Das Schulzentrum Bönnigheim hat massiv mit Vandalismus auf den Toiletten zu kämpfen: „Sitzbrillen werden heruntergerissen, Wände mit Fäkalien beschmiert, Türen aus den Angeln gehoben, Klopapier in die Toilette gestopft, Deckenelemente heruntergerissen, die Notdurft wird auf dem Boden neben den Toiletten verrichtet“, sagt Achim Salomon, Schulleiter des Alfred-Amann-Gymnasiums Bönnigheim.
Kreis Ludwigsburg Vandalismus in Schultoiletten
Viele Schulen kämpfen derzeit gegen die Zerstörung ihrer Schultoiletten – und das durch die eigenen Schüler. Die BZ hat nachgefragt: Wer ist betroffen und welche Maßnahmen helfen?
Thema musste in den Rat
Und sein Kollege Mirko Samietz, Schulleiter der Sophie-La-Roche-Realschule bestätigt dies. „Diese Taten führten dazu, dass wir einen Großteil der Schultoiletten im Schulzentrum schließen mussten, nicht aus Strafe, sondern um sie zu säubern, zu renovieren und wieder in Schuss zu bringen“, so Samietz. Selbst in einer der letzten Gemeinderatssitzungen in Bönnigheim wurde das Thema aufgegriffen. Mittlerweile seien alle WCs wieder offen, Verunreinigungen, Zerstörungen und Vandalismus kämen aber weiterhin vor, so Salomon, „das ist ein großes Problem“.
Ein Leser unserer Zeitung schrieb auf den BZ-Artikel über den Vandalismus im Bönnigheimer Schulzentrum: „Schüler und Schülerinnen dürfen stundenlang nicht aufs WC, der WC-Gang muss vom Lehrer minutengenau protokolliert werden“. Er wolle seinen Brief als Anregung für einen Artikel über die Situation in anderen Schulen und Möglichkeiten der Lösung verstanden wissen. Die BZ fragte bei Schulen im Kreis Ludwigsburg nach.
Sowohl Samietz als auch Salomon widersprechen teilweise seinen Aussagen: „Der Toilettenbesuch ist ein Grundrecht, den dürfen wir nicht verweigern“, so Salomon. Es sei aber sicherlich zu Engpässen beim Toilettenbesuch gekommen, da nur wenige Toiletten zur Verfügung standen, so Samietz. Beide Schulleiter bestreiten, dass es im Zusammenhang mit diesem Vandalismus und der Schließung der Toiletten zur Protokollierung von WC-Besuchen gekommen sei oder dass Lehrer dazu aufgefordert wurden.
„Wir haben das vor ein paar Monaten einmal gemacht, da war aber der Grund, dass in einigen Klassen viele Schüler lange, manchmal mehr als 20 Minuten, während des Unterrichts auf der Toilette waren. Das hat so überhand genommen, dass wir die Toilettengänge namentlich protokollierten, dann hat das schnell aufgehört“, so Samietz.
Die Täter des Vandalismus zu finden, sei nicht so einfach, sagt er. Meist seien es mehrere und zu mehreren Zeitpunkten. Im Bönnigheimer Schulzentrum werde künftig während der Pausen verstärkt auf den Toiletten kontrolliert – immer darauf achtend, dass die Privatsphäre der Schüler gewahrt bliebe. Gespräche seien schon geführt worden in den Klassen, das Ergebnis sei unzufriedenstellend, so Samietz. „Wir wissen einfach nicht mehr weiter.“
Kein reines Bönnigheim-Problem
„Mir ist bei Besuchen an anderen Schulen aufgefallen, dass, wenn die Toiletten neu und modern sind, sie nicht so leicht zerstört werden als beispielsweise im Bönnigheimer Schulzentrum, dessen Toilette alt und renovierungsbedürftig sind“, sagt Salomon. Eine Entschuldigung für die Täter sei das natürlich nicht.
Und Bönnigheims Bürgermeister Albrecht Dautel sagt im Gespräch mit der BZ, dass man sich derzeit im Zuge der Schulsanierung sehr wohl überlege, ob die Stadt der Forderung nach mehr Toiletten im Schulzentrum nachkomme. „Denn dann kann noch mehr kaputt gemacht werden und dieser Vandalismus kostete die Stadt im Laufe der Jahre richtig viel Geld. Sogar ein Brand entstand einmal nachdem ein Mülleimer in der Toilette angezündet wurde“, so Dautel.
