Steffen Bilger (CDU) ist mit 42 Jahren der dienstälteste aktuelle Bundestagsabgeordnete aus dem Landkreis Ludwigsburg. Im September verteidigte er im Wahlkreis Ludwigsburg sein Direktmandat, trotz sinkender Zustimmung für seine Partei. Drei Jahre war er parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium, nun muss er auf die Oppositionsbank. Die BZ hat mit ihm über Veränderungen in seinem Alltag, die Kollegen aus der Region und einen vertrauten Gegenspieler gesprochen.
Kuhstall statt Autobahn: Steffen Bilger im Interview Keine Tandem-Fahrten mit Özdemir
Steffen Bilger (CDU), Abgeordneter aus Ludwigsburg, ist vom Staatssekretär im Verkehrsministerium zum Fraktionsvize für Umwelt und Landwirtschaft geworden. Wie geht er damit um?
Herr Bilger, nach der Bundestagswahl müssen sie eine neue Rolle finden. Statt Staatssekretär sind sie nun einer von elf stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion. Ist das ein Schattenkabinett?
Steffen Bilger: Wie der Titel Stellvertreter schon sagt, vertreten wir den Fraktionsvorsitzenden, wir besprechen im sogenannten geschäftsführenden Fraktionsvorstand unsere Vorhaben und haben aber auch inhaltliche Zuständigkeiten, für die wir Verantwortung tragen. Die Oppositionsrolle dabei auszufüllen, gehört eindeutig zu den Anforderungen. In meinem Bereich habe ich es mit zwei Ministern der Grünen zu tun: der Umweltministerin Steffi Lemke und dem Landwirtschaftsminister Cem Özdemir.
Özdemir ist ja praktisch ein Nachbar, was die Wahlkreise angeht. Können Sie da künftig bei Terminen eine Fahrgemeinschaft bilden, vielleicht mit einem Tandem?
Wir kennen uns gut aus der gemeinsamen Zeit in der Verkehrspolitik, bislang war Cem Özdemir ja Vorsitzender des Verkehrsausschusses. Zudem sind wir beide im VfB Stuttgart – Bundestagsfanclub aktiv. Mit gemeinsamen Tandem-Fahrten dürfte es aber schwierig werden. In der Landwirtschaft ist zudem vieles nicht mit Zweirad oder Lastenfahrrad zu bewältigen, und es spielt sich auch nicht alles nur in Berlin-Mitte ab. Daher werden speziell die inhaltlichen Auseinandersetzungen mit den nun grün-geführten Ministerien spannend.
Warum musste es überhaupt ein neues Themengebiet sein. Sie waren doch so lange mit der Verkehrspolitik beschäftigt?
Das werde ich oft gefragt, aber es ist bei uns Gepflogenheit, dass ehemalige Regierungsmitglieder nicht im gleichen Bereich weiterarbeiten, sondern sich um andere Themenfelder kümmern. Ich kann aber gut anknüpfen an meine frühere Tätigkeit im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung und an einige meiner Aufgaben im Bundesverkehrsministerium, die sich mit der Umweltpolitik, dem Verbraucherschutz und dem ländlichen Raum befasst haben.
Mit Ihnen im Verkehrsministerium verliert der Landkreis einen direkten Draht ins Verkehrsministerium. Heißt das, wichtige Projekte in der Region werden es künftig schwerer haben?
Ohne das Engagement der kommunalen Ebene als Antreiber vieler Projekte oder Antragsteller bei Förderprogrammen hätte ich nicht so viel für den Landkreis erreichen können. Auch weiterhin werden Projekte aus der Region vorangetrieben werden und der neue Bundesverkehrsminister hat angekündigt, unsere Arbeit im Wesentlichen fortsetzen zu wollen. Also werden wir auch weiterhin Unterstützung für Breitbandausbau, ÖPNV, Ladeinfrastruktur oder Straßenbau haben. Ich habe mich schon mit meinem Nachfolger Michael Theurer von der FDP getroffen und dabei auch Wahlkreisthemen adressiert. Er kommt auch aus Baden-Württemberg. Als Wahlkreisabgeordneter werde ich mich natürlich weiterhin für unsere Infrastruktur-Projekte einsetzen.
Wie wird sich ihr Alltag in Berlin und dem Wahlkreis durch ihre neue Position ändern?
Bislang war ich immer viel bundesweit unterwegs, in Sitzungswochen des Bundestages und auch in den sogenannten Wahlkreiswochen. Ich hoffe und denke, dass ich nun wieder mehr den normalen Rhythmus und damit auch mehr Zeit für die Familie haben werde. Bislang war ich Teil eines Ministeriums mit Verantwortung für mehr als 30 000 Mitarbeiter, wenn man alle Behörden mitzählt. Die Verwaltung in der Fraktion ist deutlich schlanker. Ich erhoffe mir aber auch mehr Freiräume für politische Initiativen.
Anders als bislang werden Sie zukünftig wohl statt an Autobahnen häufiger in Kuhställen stehen. Besitzen Sie überhaupt ein Paar Gummistiefel?
Die habe ich auch schon als Staatssekretär auf Baustellen immer wieder gebraucht. Im Ernst: Unser Ziel ist es auf jeden Fall den Landwirten mehr Wertschätzung entgegenzubringen und Umwelt- sowie Landwirtschaftspolitik wieder mehr zu vereinen.
Wie steht es eigentlich um den Kontakt mit den übrigen Abgeordneten aus dem Wahlkreis?
Mit Fabian Gramling (CDU) bin ich natürlich in engem Austausch, aber gerade eben war auch Macit Karaahmetoglu (SPD) bei mir im Büro. Auch mit Sandra Detzer (Grüne) habe ich mich schon getroffen. Wir wollen schauen, wo wir, unabhängig von Regierung oder Opposition, bei Projekten für Wahl- und Landkreis zusammenarbeiten können.