Kreis Ludwigsburg Zecken jetzt wieder aktiver

Von Bigna Fink
Zecken warten in Gebüschen und hohem Gras, bis Mensch oder Tier vorbeiläuft. Foto: Kalcuttax Imago

Der Biss der Tiere kann schwere Krankheiten wie FSME übertragen, die Region gilt als Risikogebiet. Wer ist besonders gefährdet und wie kann man sich schützen?

Der Frühling lockt die Menschen in die Natur. Während die Vegetation immer üppiger wird, werden auch die Zecken immer aktiver. Die kleinen Tiere werden gehasst und gefürchtet, sind es doch blutsaugende Parasiten, die durch ihren Speichel schwere Krankheiten wie Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und Borreliose übertragen können. „Die Zecken zeigen im Frühjahr und Herbst ihre größte Aktivität“, sagt Dr. Susanne Hitzler. Sie leitet den Fachbereich Gesundheitsschutz im Landratsamt. Allerdings seien Zecken durch den Klimawandel mittlerweile das ganze Jahr über aktiv.

Die FSME ist eine Gehirnentzündung, ausgelöst durch Viren, die vor allem durch Zecken übertragen werden. 2024 wurde deutschlandweit mit 686 FSME-Erkrankungen die zweithöchste Zahl seit Beginn der Datenerfassung 2001 gemeldet. Der Kreis Ludwigsburg gehört wie alle Regionen im süddeutschen Raum zu den FSME-Risikogebieten. Gemeldet wurden vergangenes Jahr laut Landratsamt im Kreis Ludwigsburg nur vier FSME-Fälle.

Die meisten Infektionen sind harmlos

„Eine FSME-Erkrankung beginnt typischerweise mit grippeähnlichen Beschwerden“, sagt Hitzler. Etwa eine Woche nach der Infektion folgen neurologische Erkrankungen wie Hirnhautentzündung oder eine Infektion des Rückenmarks. Vor allem bei Erwachsenen ab 40 bestehe die Gefahr von bleibenden Spätfolgen wie Müdigkeit, lange andauernden Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten sowie neurologischen Ausfällen, vor allem Lähmungen. Die Symptome könnten oft Monate fortdauern.

Allerdings verlaufen laut Hitzler bis zu 95 Prozent der Ansteckungen ohne Symptome oder die zweite Krankheitsphase. Auch nur bis zu fünf Prozent der Zecken tragen in einem Risikogebiet FSME-Viren in sich. Und „nur einer von 1000 Stichen mit FSME-virushaltigen Zecken führen auch zur Ansteckung,“ sagt Kinderarzt Dr. Oliver Harney aus Bissingen. Allerding können die Folgen verheerend sein: „Es kann dabei zu Kopfschmerzen und Fieber und auch zu bleibenden Nervenschädigungen oder Todesfällen kommen,“ so Harney.

Wanderröte als Symptom

Die zweite schwere Infektionskrankheit durch Zeckenbisse ist die durch Bakterien übertragene Borreliose. „Sie kann sehr unterschiedlich schwer verlaufen und überwiegend Haut, Nervensystem, Gelenke oder das Herz betreffen“, sagt Hitzler. Viele Infektionen würden jedoch ohne Krankheitszeichen verlaufen. Ein typisches Symptom sei die Wanderröte einige Tage nach dem Biss. Spätformen der Borreliose könnten Monate oder sogar Jahre nach der Infektion auftreten.

Etwa 30 Prozent der Zecken hierzulande sind laut dem Zeckenexperten Dr. Wolfgang Kleemann aus Pforzheim mit dem Bakterium Borrelia behaftet. Kleemann warnt vor chronischen Folgen der Borreliose und großen Schmerzen: „Alle Organe können betroffen sein, die Augen, das Nervensystem, Muskeln.“ Doch etwa 90 Prozent der Menschen würden durch eine Zecke, die Borrelien in sich trägt, nicht krank. „Eine frühe Behandlung mit Antibiotika führt in der Regel zu einer raschen und vollständigen Genesung“, so Hitzler.

