Kreis Ludwigsburg Warten auf den Arzttermin

Von Claudia Mocek
Wer einen Termin bei einem Hautarzt vereinbaren möchte, muss auch im Kreis Ludwigsburg mit längeren Wartezeiten rechnen. Foto: dpa/Eva Manhart

Warum es auch bei Hautärzten dauern kann, bis man einen Termin bekommt und was man dagegen tun kann.

Wer in der Region einen Termin bei einem Hautarzt bekommen möchte, hat oft ein Problem – lange Wartezeiten und ein Aufnahmestopp von Neupatienten. Die durchschnittliche Wartezeit auf einen Termin in einer hautärztlichen Praxis liegt in Deutschland laut AOK Ludwigsburg-Rems-Murr bei 35 Tagen. Woran das liegt und was Patienten tun können? Die BZ hat nachgefragt.

Auch wenn der AOK keine vermehrten Beschwerden wegen unverhältnismäßig langer Wartezeiten oder nicht erfolgter Neuaufnahme vorliegen, sagt Kai Sonntag, Leiter der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW): „Wir können nicht ausschließen, dass es zu langen Wartezeiten auf einen Hautarzttermin kommt.“ Sonntag liegen für den Kreis Ludwigsburg keine Zahlen vor, aber er geht davon aus, dass sich die Situation im Kreis nicht von der im Land unterscheidet.

Aber wie kann das sein? Die Bedarfsplanung weist für den Landkreis Ludwigsburg laut KVBW 115,9 Prozent Hautärzte aus. „Rein rechnerisch ist der Landkreis Ludwigsburg mit Hautärzten überversorgt“, sagt Sonntag. Dieses Arzt-Einwohner-Verhältnis werde einmal pro Jahr errechnet. Alle Bereiche, in denen das Verhältnis über 110 Prozent liegen, gelten als „überversorgt“ und werden für Neuzulassungen gesperrt. Allerdings sei das Ziel der Bedarfsplanung nicht, dass alle Patienten rasch einen Termin bekommen, betont der Sprecher der KVBW. Der Hintergrund sei vielmehr ein finanzieller: Das Ziel dieser bundesweiten Planung, die in den 1990er-Jahren eingeführt wurde, war es, Kosten zu sparen. Man habe die Zahl der niedergelassenen Ärzte beschränkt, um zu verhindern, dass Patienten zu oft zum Arzt gehen.

Problem Bedarfsplanung?

Selbst wenn diese Bedarfsplanung aufgehoben würde, „heißt das nicht, dass sich mehr Hautärzte im Kreis Ludwigsburg ansiedeln würden“, sagt Sonntag. Denn die Fachärzte würden nicht Schlange stehen. Im Bereich der Fachärzte gebe es in Baden-Württemberg zum Teil die Möglichkeit, quasi am nächsten Tag eine Praxis zu eröffnen, was aber nicht genutzt werde. Daher steht für Sonntag fest: „Die Bedarfsplanung ist nicht das Problem.“

Der Sprecher der KVBW sieht ein Problem bei der Struktur: Wer eine eigene Praxis führt, verfüge oft über weniger Zeit, die er mit den Patienten verbringe, als ein angestellter Arzt. Die bürokratische Vorgänge würden einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Viele der Nachwuchsärzte würden lieber als Angestellte arbeiten wollen. „Das ist eine klare Tendenz, nicht nur bei den Hautärzten“, sagt Sonntag.

„Die Rahmenbedingungen für niedergelassene Ärzte werden immer schwieriger“, sagt der Sprecher des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen (BVDD), Wolfgang Hardt. Der dadurch bedingte Nachwuchsmangel werde die Situation in absehbarer Zeit bei den niedergelassenen Ärzten in allen Fachgruppen verschärfen. Bundesweit gebe es die Tendenz, dass es zu wenig Hautärzte gibt.

Hoher Aufwand

Aber liegt die Lösung für das Problem nicht auf der Hand? Größere Praxen mit einem Manager, der sich um die Bürokratie kümmert? „Die Bezahlung eines solchen Managers ist ein Problem“, sagt Kai Sonntag von der KVBB. Denn die Vergütung eines solchen Managers oder Geschäftsführers oder anderer Gemeinkosten sei in den Leistungen zumindest bisher nicht vorgesehen, sagt Sonntag. „Die Komplexität im Gesundheitssystem ist aufgrund der vielen Beteiligten und ihren unterschiedlichen Interessen hoch, auch die Beitragssätze sollen nicht steigen“, sagt der KVBW-Sprecher.

Aber wäre ein solches Modell mittelfristig nicht besser? Besser ist relativ, sagt Sonntag, „denn woran wird es gemessen?“ Der Leistungskatalog bei der medizinischen Versorgung sei in Deutschland breit, der Zugang dazu „grandios“, sagt Sonntag. Dem stehe ein extrem hoher Transformationsaufwand gegenüber. Während Gesundheitsminister Karl Lauterbach von einer Revolution spreche, ist Kai Sonntag nicht davon überzeugt, dass die Struktur rasch überarbeitet werden kann. Viele Regelungen stammten aus grauer Vorzeit, über vieles müsse nachgedacht werden.

Budget der Ärzte

Derzeit sei es so, dass zum Beispiel Hautärzten ein Budget zur Verfügung steht, mit dem in einem bestimmten Zeitraum eine gewisse Anzahl an Patienten versorgt werden können. Sollten darüber hinaus Patienten behandelt werden, zahle dies der Arzt aus eigener Tasche. „Derzeit trifft das auf rund zehn Prozent der Patienten zu“, sagt Sonntag. Doch das könne man von den Praxen nicht verlangen. Bei den Haus- und Kinderärzten gebe es eine andere Regelung, diese werden für alle Behandlungen bezahlt.

Keine besondere Vergütung

Die Abschaffung der Neupatienten-Vergütung macht Wolfgang Hardt vom BVDD dafür verantwortlich, dass Neupatienten nur schwer an einen Termin bei einem Hautarzt kommen. Von 2019 bis Ende 2022 hätten die Ärzte für die Versorgung von neuen Patienten eine Extra-Vergütung erhalten. Diese Behandlungen seien voll vergütet worden. Das sei für Ärzte attraktiv gewesen und habe dazu geführt, dass mehr neue Patienten aufgenommen wurden. Dies werde das Terminproblem für manche erschweren.

Trotz der Probleme im Gesundheitssystem ist der Arztberuf weiter attraktiv: Laut KVBW gibt es fünfmal so viele Bewerberinnen und Bewerber wie Studienplätze.

 
 
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