Kreis Ludwigsburg RKH-Kliniken im Sturm auf schwerer See

Von Jörg Palitzsch
2024 betrug das Minus der RKH-Kliniken 56,4 Millionen Euro, 2025 werden es 49,3 Millionen Euro sein. Foto: /Foto: Helmut Pangerl

Die Geschäftsführung will neben einer Kostenreduktion auch eine Personal- und Wachstumsstrategie verfolgen. 

Der frühere Freiberger Bürgermeister und FW-Kreisrat Dirk Schaible bediente sich in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses des Kreises aus dem reichhaltigen Vokabular der Seefahrt. Die Klinken würden sich bei Sturm und hohem Wellengang in schwerer See befinden. Die Mannschaft auf der Brücke, sprich die Geschäftsführung, wurde ausgetauscht, die Beschäftigten im Maschinenraum seien noch nicht komplett von Bord gegangen. Nun müsse man das Schiff wieder dicht bekommen und auf einen neuen Kurs bringen, so Schaible.

Anlass für die bildhafte Darstellung war die Beschlussfassung für die Unternehmensplanung der RKH-Kliniken für das Jahr 2025, die Geschäftsführer Dr. Marc Nickel im Gremium vorstellte. Dabei hielt er sich kurz und knapp – welch ein Unterschied zu früheren Vorträgen über die Kliniken mit ihren zahlreichen Folien und Durchhalteparolen.

Ganze Misere der Kliniken

Nickel zeigte in seiner ersten Folie die ganze Misere der Klinken auf. 2022 lag das bereinigte Ergebnis noch bei 23,9 Millionen Euro, darin enthalten Sondereffekte, unter anderem die Coronabeihilfen, in Höhe von 19 Millionen Euro. 2024 betrug das Minus 56,4 Millionen Euro, 2025 werden es 49,3 Millionen Euro sein.

Aber Marc Nickel und Geschäftsführer Axel Hechenberger, Kaufmännischer Geschäftsführer, wollen strategisch gegen den Untergang des Schiffes namens Kliniken vorgehen. Anhand einer Stabilisierung der Ertragsseite und durch Reduzierungen bei der Aufwandsseite sollen die Kliniken wieder genügend Wasser unter den Kiel bekommen. Zusätzlich werden die Führungsstrukturen neu ausgerichtet und notwendige Funktionen aufgebaut.

Gleichzeitig sei Wachstum notwendig, um die extern bedingten Kostensteigerungen zu kompensieren. Nur so könne man die wirtschaftlichen Ziele erreichen. Auf einer zweiten Folie war das Auseinanderklaffen der Kosten- und Erlösschere zu sehen, die mit Konsolidierung und Wachstum bis Mitte 2028 wieder geschlossen sein soll. „Man muss sparen und investieren, wo es sinnvoll ist“, so Nickel.

Harsche Kritik

Harsche Kritik übte CDU-Kreisrat Karl-Heinz Schlumberger an der Vorgänger-Geschäftsführung von Nickel. Vor zwei Jahren habe man die Situation der Kliniken noch sehr positiv dargestellt, „und im Kreistag hat man es geglaubt.“

Man habe keinen Handlungsbedarf gesehen, dies sei aber nur durch die Coronahilfen kaschiert gewesen. Der Klinikbereich gehöre komplett umgekrempelt und dazu benötige man keine One-Man-Show. Dirk Schaible und Jochen Eisele (FDP) betonten, die Kommunen könnten über die Kreisumlage jedoch nicht ewig für das Defizit der Kliniken aufkommen. „Solche Summen sind wir nicht gewohnt, da läuft die Uhr“, so Schaible. 50 Millionen Euro Defizit könne man sich nicht leisten. „Sie müssen liefern“, forderte Eisele.

Vaihingen wird 2026 geräumt

In der Unternehmensplanung wurden die Auswirkungen der Krankenhausreform nicht berücksichtigt, da diese erst ab 2026 wirksam werden. Nach Meinung von Marc Nickel werde diese Reform jedoch eine große Dynamik in den Markt bringen. Es werde zu einer Umverteilung kommen, deshalb müsse man mit attraktiven Angeboten die Hand heben. Der immer wieder vorgebrachten Idee einer Zentralklinik im Landkreis, stellte er in Frage. Man habe im Landkreis einen Versorgungsauftrag für 530.000 Einwohner, „reicht da eine Zentralklinik aus?“

Wie es in den einzelnen Kliniken aussieht, zeigte der Bericht. Beim Klinikum Ludwigsburg liege die höchste Priorität auf der schrittweisen Modernisierung und Sanierung im Bettenbereich. Im Rahmen der Konzentration der Investitionsvorhaben und strategischen Konsolidierung wurde die Sanierung der psychiatrischen Stationen (7,8 Millionen Euro) vorerst ausgesetzt, da Abhängigkeiten vom künftigen medizinischen Konzept diesen Schritt notwendig machten. Der geplante Neubau des „Ambulanten-/Beratungszentrums Harteneckstraße/Meiereistraße“ für rund 18 Millionen Euro wurde ebenfalls gestoppt. Für das Krankenhaus Bietigheim-Vaihingen, Standort Bietigheim, wurde aufgrund der Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Krankenhausreform die Umsetzung des Neubaukonzeptes gestoppt.

Der Standort Vaihingen soll im Laufe des Jahres 2026 geräumt werden. Sobald ein belastbarer Auszugsplan des Simulationszentrums vorliegt, soll der Standort vermarktet werden. Und für den Standort Marbach wird die Anpassung des Bebauungsplanes angestrebt. Nachdem die Kosten der Erschließung überschlägig ermittelt wurden, habe sich gezeigt, dass die ursprünglichen Ziele wirtschaftlich nicht realisierbar seien.

820.000 Euro Planungskosten

Seit 2016 wird an unterschiedlichen Zielen für die Standortentwicklung gearbeitet, dadurch sind rund 820.000 Euro an Planungs- und Projektkosten entstanden. Auf der Ausgabenseite sind für die medizinische Ausstattung mehrere Beschaffungen geplant, darunter der Ersatz zweier Linearbeschleuniger sowie zweier Computertomografiegeräte. Dadurch entsteht ein Investitionsvolumen von mehr als 16 Millionen Euro, wobei überwiegend Fördermittel eingesetzt werden.

Bei allem brauche es motivierte Beschäftigte, die man an der künftigen Ausrichtung der Kliniken beteiligen wolle, versprach Geschäftsführer Marc Nickel. „Sonst sind die Herausforderungen nicht zu stemmen.“

 
 
- Anzeige -