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Kreis Ludwigsburg Streit um den Einkauf am Sonntag
Ob voll automatisierte SB-Läden wie Tante M an Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen, ist umstritten. Ein Gerichtsurteil aus Hessen gibt den Gegnern jetzt Rückenwind.
ante M“ ist ein Erfolgskonzept. Das Franchise-Unternehmen von der Schwäbischen Alb eröffnet überall dort voll automatisierte Supermärkte, wo sich klassische Einzelhändler aus dem Geschäft zurückziehen oder sich der Standort für eine der großen Ketten nicht lohnt. Wirtschaftlich möglich wird das dadurch, dass der Kunde seine Waren selbst aus dem Regal nimmt, an der Kasse scannt und bezahlt. Das können die Käufer dafür von 5 bis 23 Uhr, auch an Sonn- und Feiertagen.
Und sie machen offenbar gerne davon Gebrauch: 45 „Tante-M“-Läden hat die Firma laut Website bislang in Baden-Württemberg eröffnet. Weitere 31 sind in Planung, eine davon könnte einer im Sachsenheimer Teilort Häfnerhaslach entstehen. In Oberriexingen, Kleiningersheim, Hessigheim sowie Höpfigheim und Kleinbottwar gibt es bereits „Tante-M“-Filialen.
Festhalten an Sonntagsruhe
Was es aber auch schon länger gibt: Kritik. Die entzündet sich vor allem an den Sonntags- und Feiertagsöffnungszeiten der Selbstbedienungsläden. In Baden-Württemberg pocht vor allem der regionale Ableger der „Allianz für den freien Sonntag“ darauf. Hinter dem sperrigen Namen steckt ein Zusammenschluss von evangelischer und katholischer Kirche sowie der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und dem Deutschen Gewerkschaftsbund.
Bereits im vorigen Jahr hatte diese „Sonntagsallianz“ vom Land gefordert zu überprüfen, ob die Öffnungszeiten der „Tante-M“-Läden rechtlich zulässig sind. Im Januar erneuerte sie die Forderung. Anlass dafür war ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH).
Der hatte entschieden, dass in Hessen auch automatisierte SB-Läden dem regulären Ladenschluss unterliegen. Geklagt hatte die Stadt Fulda gegen die Firma „Tegut“, die in Hessen unter dem Label „teo“ rund 30 Selbstbedienungsgeschäfte unterhält. Mit ihrer Klage wollte die Stadt Rechtssicherheit bei den erlaubten Öffnungszeiten erreichen.
Der VGH begründete das Urteil damit, dass es sich bei den „teo“-Filialen um Verkaufsstellen im Sinne des hessischen Ladenöffnungsgesetzes handele. Somit müssten diese wie andere Geschäfte sonn- und feiertags geschlossen bleiben. Denn das Ladenöffnungsgesetz diene nicht nur dem Arbeitsschutz, sondern auch dem Schutz der Sonn- und Feiertage. Diese seien als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung zu schützen, wie es im Artikel 140 des Grundgesetz heißt. Der baden-württembergische Ableger der „Sonntagsallianz“ begrüßte den Richterspruch und bekräftigte seine Forderungen nach Einhaltung der Ladenöffnungszeiten auch für „Tante-M“-Läden. Wird sich Baden-Württemberg der Rechtsauffassung der hessischen Nachbarn nun anschließen?
Jochen Schwab bleibt gelassen. „Wir würden es begrüßen, wenn die Landesregierung zu dem Konzept steht“, sagt der Expansionsleiter von „Tante M“ und verweist darauf, wie die Politik in Hessen auf das VGH-Urteil reagiert hat. So kündigte die hessische Landesregierung aus SPD und CDU an, dass sie das Ladenöffnungsgesetz für voll automatisierte SB-Läden anpassen möchte. Zustimmung kommt auch von Grünen und FDP.
Ohne Sonntag unrentabel
Gar kein Verständnis für das Anliegen der „Sonntagsallianz“ hat Markus Buck. Er ist Franchise-Nehmer der fünf Tante-M-Filialen im Kreis. „Ich glaube nicht, dass die Läden rentabel sind, wenn sie an Sonn- und Feiertagen schließen müssen“, sagt Markus Buck. „Dann stirbt dieses Konzept und die Läden müssten auf Dauer schließen.“
Dabei gebe es mit „Tante M“ endlich ein Nahversorger-Konzept für den ländlichen Raum, das funktioniere und sogar nachhaltig und ökologisch sei, wie Buck betont. „Die Vorteile für alle überwiegen.“
Wenig einleuchtend findet Buck auch, dass andere Geschäfte sehr wohl sonn- und feiertags geöffnet sein dürfen, Tankstellen etwa. „Die haben in ihren Minimärkten auch ein ähnliches Angebot wie wir“, sagt Buck. „Das passt doch nicht zusammen.“
In Bayern seien die Ladenöffnungszeiten für SB-Märkte wie „Tante M“ besser geregelt, so Buck. „Wenn es da schon eine Regelung gibt, könnte unsere Landesregierung die doch einfach übernehmen“, findet er.
Rückendeckung bekommt Buck vom Handelsverband Baden-Württemberg (HBW). Der fordere eine Gleichbehandlung aller Einzelhändler, so HBW-Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann. Dazu zähle auch, „das Ladenöffnungsgesetz entsprechend anzupassen und reguläre Öffnungen an Sonn- und Feiertagen, wie sie in vielen anderen Ländern teilweise schon Realität sind, zu ermöglichen.“ Ob sich diese dann flächendeckend durchsetzen, sei aber fraglich. Nicht zuletzt auch wegen des Personalmangels.