Kreis Ludwigsburg „Täter werden immer jünger und gewaltbereiter“

Von Claudia Mocek
Unter anderem 19 Kinder haben laut Sicherheitsbericht der Polizei im Jahr 2024 ein Messer eingesetzt. Foto: Chromoorange//Jürgen Schott/Imago

Unter den Verdächtigen waren 2024 mehr Kinder und Jugendliche als im Vorjahr. Die Gewalt an Schulen stieg auf einen Höchststand.

Die Täter werden immer jünger und immer gewaltbereiter“, sagte der Leiter des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, Thomas Wild, am Freitag beim Pressegespräch zum aktuellen Sicherheitsbericht und zur Verkehrsunfallstatistik im Präsidium in Ludwigsburg. Die deutlichen Zuwächse in der Kriminalstatistik 2024 von +17 Prozent auf 42.518 Fälle betreffen alle Deliktsbereiche. Er stellte vor allem deutliche Zunahme an Rohheitsdelikten wie Körperverletzung und Bedrohung fest. Bei der politisch motivierten Kriminalität habe es im Wahljahr 2024 eine große Zunahme etwa beim Beschmieren oder Verbrennen von Wahlplakaten gegeben.

Kleinserien wie Graffiti, die etwa von einem Verein in Bietigheim-Bissingen und Kommunen öfter angezeigt wurden als früher, würden sich in der Statistik niederschlagen. Auch der Fall einer Fahrschule im Raum Vaihingen, bei der massenhaft falsche Bescheinigungen zur Erweiterung der Fahrerlaubnis ausgestellt worden waren, ohne dass ein theoretischer oder praktischer Unterricht erfolgt sei, wirkten sich auf die Zahlen aus.

Mit einer Aufklärungsquote von rund 65 Prozent liegt das Polizeipräsidium deutlich über dem Landesdurchschnitt, sagte Wild. Da es mehr Delikte gegeben habe, sei die Kriminalitätsbelastung zwar auf insgesamt 4452 Straftaten je 100.000 Einwohner gestiegen, bewege sich aber nach wie vor deutlich unter dem Landesschnitt von 5180 Straftaten je 100.000 Einwohner. „Wir leben in einem sicheren, kriminalitätsgeografischen Raum“, sagte Wild. Die Polizei habe herausragende Arbeit geleistet und Zweidrittel der Taten aufgeklärt.

„Der Ton wird rauer“

Die Zahl der Tatverdächtigen stieg deutlich um 3122 Personen (+17,3%). Der Anteil der Verdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit betrug 53,8 Prozent, ausländische Tatverdächtige stellten 2024 einen Anteil von 46,2 Prozent aller Tatverdächtigen, davon waren 28,9 Prozent Asylsuchende oder Geflüchtete.

„Der Ton wird rauer“, sagte Thomas Wild. Besorgniserregend findet er, dass die Täter immer jünger und gewalttätiger werden. Der Zuwachs lag bei den Jugendlichen bei +13 Prozent, bei Kindern bei +23 Prozent. Bei ihnen dominierten vor allem Körperverletzungen und Bedrohungen. Die Gewalt an Schulen stieg mit 281 Fällen auf den höchsten Stand der vergangenen zehn Jahre. 98,2 Prozent der erfassten Fälle konnten aufgeklärt werden. „Wir sind an den Schulen mit neuen Präventionsprodukten präsent“, sagte Andrea Glück von der Präventionsabteilung. Zum Thema Gewalt seien über 17.000 Schülern, zur Mediennutzung 12.000 Schüler erreicht worden.

Mehr Messerangriffe

Laut Wild hat die Gewalt gegen Polizei und Rettungskräfte kontinuierlich zugenommen und einen Höchststand im Zehn-Jahres-Vergleich erreicht. „Das macht mich sprachlos“, sagte er. Bei 524 Fälle (+37,9 Prozent) wurden 1368 polizeiliche Einsatzkräfte betroffen. 215 Menschen wurden dabei leicht, eine Person schwer. Erfreulich hingegen sei, dass die Gewalt gegen Rettungskräfte im vergangenen Jahr von 27 auf 21 Fälle zurückging (-22,2 Prozent). Doch auch dabei wurden acht Personen leicht verletzt.

Die Zahl der Messerangriffe erhöhte sich auf 222 Vorfälle (+21,3 Prozent). Etwas mehr als ein Drittel davon wurde im öffentlichen Raum begangen (35,1 Prozent). Während die Zahl der jugendlichen und heranwachsenden Tatverdächtigen im Berichtszeitraum abnahm, stieg die Zahl der tatverdächtigen Kinder von neun auf 19 (+111,1 Prozent). „Das erschreckt mich“, bewerte Wild den Anstieg. Das Messer wurde dabei vor allem als Drohmittel eingesetzt (52 Prozent der Fälle), dreimal sei es aber auch eingesetzt worden, sagte er. Es habe den Eindruck, als ob Kinder und Jugendlichen aufrüsten würden.

Das neue Cannabisgesetz habe dazu geführt, dass sich die Zahlen in der Kriminalitätsstatistik nahezu halbiert hätten (-42 Prozent). „Das bedeutet aber nicht, dass wir weniger Arbeit haben“, sagte Kriminaldirektor Dierk Marckwardt. Jugendliche dürften zwar weiterhin Cannabis nicht konsumieren, würden das aber selbst oft anders sehen. Das Cannabisgesetz gebe darüber hinaus viele Einschränkungen vor, die die Polizei prüfen müsse – etwa den Abstand zu Kindergärten und Schulen oder die Herkunft des Cannabis. Marckwardt bezeichnete das Gesetz als „Förderprogramm für den Schwarzmarkt“.

Ermittlungen erschwer

Hinzu komme, dass die Beamten früher über die Cannabis-Szene diejenigen ermittelt konnten, die zum Beispiel auch mit Kokain oder Amphetaminen handeln. Diese Möglichkeit sei nun eingeschränkt. Die Beamten seien „in einer schlechteren Position“, sagte Marckwardt. Im vergangenen Jahr wurden 25 Kilogramm Kokain sichergestellt. Er rechnet damit, dass diese Droge zunehmend an Bedeutung gewinnt.

 
 
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