Vorsicht im Gras und in Gärten

Wo lauert die größte Gefahr vor den kleinen Blutsaugern? Der bekannteste europäische Vertreter der Zeckengattung Ixodes, der Gemeine Holzbock, kommt laut Hitzler „praktisch überall vor, wo es Pflanzen gibt, auch in Gärten oder Parks.“ Die Zecke klettert auf einen Grashalm oder sitzt im Gebüsch oder im Totholz. Wenn ein Tier oder ein Mensch sie bei Kontakt abstreift, hält die Zecke sich am Opfer fest. Zecken springen nicht von Bäumen oder Gräsern. Die meisten Zecken warten nur zwischen zehn und 50 Zentimetern über dem Boden, bis ihr Opfer sie abstreift.

Beim Aufenthalt im hohen Gras oder Gebüsch sollte man geschlossene, helle, lange Kleidung tragen mit festen Schuhen. „Werden die Hosenbeine in die Socken gesteckt, muss die Zecke auf der Kleidung nach oben laufen und das Auffinden wird erleichtert“, rät Hitzler. Vergrämungsmittel, sogenannte Repellentien auf der Haut und auch der Kleidung, mit zum Beispiel dem Wirkstoff Icaridin, sollen laut Hitzler zeitlich befristet ebenfalls schützen. „Wichtig ist es, sich nach dem Aufenthalt im Freien zeitnah abzusuchen“, sagt er. Vor allem Kinder sollte man nach dem Spielen im Freien untersuchen. „Bevorzugte Stichstellen sind Haaransatz, Ohren, Hals, Achseln, Ellenbeuge, Bauchnabel, Genitalbereich oder Kniekehle“, sagt Susanne Hitzler.

Auch Tierhalter sind mit dem Thema Zecken konfrontiert. „Katzen sind im Gegensatz zu Hunden nicht so anfällig für von Zecken übertragene Krankheiten“, sagt Dr. Christine Frisch von der Tierarztpraxis Großkordt in Bietigheim-Bissingen. Sie sollten dennoch wie Hunde davor geschützt werden, lebendige Zecken mit nach Hause zu bringen, denn die könnten auf die Halter übergehen und diese mit gefährlichen Krankheiten infizieren. „Bei Hunden sind dagegen über Zecken übertragbare Krankheiten auf dem Vormarsch“, so Frisch. Wie Menschen können sie an FSME und Borreliose leiden. Die Therapien sind „schwierig, aufwendig und teuer“, sagt sie. Vor allem die Borreliose sei eine Gefahr für Vierbeiner.

Die Veterinärmedizinerin empfiehlt eine individuelle Zecken-Prophylaxe vom Tierarzt. Die Mittel seien nur meist einmal im Monat einzunehmen. Auch Halsbänder mit speziellen Wirkstoffen zur Zeckenabwehr könnten als zusätzliche Schutz sinnvoll sein. Frisch rät davon ab, „exotische Präparate“ auszuprobieren, die im Netz „als Wundermittel kursieren“ wie Bernsteinketten, Kokosöl oder das Verabreichen von Knoblauch und Zwiebeln. „Das ist Unfug“, meint die Medizinerin, „wissenschaftlich nicht tragbar, und manchmal sogar schädlich für die Tiere.“

Ein Zeckenbiss – was tun?

Wenn die Zecke nun in der Haut steckt, sollte sie, um das Infektionsrisiko zu minimieren, schnellstmöglich herausgezogen werden. Hierzu greift man die Zecke mit einer spitzen Pinzette oder einer Zeckenkarte nahe der Hautoberfläche und zieht sie langsam aus der Haut. „Bitte niemals am vollgesogenen Körper ziehen“, betont Hitzler.

Die Zecke dürfe auf keinen Fall vor dem Entfernen mit Hausmitteln wie Öl oder Klebstoff beträufelt werden. Dies könne dazu führen, dass die Zecke ihren Speichel und somit mögliche Infektionserreger abgibt. Danach sollte die Wunde sorgfältig desinfiziert werden. Wenn Teile des Stichapparates in der Haut stecken bleiben, sei das nicht schlimm, ergänzt der Harney. „Nach einer meist harmlosen Entzündungsreaktion mit Bildung eines Pickelchen stößt der Körper den Zeckenrest selber ab.“

 
 
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