Kreis Ludwigsburg Schülerlotsen: Unterwegs mit Warnweste und Kelle

Von Claudia Mocek
Nicht nur in der dunklen Jahreszeit können Schülerlotsen für  einen sicheren Schulweg sorgen. Foto: dpa/Jörg Carstensen

Die ersten Schülerlotsen machten sich im Januar 1949 in Kornwestheim an die Arbeit. Derzeit gibt es in der Region rund 35 Verkehrshelfer. Was sie tun, wie sie ausgebildet werden und warum es sie nur an einigen Schulen gibt – die BZ hat nachgefragt.

Sie sorgen dafür, dass Schulkinder an gefährlichen Straßenübergängen sicher in die Schule kommen. Die Rede ist von Verkehrshelfern oder Schülerlotsen, die seit 70 Jahren in Deutschland aktiv sind – in Kornwestheim starteten sie sogar schon vier Jahre früher.

Als der Startschuss für die Schülerlotsen in Deutschland am 14. Januar 1953 fiel, waren Schülerinnen und Schüler in Kornwestheim schon seit 10. Januar 1949 als Verkehrshelfer im Einsatz. Die Idee dazu hatte der Direktor der dort ansässigen Schuhfabrik von einer Reise aus den USA mitgebracht.

1000 Schülerlotsen im Einsatz

„Der Schülerlotsendienst ist ein wichtiger Baustein für mehr Kinderschutz im Straßenverkehr“, heißt es in einer Mitteilung der Deutschen Verkehrswacht Baden-Württemberg. Denn ihre Aufgabe würden die jungen Menschen bis heute erfolgreich meistern: Laut der Verkehrswacht ist es noch nie zu einem schweren oder tödlichen Unfall an einer von Verkehrshelfern gesicherten Stelle gekommen.

Bundesweit sichern heute etwa 50 000 Verkehrshelfer gefährliche Übergänge. In Baden-Württemberg setzen sich etwa 1000 Schülerinnen und Schüler für einen sicheren Schulweg ein.

Ab dem 13. Lebensjahr und dem Besuch der 7. Klasse können sie sich zum Verkehrshelfer schulen lassen. Die Ausbildung findet durch die Polizei und die örtlichen Verkehrswachten statt. Auf dem Stundenplan stehen dabei nicht nur Regeln aus der Straßenverkehrsordnung, sondern auch Umgangsformen für ein verständnisvolles Miteinander.

„Im Landkreis Ludwigsburg gibt es rund 35 Schülerlotsen – vor allem in der Stadt Ludwigsburg“, sagt Jutta Kuhn von der Kreisverkehrswacht. In anderen Städten und Gemeinde habe sie mit verschiedenen Schulen gute Gespräche geführt, doch bisher sei dabei nichts herausgekommen, bedauert sie. Denn die Schülerlotsen seien „ein tolles Projekt“, sagt Kuhn. Die Schule müssen lediglich den Einsatz der Verkehrshelfer koordinieren oder jemanden beauftragen, der das für sie übernimmt. Die Ausstattung mit reflektierender Kleidung und der Winkerkelle sowie Infomaterialien erfolge durch die Verkehrswacht. Finanziert wird die Ausstattung laut Mitteilung maßgeblich vom Verband der Automobilindustrie.

Ausflug nach Tripsdrill

Einmal im Jahr wird ein Ausflug für die Schülerlotsen nach Tripsdrill organisiert, außerdem könnten die jungen Verkehrshelfer an einem Landes- und – bei entsprechendem Erfolg – auch am Bundeswettbewerb teilnehmen.

Die Schülerlotsen würden für das Thema Verkehrssicherheit sensibilisiert, erlebten sich als selbstwirksam und verantwortungsvoll. Aber auch der Spaß käme nicht zu kurz, betont Kuhn. Einige der Schülerinnen und Schüler würden darüber hinaus auch in andere Projekten der Verkehrssicherheit einsteigen, wenn sie zum Beispiel bei der Verkehrserziehung von jüngeren Kindern Wimmelbilder mit richtigem und falschem Verhalten im Straßenverkehr anschauen. „Wir haben festgestellt, dass Kinder und Jugendliche andere Kinder ganz anders erreichen als Erwachsene“, sagt Kuhn, die auch an Schulen Verkehrsunterricht erteilt.

An der Ganerbenschule in Bönnigheim gibt es zwar keine Schülerlotsen, sagt Rektor Uwe Schäfer. Aber in einer Projektwoche hätten sie versucht, einen Bus auf Beinen zu organisieren – Gruppen von Schülerinnen und Schülern, die sich an verschiedenen „Haltestellen“ treffen und gemeinsam zur Schule laufen. Damals seien schon Fahrscheine und Bushaltestellen gebastelt worden.

Doch so richtig in die Umsetzung sei der Bus auf Beinen leider nie gekommen, „der letzte Schub hat gefehlt“, bedauert er. „Das wäre ein großer Vorteil, um die Kinder für das Thema Verkehr zu sensibilisieren und ihre Kompetenz zu stärken“, sagt Schäfer. Vor allem auch als Alternative zu den Elterntaxis, die in Bönnigheim aufgrund von verkehrswidrigem Verhalten ein „Riesenproblem“ seien. Doch Schäfer vermutet, dass sich Kindergruppen für den Bus auf Beinen bereits im Kindergarten zusammenfinden müssten. „An den weiterführenden Schulen ist es fast zu spät“, sagt Schäfer, der jedoch froh ist über die Verkehrserziehung, die Kreisverkehrswacht an der Schule stundenweise erteilt.

Auch an der Bissinger Waldschule ist das Verkehrsproblem aufgrund der Elterntaxis groß, sagt Schulleiter Markus Nutz. Es habe schon den Versuch gegeben, dass Eltern andere Eltern morgens vor der Schule auf dieses Thema angesprochen hätten, doch diese seien zum Teil angegangen worden. „Ich könnte mir vorstellen, dass man das den Kindern als mögliche Schülerlotsen vielleicht nicht zumuten will“, sagt Nutz.

Früher gab es zwei „Busrouten“

Der Bus auf Beinen sei „eine sehr gute Sache“, sagt Nutz. Früher habe es an der Waldschule auch zwei „Busrouten“ gegeben, über die bei der Schulanmeldung informiert worden sei. Aber mit der Pandemie sei das Projekt wieder eingeschlafen. Nutz hat den Eindruck, dass Corona das Sicherheitsbedürfnis bei manchen Eltern noch verstärkt habe.

An der Gemeinschaftsschule am Sonnenfeld in Sachsenheim wurde in verschiedenen Gremien über Schülerlotsen diskutiert, sagt Schulleiter Bernhard Dietrich. An dem Zebrastreifen vor der Schule sei zwar schon ein Unfall passiert, jedoch außerhalb der Schulzeit, weshalb man sich gegen den Einsatz von Schülerlotsen entschieden habe. Die Eltern würden für das Thema Verkehrssicherheit vor der Schule sensibilisiert, um die Gefahren in Stoßzeiten zu verringern. „Es gibt viele vernünftige Eltern“, sagt Dietrich. Die Schülergruppen, die gemeinsam zur Schule laufen, würden sich selbst organisieren.

 
 
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