Kreis Ludwigsburg Pflegeausbildung: Vertiefung statt Spezialisierung

Von Petra Neset-Ruppert
Mit der Einführung der generalistischen Pflegeausbildung soll dem Fachkräftemangel begegnet werden. Kritiker erklären, dass das neue Gesetz nicht mehr Menschen in die Pflege bringt. Foto: dpa/Marijan Murat

Tobias Sonntag von der Berufsfachschule für Pflege der RKH-Kliniken im Kreis Ludwigsburg erklärt weshalb es zu früh ist die Änderung der Ausbildung zu kritisieren.

Dass gerade im Pflegebereich ein großer Fachkräftemangel herrscht, ist schon seit Jahren ein Thema. Der Frage wie man diesem Problem begegnen kann, stellte man sich auf unterschiedliche Weise. So wurde 2020 die Pflegeausbildung angepasst. Mit dem geänderten Pflegeberufegesetz wurden die bisherigen Berufsausbildungen der Gesundheits- und Krankenpflege, der der Gesundheits- und Kinderpflege sowie der Altenpflege zusammengeführt.

Durch die generalistische Ausbildung sollen die Fachkräfte „Menschen aller Altersgruppen in allen Versorgungsbereichen“ pflegen können, so das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Gesundheitsexperten kritisieren, dass diese Umstrukturierung nicht zu mehr Personal in der Pflege führe und dass die fehlende Spezialisierung dazu führe, dass zum Beispiel in der Pädiatrie der Fachkräftemangel sich verstärke, weil die Spezialisierung der neuen Ausbildung nicht ausreiche.

Die BZ hat mit der Berufsfachschule für Pflege RKH-Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gesprochen und gefragt wie es im Kreis mit der neuen Pflegeausbildung bisher angelaufen ist. Noch bietet die Pflegeschule die Spezialisierung für die Pädiatrie nach dem alten Gesetz an. „Wie lange es das noch geben wird, wissen wir nicht. Vom Gesetzgeber findet dazu eine Evaluierung statt und danach wird entschieden, wie es 2025 damit weitergeht oder eben nicht“, sagt Tobias Sonntag, stellvertretender Schulleiter, der Pflegeschule, die seit diesem Jahr in Kornwestheim ist.

Startprobleme beim Studium

Der Studiengang angewandte Gesundheits- und Pflegewissenschaften sei nur langsam angelaufen. Erst seit diesem Jahr gibt es an der Berufsfachschule für Pflege Studierende. Bei dem Studienangebot kooperiert die RKH-Pflegeschule mit der DHBW. „Die Finanzierung erschwerte den Start am Anfang“, so Sonntag.

Der stellvertretende Schulleiter versteht, woher die Kritik mancher Gesundheitsexperten kommt: „Natürlich ist die Praxis interessiert, fertige Leute zu bekommen.“ Gerade sei jedoch noch alles im Ausbau.

Mit der 2020 eingeführten Pflegeausbildung findet eine Vertiefung im dritten Ausbildungsjahr statt. Dann sind die Auszubildenden vermehrt in ihrem Bereich in der Praxis im Einsatz, um so das Wissen zu vertiefen. „Dann müssen nach dem Abschluss in der Praxis noch weitere Qualifizierungen dazukommen“, erklärt Sonntag.

Er hofft, dass sich das Studium noch weiter etablieren wird. „Und dann werden wir sehen wie sich auch die Zahlen der Auszubildenden entwickeln.“ 70 Personen haben in diesem Schuljahr an der Berufsfachschule für Pflege der RKH-Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim ihre Pflegeausbildung begonnen. Die Schülerzahlen steigen laut Sonntag jährlich an.

Bei all der Kritik, dass durch das neue Gesetz der Fachkräftemangel nicht zu beheben sei, stellt Sonntag die Frage: „Was ist die Alternative? Ein Zurück zu dem wie es bisher war, sehe ich nicht. Die Akademien müssen sehen, wie wir die Menschen nachqualifizieren.“

Mit der geänderten Pflegeausbildung seien die Absolventen nun breiter aufgestellt. Denn zu der Arbeit in der Pflege gehört eine Bandbreite an Aufgaben, die eben über die Gabe von Tabletten und Hygiene weit hinausgehen.

So gilt es für die Fachkräfte zum Beispiel, das Pflegebild für den jeweiligen Patienten zu erkennen und Pflegeprozesse für die Patienten oder Bewohner zu erstellen. „Die Pflegefachkraft braucht hier einen pflegerischen Blick auf die verschiedenen Altersgruppen“, sagt Sonntag, denn ob der Patient nun drei, 30 oder 90 Jahre alt ist, macht für die Arbeit einen großen Unterschied. Schulleiter Sonntag hofft, dass die Pflegeausbildung durch die verschiedenen Formen attraktiv für verschiedene Bewerber ist. An der Berufsfachschule für Pflege gibt es zum Beispiel auch die Möglichkeit der Teilzeitausbildung. Alle zwei Jahre startet ein neuer Ausbildungskurs. Mittlerweile ist bereits der vierte Teilzeitkurs gestartet. Statt drei, dauert die Pflegeausbildung in Teilzeit dann vier Jahre. Auch damit wolle man Bewerber ansprechen, die man über die Vollzeit-Ausbildung nicht erreichen würde.

Job nach der Ausbildung

„Die Abbruchquoten in der Pflegeausbildung sind auch nicht anders als in anderen Ausbildungsbranchen. Da kommt dann jemand zum Beispiel dann nicht mehr der Struktur im Betrieb zurecht, das hat dann aber nichts mit der neuen Ausbildung zu tun“, stellt Sonntag klar.

Dafür sei der Vorteil der Pflegeausbildung, dass die Übernahme eigentlich immer gesichert ist. „Alle, die bei uns angestellt sind, werden auch übernommen und können sich in der Regel aussuchen, wohin sie möchten“, sagt Sonntag mit Blick auf die Auszubildenden der RKH-Kliniken.

 
 
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