Kreis Ludwigsburg Zu viele Tiere landen im Tierheim

Von Jennifer Stahl
Viele ungewollte Tiere werden wieder abgegeben. Aufnahmestopps gibt es in den Tierheimen im Kreis noch nicht, trotzdem braucht es Maßnahmen, um die Lage nicht zu verschlimmern. Foto: dpa/Patrick Pleul

In Ludwigsburg und Vaihingen gibt es zwar keinen Aufnahmestopp, der Platz wird jedoch eng.

Ungewollte Haustiere, die im Tierheim abgegeben werden – drei Viertel der deutschen Tierheime können laut Thomas Schröder, Präsident des Tierschutzbundes, keine Tiere mehr aufnehmen. Durch lange Wartelisten müssen sie in Haltungen bleiben, die eigentlich nicht lebenswert sind. Ariane Désirée Kari, die von Landeswirtschaftsminister Cem Özdemir zur ersten Bundestierschutzbeauftragten ernannt wurde, möchte den Tierheimen mit zwei Maßnahmen helfen: Einerseits soll es eine Kastrationspflicht für alle Freigänger-Katzen geben, andererseits soll ein Verkaufsverbot von Hunden und Katzen auf öffentlichen Plätzen verhängt werden.

Wie sieht es im Kreis aus? Mussten die örtlichen Tierheime auch einen Aufnahmestopp verhängen? Und was sind ihrer Erfahrung nach die häufigsten Gründe dafür, das eigene Haustier abzugeben? Die BZ sprach mit den Leiterinnen der Tierheime in Ludwigsburg und Vaihingen über die aktuelle Situation.

Tierheim Ludwigsburg

Im Ludwigsburger Tierheim gibt es laut Tierheimleiterin Ursula Gericke keinen Aufnahmestopp. „Katzen, die wir nicht aufnehmen können, bekommen bei uns private Pflegeplätze. Auch sonst lehnen wir Tiere nicht einfach ab, sondern lassen beispielsweise aggressive Hunde vor der Aufnahme erst einmal durchchecken.“ Trotzdem befürchtet sie, dass sich die Lage, wenn weiterhin so viele Tiere abgegeben werden wie aktuell der Fall, in den nächsten Jahren verschlimmern könnte.

Gerade in Corona-Zeiten habe das Tierheim viele Erfahrungen mit dem Online-Handel von Tieren gemacht. Selbst am Tag, an dem Gericke mit der BZ sprach, sei eine Katze ins Tierheim gekommen, die über das Internet verkauft wurde. „Im Schnitt stammt jeder zweite Hund, der zu uns kommt, aus dem Online-Handel“, sagt sie. Auch die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) sieht Gericke als Grund dafür, dass viele Tiere abgegeben werden. „Eine Kastration wird immer teurer – da kommt es leider auch mal vor, dass die Tiere lieber weggegeben werden.“

Eine flächendeckende Katzenschutzverordnung ist ihrer Ansicht nach eine gute Lösung, „viele Katzen kommen krank und verschnupft zu uns, weil sie in einem Busch am Straßenrand auf die Welt gekommen sind und in schlechten Verhältnissen aufwachsen mussten. Das Katzenelend könnte durch eine solche Verordnung verringert werden“, sagt sie. Weiterhin wünscht sich Gericke von angehenden Tierbesitzern mehr Bewusstsein. „Man sollte sich im Klaren darüber sein, dass ein Haustier wie ein kleines Kind ist“, meint sie. Es brauche viel Zeit und Erziehung.

Die Nachfrage nach Tieren werde immer geringer: „Einerseits, da sich während der Pandemie viele ein Tier angeschafft und nicht bedacht haben, dass es auch eine Zeit nach Corona geben wird“, meint sie. Aber auch die hohen Kosten, die viele nicht stemmen können, führen dazu, ein Tier wieder abzugeben. Ihr Wunsch für die Zukunft: „Die Situation kann sich nur bessern, wenn weniger Tiere gemacht werden. Erst dann kann es weniger Tierleid geben. Und die Menschen sollten genau über eine Anschaffung nachdenken und darüber, was alles auf sie zukommt.“

Tierheim Vaihingen

„Derzeit haben wir keinen Aufnahmestopp, wir sind allerdings bei den Kätzchen in allen Boxen voll und tun uns schwer mit Neuzugängen, beziehungsweise Fundtieren, die dringend Hilfe benötigen“, sagt die Leiterin des Vaihinger Tierheims, Anneliese Petzold. Nach wie vor kommen viele Tiere an. Als Grund werde zwar meist nicht die Aufnahme während der Pandemie genannt, „inwiefern das stimmt, können wir aber nicht sagen.“ Fundtiere aus dem Gebiet können bisher aufgenommen werden, bei Abgabetieren müsse das Tierheim aber auf andere Heime verweisen oder um Wartezeit bitten, bis ein Platz vorhanden ist. „Wir versuchen gleichzeitig, bei der Vermittlung von Haus zu Haus zu helfen sowie über unsere Internetseite oder Facebook und Instagram“, erklärt Petzold. Eine Erweiterung sei derzeit nicht in Planung. „Die können wir auch nicht verkraften. Sowohl personell als auch finanziell wird das schwierig.“

Das Vaihinger Tierheim könne mehrere Abgabegründe verzeichnen: „Oft ist es so, dass Hund und Kind nicht miteinander klarkommen, viele Anfragen für vor allem große Hunde sind hier erkennbar“, meint Petzold. Umzüge der Eigentümer in neue Wohnungen, eine fehlende Akzeptanz des Vermieters, Allergien – all das seien Gründe für eine Abgabe. „Nach wie vor ist die fehlende Katzenschutzverordnung ein Problem. Kätzchen werden nicht kastriert und kommen oftmals als Fundtiere, zurzeit auch tragend, ins Tierheim“, sagt die Leiterin.

Über die Pläne der Bundestierschutzbeauftragten sagt Petzold: „Das sind Dinge, die dringend und so schnell wie möglich gesetzlich geregelt werden sollten. Durch die Kastrationspflicht könnte vielen Straßenkatzen viel Leid erspart werden.“ Auch eine europaweite Regelung für Haustiere, die beispielsweise aus Rumänien kommen, hält Petzold für sinnvoll.

Trotz der Liebe und des Engagement, mit dem die Ehrenamtlichen im Einsatz sind, komme das Tierheim an seine Grenzen, wenn zum Beispiel die Maßnahmen nicht schnellmöglich umgesetzt werden. „Auch Kostensteigerungen der letzten Zeit machen uns Sorgen“, sagt Petzold. Um die Abgabe ungewollter Haustiere zumindest etwas einzudämmen, rät sie, sich bei der Anschaffung gründlich Gedanken zu machen und sich zu informieren: „Man muss sich natürlich fragen, welche Anforderungen das Tier hat, ob man die Zeit und auch die Mittel und die Ausdauer für viele Jahre hat, um dem Tier gerecht zu werden.“ Auch die Wohnsituation müsse zuvor geklärt werden.

 
 
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