Stolbur“ nennt sich die Pflanzenkrankheit, die dafür sorgt, dass Kartoffeln, Zuckerrüben und Co. weich wie Gummi werden. Viele Gemüsekulturen sind dann ungenießbar. Das macht einigen Landwirten heftig zu schaffen – auch im Kreis Ludwigsburg. Denn die Pflanzenkrankheit sorgt für massive Ernteausfälle, besonders im Südwesten sind in den vergangenen Wochen einige Fälle aufgefallen, in denen es für Kartoffel- und Gemüsebauern sogar teilweise zum Totalausfall kam.
Kreis Ludwigsburg Pflanzenkrankheit Stolbur gefährdet die Ernte
Die Pflanzenkrankheit Stolbur wird von Zikaden übertragen und lässt unter anderem Kartoffeln weich werden. In der Vergangenheit gab es bereits Fälle im Landkreis Ludwigsburg.
Übertragen wird die Pflanzenkrankheit durch ein Bakterium (sogenannte Phytoplasmen) namens Candidatus Phytoplasma solani. Es wird durch eine Zikadenart, nämlich durch die Schilf-Glasflügelzikade (SGFZ), von Pflanze zu Pflanze übertragen, indem das Insekt an ihnen saugt. Weiterhin gibt es das Syndrom der niedrigen Zuckergehalte (Syndrome Basses Richesses, kurz SBR), bei dem die befallene Kultur einen teils deutlich verringerten Zuckergehalt erreicht. Diese Krankheit wird ebenfalls von Zikaden übertragen.
Die BZ hat beim Landratsamt Ludwigsburg nachgefragt, ob die Pflanzenkrankheit schon im Kreis festgestellt wurde, und sich weiterhin mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Bauernverbandes Heilbronn-Ludwigsburg, Michael Kinzinger, unterhalten.
Symptome treten erst später auf
Von Fällen der Krankheit in Zuckerrüben und Kartoffeln könne man aktuell noch nicht direkt sprechen, da die klassischen Symptome der Krankheit Stolbur erst im Spätsommer/Frühherbst auftreten, so der Pressesprecher des Landratsamtes, Dr. Andreas Fritz. Aktuell stehe die Beobachtung der SGFZ im Fokus. „Hierzu wurden Leimtafeln in Zuckerrübenbeständen aufgestellt, um den Zuflug der Zikaden zu beobachten, die tief im Boden der Flächen überwintert haben, auf denen im Vorjahr Rüben standen“, sagt Fritz.
Die ersten Fänge habe es im Kreis ab Mitte Mai gegeben und inzwischen wurden sie an vielen Standorten nachgewiesen. Die Fänge werden auf ISIP.de (Informationssystem integrierter Pflanzenschutz) eingegeben, dort erhalten dann die Landwirte einen Überblick. Als Laie könne der Befall der Zuckerrüben mit Stolbur-Phytoplasmen ab Ende August/Anfang September gut erkannt werden.
Die Zuckerrübenkrankheit SBR tritt bereits seit circa 2017 im Kreis Ludwigsburg auf. Erstmals habe die Krankheit Stolbur 2023 an Zuckerrüben und Kartoffeln deutliche Schäden verursacht. „Der Erreger an sich, ebenso die Zikade, sind schon länger bekannt. Jedoch waren die Schäden durch Stolbur in den vergangenen zwei Jahren erstmals so deutlich“, erklärt Fritz. Die Schäden zeigen sich beispielsweise bei den Zuckerrüben anhand von deutlich geringeren Erträgen und geringerem Wasserhaltevermögen, was die Rüben weich und gummiartig werden lässt sowie die Ernte, die Lagerung und die Verarbeitung erschwert. „Die Symptome waren in den vergangenen zwei Jahren an den Zuckerrüben spätestens Ende August, besonders aber Anfang September zu sehen“, so Fritz. Das Ergebnis seien Rübenpflanzen, deren Blätter platt am Boden liegen und vertrocknen. Ganze Äcker sehen dann braun und tot aus.
Einige Flächen massiv betroffen
Laut dem stellvertretenden Vorsitzenden des Bauernverbandes Heilbronn-Ludwigsburg, Michael Kinzinger, seien 2024 besonders in Richtung Vaihingen Stolbur-Fälle aufgefallen. „Einige Flächen sind massiv betroffen, andere gar nicht“, sagt er. Nicht nur Zuckerrüben und Kartoffeln, auch Kohlrabi, Zwiebeln und andere Gemüsearten werden von Zikaden angegriffen. „Bei den Zuckerrüben und Kartoffeln lassen sich aber die größten Schäden feststellen.“
Immer dann, wenn Pflanzen im Stress seien, beispielsweise aufgrund von Trockenheit, seien sie anfälliger für Schädlinge, erklärt er. Auf seinem eigenen Bauernhof hat Kinzinger aufgrund des Befalls aufgehört, Zuckerrüben anzubauen. Seiner Aussage nach bleibe nur abzuwarten, wie sich das Thema entwickelt. Es komme nun vor allem darauf an, ob das vor Kurzem durch Notfallzulassungen zugelassene Insektizid Wirkung zeige. Weiterhin erklärt er, dass einige Landwirte versuchen würden, ihre Kartoffeln mit Netzen abzudecken, um sie so vor den Zikaden zu schützen.
Von dieser Netzabdeckung berichtet auch Andreas Fritz vom Landratsamt. Weiterhin erklärt der Pressesprecher, dass der Befall durch Stolbur-Phytoplasmen zwar nicht direkt behandelt werden könne, das neue Insektizid die Zikade aber bekämpfen könnte. Die amtliche Freigabe des Mittels im Kreis Ludwigsburg erfolgte am 23. Mai.
Das Landratsamt vermutet, dass in Zukunft eine Kombination aus diesen per Notfallzulassung zugelassenen Insektiziden und aus mehreren Maßnahmen greifen muss, damit sich die Landwirte in Zukunft absichern können.
2025 sei das erste Jahr, in dem überhaupt und flächendeckend Insektizide gegen Zikaden ausgebracht werden können. Aktuell sei daher kaum abschätzbar, wie sich die Problematik entwickelt. Es bleibe zu hoffen, dass mit der Eindämmung des Überträgers auch der Befall mit Stolbur-Phytoplasmen und somit der Schaden an den Kulturpflanzen minimiert werden könne, sagt Fritz. Ab Herbst dieses Jahres werde man mehr darüber wissen.