Schulleiter Markus Nutz kennt das Problem mit den Schultoiletten an seiner Waldschule in Bissingen nur zu gut. Das Herbeiführen von Verstopfungen, oder absichtliches Danebenpinkeln seien Themen, die Schüler von klein bis groß betreffen würden. Aktuell, so sein Eindruck, sei das Problem bei den jüngeren Schülern auf den Grundschultoiletten sogar stärker ausgeprägt. Um dem Problem Herr zu werden, wird die Außentoilette bereits nur noch während der Pausen aufgeschlossen. Grundsätzlich sei jedoch zu jeder Zeit gewährleistet, dass Schüler auf die Toilette gehen könnten, versichert Nutz.
In der Sekundarstufe arbeite man dazu mit Laufzetteln, die Lehrer ausstellen, wenn Schüler während des Unterrichts auf die Toilette müssen. Im Schulgebäude können sie sich damit quasi ausweisen, wenn sie von einer Lehrkraft angesprochen werden. Dann sei auch nur eine Toilette in der Nähe des Lehrerzimmers zugänglich, die man strenger überwachen könne, so Nutz. Durch besagte Protokollierung habe man bereits eine deutliche Verbesserung der Situation erreicht, sodass eine Ausweitung des Konzepts auf die Klassenstufen drei und vier derzeit im Raum stehe.
Hilft ein Security-Dienst?
Dennoch überlege man bisweilen sogar, einen Security-Dienst anzustellen oder manche Toiletten nur noch bestimmten Klassenstufen zur Verfügung zu stellen. „Ohne verstärkte Kontrollmaßnahmen geht es nicht.“ Aus seiner Sicht ist das Problem Teil eines zunehmenden Erziehungsauftrags, den die Schulen in den vergangenen Jahren leisten müssten. Durch die Ausweitung der Ganztagsschule werde die Erziehung zunehmend in die Schulen hineingetragen, sagt Nutz. „Wir sehen das als Aufgabe und Herausforderung gleichermaßen.“
Vandalismus in Schultoiletten, dieses Problem kennt man auch am Beruflichen Schulzentrum Bietigheim-Bissingen (BSZ). Allerdings aus der Vergangenheit. „Das Thema hatten wir vor rund anderthalb Jahren“, sagt Schulleiter Stefan Ranzinger. Damals habe es auf den Sozialen Medien einen Trend gegeben, eine TikTok-Challenge, die dazu aufrief, Schultoiletten mutwillig zu zerstören und sich dabei zu filmen. Das BSZ hat die Zerstörungswut jedoch innerhalb weniger Wochen in den Griff bekommen. Wie? „Durch Kommunikation. Wir haben sofort mit der Schülerschaft, Eltern, der SMV, Lehrkräften gesprochen“, sagt Ranzinger. Zeitweise seien die Toiletten partiell abgesperrt worden mit dem Hinweis „Wegen Vandalismus geschlossen“. Außerdem habe man QR-Codes an den Toilettentüren angebracht. „Schüler sollten Verschmutzungen sofort melden“, sagt Ranzinger. Die Info sei umgehend an den Hausmeister und den Schulleiter gegangen – die Toiletten wurden zur Chefsache erklärt. Das habe funktioniert. „Das hatte eine abschreckende Wirkung. Man fühlte sich kontrolliert“, so der BSZ-Rektor. Aktuell gebe es die Maßnahmen nicht mehr. „Wir setzen sie aus, weil es derzeit keine Probleme gibt. Wir können sie aber gegebenenfalls sofort wieder einsetzen“, so der Rektor.
Die aktuelle Lage an der Eichwald-Realschule in Sachsenheim bezeichnet Schulleiter Sascha Renner als relativ entspannt. Er setze grundsätzlich gemeinsam mit dem Lehrerkollegium auf Prävention, „wir appellieren an die Schüler, zu bedenken, dass wenn sie etwas mutwillig zerstören, dies eine Sache ist, die der Allgemeinheit schadet.“ Sollte ein Schüler dabei erwischt werden, werde dieser umgehend zur Rechenschaft gezogen. Allgemein gebe ihm die grundsätzlich steigende Bereitschaft in der Gesellschaft, fremdes Eigentum zu zerstören, Anlass zur Sorge. Aber er denke dennoch, dass man gerade im Vorfeld und durch den Dialog mit den jungen Menschen in der Schule viel bewegen könne.
Bernhard Dietrich, Schulleiter der Gemeinschaftsschule im Sonnenfeld in Sachsenheim, gibt zu, dass es in vergangener Zeit Verschmutzungen in den Sanitärräumen gegeben habe, „allerdings keinen Vandalismus“. Durch konzertierte Aktionen wie etwa Anbringung von Klebespiegeln und Bereitstellen von Hygieneartikeln etwa in den Mädchen-WCs durch die Schüler selbst habe man dort vorübergehend für verbesserte Bedingungen sorgen können. „Derzeit schaut es wieder etwas wüster aus, sodass wir hier wieder einmal rangehen müssen.“
