Kreis Ludwigsburg Wann kommt das Aus für Erdgasleitungen?

Von Claudia Mocek
In Zürich wurden bereits Gasleitungen stillgelegt, der Mannheimer Energieversorger MVV plant den Ausstieg aus der Gasversorgung bis zum Jahr 2035. Foto: Picture Alliance/dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Die Stadtwerke Ludwigsburg und Bietigheim-Bissingen bereiten sich auf die Umstellung der Netze vor. Die BZ hat nachgefragt, was das für die Kunden heißt.

In Zürich wurden erste Erdgasleitungen stillgelegt. Der Mannheimer Energieversorger MVV hat angekündigt, bis 2035 aus der Gasversorgung auszusteigen. Bietigheim-Bissingen und Ludwigsburg wollen bis 2035 klimaneutral werden. Bis dahin dürfte es dann auch keine Gasheizungen und -leitungen mehr geben. Wie sehen die Pläne für einen Ausstieg aus der Gasversorgung aus?

Die Stadt Tamm gilt als eine Vorreiterin in Sachen Wärmewende. Sie baut ihr Wärmenetz im Schnelltempo aus. 2028 steht der letzte Bauabschnitt an, dann soll der alte Ortskern mit dem Netz verbunden sein. „Der Gemeinderat hat die Ankündigung der Mannheimer zur Kenntnis genommen“, sagt Bürgermeister Martin Bernhard.

Zeitpunkt steht noch nicht fest

Doch konkrete Pläne zur Stilllegung des Gasnetzes oder von Teilen des Netzes gibt es derzeit weder bei den Stadtwerken Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB) noch bei den Bietigheimer Stadtwerken (SWBB). Die SWLB „befassen sich ebenso wie die gesamte Gasbranche intensiv mit der Umstellung der fossilen Erdgasversorgung hin zur Nutzung grüner Gase“, heißt es aus der Pressestelle. Kernpunkt sei die Transformationsplanung für Gasnetzgebiete, die die SWLB derzeit erstelle und mit deren Ergebnissen im nächsten Halbjahr gerechnet wird. Sie soll aufzeigen, welche Maßnahmen wann im Netz nötig sind, um das Erdgasnetz „fit für den Einsatz von Wasserstoff zu machen“. Die Planung soll auch zeigen, in welchen Schritten eine Umstellung erfolgen kann.

Durch den Anschluss an die SEL-Leitung werden die SWLB die Möglichkeit haben, in die Weiterverteilung und Nutzung von Wasserstoff einzusteigen. Die Leitung werde mit Erdgas in Betrieb genommen und soll Anfang der 2030er-Jahre auf Wasserstoff umgestellt werden. „Ab diesem Zeitpunkt kann die Transformation unseres Netzes beginnen“, so die SWLB.

Wasserstoff für die Industrie

Aufgrund des geplanten starken Fernwärmeausbaus und dem zunehmenden Einsatz von Wärmepumpen, gehen die SWLB „künftig von einem starken Rückgang der Nachfrage nach Erdgas im Netz aus“. Aus wirtschaftlichen Gründen könne es daher sinnvoll sein, Trassen stillzulegen und nicht für die Wasserstoffversorgung umzurüsten, da die Kosten auf die verbleibenden Kunden umgelegt werden müssten.

In Ludwigsburg und Kornwestheim decken die SWLB aktuell rund 15 Prozent des Gebäudewärmebedarfs mit Nah- und Fernwärme ab. Die kommunalen Wärmeplanungen der beiden Städte haben im Endausbau bis zu 70 Prozent des Wärmebedarfs über Fernwärme geschätzt. „Vor diesem Hintergrund streben wir in den beiden Städten einen massiven Ausbau der Fernwärme in den nächsten Jahrzehnten an“, heißt es aus der Pressestelle.

Was bedeutet das für die Gaskunden? Wasserstoff wird nach Schätzung der Branche ein knapper und eher teurer Energieträger sein, der vor allem für Industrie, Gaskraftwerke und Logistik verfügbar sein müsse. „Auf der Ebene der Haushaltskunden sollte man daher nicht davon ausgehen, dass dort eine Transformation von Erdgas auf Wasserstoff stattfinden wird“, so die SWLB: „In letzter Konsequenz bedeutet das für die Kunden, dass sie wahrscheinlich auf einen anderen Heizungstyp umsteigen müssen.“ Ziel der SWLB sei es, durch den Ausbau des Fernwärmenetzes zumindest einem Teil der heutigen Erdgas-Abnehmer eine Alternative bieten zu können.

Auch die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen (SWBB) beschäftigen sich neben dem Ausbau des Nahwärmenetzes intensiv mit der Transformationsplanung, sagt Geschäftsführer Richard Mastenbroek. Dabei gehe es darum zu prüfen, ob bestehende Gasnetze für andere gasförmige Energieträger nutzbar sind – wie Wasserstoff oder Biomethan. Laut Mastenbroek gibt es noch keine konkreten Pläne für den Ausstieg aus der Gasversorgung: „Das ist rechtlich auch noch gar nicht möglich“, sagt er: „Der Endkunde bestimmt das Produkt.“ Die Stadtwerke seien zur Lieferung verpflichtet und könnten Kunden zu einem Umstieg nur motivieren. „Wir haben einen Versorgungsauftrag und eine Versorgungspflicht“, sagt er.

Fördermittel unter Vorbehalt

In den vergangenen 1,5 Jahren seien zwar viele alte Gas- und Ölheizungen erneuert worden. Doch die Zahl an Wärmepumpen sei nicht in dem Maße gestiegen wie erwartet. „Das dauert viel länger“, sagt der Geschäftsführer. Daher lasse sich der Zeitpunkt für die Transformation noch nicht absehen. Hinzu komme, dass benötigte Fördermittel durch das Ampel-Aus derzeit nur unter Vorbehalt bewilligt worden seien. Für das Wärmenetz seien eine Milliarde Euro vorgesehen, die Branche gehe aber von einem Bedarf von rund drei Milliarden Euro aus. Mastenbroek: „Wir haben uns auf den Weg gemacht.“

Der Tammer Bürgermeister Bernhard geht davon aus, dass das Stilllegen von Leitungen wie in Mannheim auch im Kreis zeitnah ein Thema sein wird: „Die Stadtwerke müssen rechtzeitig auf uns zukommen.“

 
 
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