Kreis Ludwigsburg Wie Vapes Jugendliche zum Rauchen verleiten

Von John Patrick Mikisch
Schmeckt süß und fruchtig, macht möglicherweise abhängig und krank: Vapes werden bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen immer beliebter. Dabei fällt die Zahl der Raucher insgesamt seit Jahren. Foto: Imago // Dylan Nieuwland

Bunt, süß, hip: E-Zigaretten sind auf dem Vormarsch bei Jugendlichen. Manchmal greifen schon Viertklässler zur elektronischen Kippe.

Sie heißen „Blue Razz Leomade“, „Ghetto“ und „Energy Ice“, schmecken fruchtig und süß und sind vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen immer beliebter: Vapes. Die elektronischen Zigaretten, die aromatisierte Liquids verdampfen, sind in der Altersgruppe der Zwölf- bis 17-Jährigen inzwischen fast so beliebt wie klassische Zigaretten, wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung herausfand.

Einstieg in der siebten Klasse

Und die Konsumenten werden immer jünger. Das Einstiegs- und Probieralter liege inzwischen „locker bei 13 bis 14 Jahren“, sagt Maren Biedenbach von der kreisweiten Drogenberatung Chillout in Ludwigsburg. „Vereinzelt haben wir aber auch Fälle, in denen Viertklässler schon konsumieren.“

Dabei ist der Verkauf von E-Zigaretten, E-Shishas in Deutschland eindeutig geregelt: Sie dürfen seit April 2016 nicht an Kinder und Jugendliche verkauft werden. Unter 18-Jährige dürfen sie zudem auch nicht konsumieren. Und das gilt ausdrücklich für Produkte mit und ohne nikotinhaltigen Liquids.

In der Praxis verdampft das Verbot aber offenbar so schnell wie ein Wegwerf-Vape. „Die Jüngeren lassen sich die Vapes von älteren Mitschülern besorgen“, sagt Maren Biedenbach. „Das läuft genauso wie bei Zigaretten und Alkohol.“ Aus Schulen sei ihr zudem berichtet worden, dass jüngere Schüler die leeren Wegwerf-Vapes aus Mülleimern und von der Straße sammeln, in der Hoffnung noch ein paar Züge aus dem Rest inhalieren zu können.

Unbekannte Gesundheitsrisiken

Einweg-Vapes dürfen in Deutschland nur Flüssigkeitsbehälter mit zwei Milliliter Fassungsvermögen enthalten. Das reicht für 500 bis 600 Züge. Zum Vergleich: Ein Zigarette ist in zehn bis 15 Zügen abgebrannt. Jugendliche ziehen aber auch öfter und schneller am Vape und riskieren damit einen Nikotinschock, sagt Biedenbach. Typische Symptome dafür seien Kopfschmerzen, Schwindel und Erbrechen. „Als ob man mehrere Zigaretten nacheinander auf Lunge raucht.“

Nur, dass das ungeübte Raucher nicht tun würden, dafür schmecken Zigaretten nicht gut genug. Das liegt auch daran, dass sie keine Aromazusätze enthalten dürfen. Im Gegensatz zu den Vapes: „Die sind mit ihrer Vielfalt an fruchtigen, süßen Geschmacksrichtungen aus meiner Sicht eindeutig auf eine junge Zielgruppe ausgerichtet“, sagt Biedenbach. „Ich würde sie auch nicht als harmlos bezeichnen.“

Das sieht auch die Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) so. Die Vereinigung von Lungenfachärzten kritisiert in einem Positionspapier, dass bei der Bewertung von Vapes Aromen bislang nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Dabei zeige eine Analyse des Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord), dass Aromen sehr wohl von Bedeutung seien: Sie verminderten den Hustenreiz, was den Einstieg ins Rauchen erleichtere.

Zudem ermöglichten sie ein tieferes Inhalieren. Das steigere die Aufnahme toxischer Substanzen, die beim Verdampfen entstehen, sowie von Nikotin, weil es besser aufgenommen werden könne.

Während die gesundheitlichen Risiken von Nikotingenuss seit langem bekannt sind, gilt für die in Vapes enthaltenen Aromastoffe das Gegenteil. Nur sehr wenige seien überhaupt toxikologisch untersucht. Wie sich diese Stoffe auf die Atemwege auswirken, sei eine „enorme Blackbox“, so der DGP-Autor und Stuttgarter Lungenspezialist Alexander Rupp.

Verbot von Aromen gefordert

Die DGP fordert daher, Aromen in Vapes zu verbieten, wie es schon in Dänemark, den Niederlanden der Fall ist. Und in China, das weltweit fast 90 Prozent der Vapes herstellt. Damit kann sich auch Suchtexpertin Biedenbach anfreunden. Ein Totalverbot hält sie für nicht durchsetzbar. „Die bestellen das im Internet“, sagt sie. Der Hype dort: illegale Vapes mit bis zu 12.000 Zügen.

In diesen Ländern sind Vapes bereits verboten

Verbote gegen Vapes
 gibt es bereits in zahlreichen europäischen und außereuropäischen Ländern.

Während Dänemark und die Niederlande lediglich Vapes ohne Geschmacksstoffe erlauben, hat Belgien Einweg-Vapes bereis komplett verboten; England und Wales wollen ab Juni mit so einem Verbot nachziehen. Der deutsche Bundesrat hat im November so ein Verbot auf den Weg gebracht, bis es tatsächlich als Gesetz in Kraft tritt, dürfte es aber noch dauern.

In Frankreich ist das Vapen in Parks, an Stränden und auf öffentlichen Plätzen verboten, in Ungarn Einweg-Vapes des Herstellers Elf Bar.

In vielen anderen Staaten sind Vapes oder auch die Einfuhr von Liquids und E-Zigaretten verboten und mit harten Strafen belegt. Dazu zählen unter anderem die Australien, Thailand, Vietnam, Japan, die Malediven, Singapur, die Vereinigten Arabische Emirate, Kuwait, Katar, Bahrain und Oman, Mexiko, Kuba und Brasilien. 

 
 
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