Kreisimpfzentrum bekommt weniger Dosen Impfstoff fehlt an allen Ecken und Enden

Von Gabriele Szczegulski und Julia Spors
In der letzten Woche konnten 1400 Impfungen pro Tag vorgenommen werden. In dieser Woche werden es nur 800 am Tag sein. Foto: factum/Jürgen Bach

In dieser Woche zugesagte Lieferungen kamen nicht im Ludwigsburger Kreisimpfzentrum an. Ein Hausarzt prangert zudem an, dass die Hausärzte bald kaum mehr Erstimpfungen machen können. Grund sind hierfür zu geringe Biontech-Lieferungen. Astrazeneca würde von vielen abgelehnt.

Ludwigsburg -

Es klingt noch in den Ohren: „Die Impfung nimmt ab Mai Fahrt auf“, hatte Gesundheitsminister Jens Spahn vor Kurzem angekündigt. Doch im Kreisimpfzentrum in Ludwigsburg verlangsamt sich jetzt erst einmal die Fahrt, teilt das Landratsamt mit.

In der letzten Woche konnten 1400 Impfungen pro Tag vorgenommen werden. In dieser Woche werden es nur 800 am Tag sein. Der Grund: In dieser Woche zugesagte Lieferungen kamen nicht, sagt der Sprecher des Landratsamts, Andreas Fritz. Da der vorhandene Impfstoff an alle Impfzentren im Land gleich verteilt wird und nicht nach der Einwohnerzahl des jeweiligen Kreises, kann der Kreis keine freien Termine zusätzlich in die Terminvergabe einstellen, so Fritz. Dabei sei die Nachfrage groß. Menschen aus dem Landkreis, die über die Homepage einen Termin suchen, sehen seit Tagen für Ludwigsburg nur den Satz: „Keine freien Termine vorhanden“.

Das Kreisimpfzentrum bekommt in dieser Woche 1000 zusätzliche Biontech-Impfdosen

Andy Dorroch, organisatorischer Leiter des Kreisimpfzentrums, hat gemeinsam mit Landrat Dietmar Allgaier am Dienstag an Gesundheitsminister Manne Lucha geschrieben. Die beiden fordern eine gerechtere Impfstoffverteilung. Die Task Force im Sozialministerium sagte daraufhin am Dienstagnachmittag dem Landrat Unterstützung zu, sodass zumindest keine bereits bestehenden Impftermine mangels Impfstoff abgesagt werden müssen. Zudem bekommt das Kreisimpfzentrum in dieser Woche 1000 zusätzliche Biontech-Impfdosen. Dorroch rechnete vor, dass es nicht sein kann, dass der Kreis Ludwigsburg mit 540 000 Einwohnern derzeit genauso viel Impfstoff wie kleinere Kreise bekomme. Die Stadt Stuttgart, so Dorroch, bekäme mit 634 000 Einwohnern für ihre beiden Zentralen Impfzentren mehr als viermal so viel Impfstoff wie das Ludwigsburger Kreisimpfzentrum.

„Wir könnten problemlos an die 2000 Dosen pro Tag verimpfen. Wenn die Menschen sehen, wie viel woanders geimpft wird, halten sie uns doch für unfähig“, sagt Dorroch. Hinzu kommt: Am Montag wurde die Impfberechtigung für weitere Personengruppen der Priorität 3 geöffnet. „Bisher konnten wir keine zusätzlichen Termine einstellen, da wir dafür nicht mehr Impfstoff bekommen haben“, sagt Fritz. Der Landkreis habe schon mehrmals größeren Bedarf an Astrazeneca angemeldet, mit dem bisher alle über 60-Jährigen geimpft werden.

Astrazeneca will keiner haben

An Astrazeneca zu kommen wäre für Manfred Frenzel von der Oberstenfelder Praxis Dres. Frenzel/Michna nicht das große Problem – jedoch läuft die Bestellung bei Hausärzten auch nicht wie bei den Kreisimpfzentren über das Land, sondern über den pharmazeutischen Großhandel und damit sozusagen über den Bund direkt. „Bei Astrazeneca besteht unbegrenzte Lieferfähigkeit – aber eben, weil den Impfstoff keiner haben will“, erklärt er. Auch seine Patienten würden den Impfstoff ablehnen, weshalb er nur noch geringe Dosen bestellt, damit am Ende keine weggeworfen werden müssen. Die Skepsis gegenüber dem Impfstoff hat jedoch weitreichende Folgen. Denn: Die Zahl der „Erstimpfungen wird dadurch bald rasant in den Keller fallen“, prophezeit Frenzel. Der Grund: Es ist zu wenig Biontech-Impfstoff vorhanden. „Ab dem 17. Mai gehen bei uns die Zweitimpfungen los. Da die erste Impfung mit Biontech erfolgt ist, wird die zweite Impfung auch mit diesem Impfstoff durchgeführt. Die Dosen dafür sind auch garantiert. Jedoch werden dann voraussichtlich nur noch wenige weitere für Erstimpfungen zur Verfügung stehen“, so der Hausarzt. Vom Impfstoff Biontech würden maximal 36 Dosen pro Arzt an eine Praxis gehen. „Die Zahl schwankt aber sehr aufgrund der Lieferschwierigkeiten“, berichtet Frenzel. Zum Vergleich: Von Astrazeneca könnte er gar mehr als 100 Dosen pro Arzt bestellen.

Das bestätigt auch Kai Sonntag, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, der bemängelt: „Wir hangeln uns aktuell von Woche zu Woche. Es ist in der Summe einfach zu wenig Impfstoff da, auch wenn die Ärzte mehr Astrazeneca bestellen könnten.“

 
 
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