanwälte. Im vergangenen Jahr haben diese über 310.000 Verfahren gegen bekannte Täter ermittelt. Nicht gezählt wurden dabei die Verfahren gegen unbekannte Täter. Hinzu kommt eine ähnlich hohe Fallzahl im badischen Landesteil. „Jeder Staatsanwalt muss eine hohe Schlagzahl bringen“, sagt Rebmann. Dabei seien die Fälle vielfältig, vom kleinen Ladendiebstahl bis hin zu brutalen Tötungsdelikten. Auch der Zeitdruck sei oft erheblich.
Ist das Land noch sicher?
Rebmanns Behörde fungiert als Dienstaufsichtsbehörde für alle acht Staatsanwaltschaften. „Wir stellen die Qualität der Arbeit sicher“, sagt Rebmann. Dabei geht es darum, auf die Gleichmäßigkeit der Arbeit der Staatsanwaltschaft hinzuwirken.
„Oft weiß man nicht, was der nächste Tag bringt – aber das ist das, was Spaß macht“, beschreibt Rebmann seinen Arbeitsalltag. Und wann ist er das letzte Mal als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gewesen? „Ich habe den Gerichtssaal das letzte Mal vor über 20 Jahren von innen gesehen“, sagt er und lacht. Schon als Leitender Oberstaatsanwalt in Heilbronn fehlte ihm dazu die Zeit.
Die Generalstaatsanwaltschaft in Stuttgart führt in eigener Zuständigkeit Terrorismusverfahren, zum Beispiel gegen islamistische oder rechtsextreme Terroristen wie etwa aktuell die Reichsbürgerverfahren. „Das sind Verfahren, für die der Generalbundesanwalt grundsätzlich zuständig ist“, erklärt Rebmann. Dieser könne Verfahren minderer Bedeutung an die örtlich zuständigen Generalstaatsanwaltschaften am Sitz der Hauptstadt abgeben. So seien zum Beispiel Verfahren aus dem Komplex um Prinz Reuß an Rebmanns Behörde übertragen worden. „In dem Zusammenhang führen wir hier Verfahren und klagen an, wenn die Ermittlungen einen hinreichenden Tatverdacht ergeben haben“, sagt er.
28 Prozent mehr Verfahren als früher
Ist Baden-Württemberg unsicherer geworden? „Baden-Württemberg gehört immer noch zu den sichersten Ländern in Deutschland“, sagt Rebmann. Dazu würden Polizei und Justiz maßgeblich beitragen, dass es so bleibt. Doch was man nicht verhehlen könne: „Die Zahl der Straftaten und die Zahlen der Verfahren bei den Staatsanwaltschaften haben spürbar zugenommen.“
In den vergangenen Jahren habe es 28 Prozent mehr Verfahren als vorher geben. Treiber sind Rebmann zufolge vor allem Delikte der Hasskriminalität. „Das liegt an der zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft“, ist er überzeugt. Auseinandersetzung würden immer weniger sachlich ausgetragen und immer öfter emotional, beleidigend oder sogar mit Gewalt. Außerdem habe Kinderpornografie massiv zugenommen. Auch Geldwäsche-Verfahren gebe es mehr als früher. Immer mehr Fällen würden von Kindern begangen, die jünger als 14 Jahre sind. Das findet Rebmann erschreckend, auch wenn die Arbeit der Staatsanwaltschaften in solchen Fällen schnell beendet sei, da die Kinder nicht strafmündig sind. Dass die Altersgrenze bei 14 Jahren liegt, sei vor rund hundert Jahren willkürlich festgelegt worden. Rebmann würde es begrüßen, diese Grenze wissenschaftlich zu hinterfragen. „Das Thema Jugendstrafrecht hat mich ein Stück weit immer begleitet“, sagt Rebmann. Im Justizministerium setzte er sich für die Einführung, Verbreitung und finanzielle Ausstattung von Häusern des Jugendrechts ein.
Generell geht es im Strafrecht darum, Straftäter wieder zu vollwertigen und sich an das Gesetz haltende Mitglieder der Gesellschaft zu machen. Dazu biete das Recht ein vielfältiges Instrumentarium, das viele Umstände berücksichtige. „Der unbelehrbare Intensivtäter muss die ganze Härte des Gesetzes spüren“, sagt Rebmann. Im Gegensatz dazu stünde bei Ersttätern die Abwägung im Vordergrund.
Steigende Fallzahlen, weniger Fachkräfte – braucht es Reformen in der Justiz? „Strafrecht, Sicherheit und Schutz des demokratischen Rechtsstaats darf es nicht nach Kassenlage geben“, sagt Rebmann. Reformen dürften nicht danach getroffen werden, dass etwas billiger wird.
„Nicht der richtige Weg“
Entlasten Gesetzesänderungen wie die Legalisierung von Cannabis die Justiz? „Die Umsetzung war aus meiner persönlichen Sicht nicht der richtige Weg“, sagt Rebmann. Die Freimengen seien so groß, dass sich Händler dahinter verstecken könnten. Er kritisiert auch die Umsetzung: In den ersten Monaten nach der Freigabe hätten sich die Leute, die legal konsumieren wollten, Cannabis eigentlich nur auf dem Schwarzmarkt beschaffen können. „Ein Förderprogramm für den Schwarzmarkt“, findet der Generalstaatsanwalt. Ob sich das künftig ändert, müsse sich noch zeigen. Die Gesetzesänderung als Gesundheitsschutz zu deklarieren, sieht Rebmann angesichts zahlreicher psychotischer Folgeerkrankungen als problematisch an. „Mit dem Herauslösen aus dem Betäubungsmittel-Strafrecht, hat man uns Ermittlungsinstrumente genommen, da hat man uns einen Bärendienst erwiesen“, sagt der Generalstaatsanwalt.
Bei der Einführung der Elektronischen Akte ist Baden-Württemberg vorne mit dabei. Nur der Strafbereich sei noch ein Stück herausgenommen aufgrund gesetzlicher Grundlagen. Bis zum 1. Januar 2026 müssen alle Gerichte und Staatsanwaltschaften voll elektronisch arbeiten. „Dazu gibt es keine Alternative“, ist Rebmann überzeugt, der die E-Akte schon aus dem Justizministerium kennt: „Das ist ein sehr angenehmes Arbeiten. Dass ich darauf hier noch etwas warten muss, ist vielleicht ein kleiner Tropfen Wasser in den schönen Wein.“