Kunden werden weniger Marbachs Trott-war-Verkäufer kämpft: „Ich brauche Hilfe“

Von Sandra Lesacher
Ladislav Boho ist immer samstags auf dem Marbacher Wochenmarkt und unter der Woche in Stuttgart in der Passage beim Breuninger-Parkhaus. Foto: Werner Kuhnle

Ladislav Boho verkauft die Straßenzeitung in Stuttgart und Marbach (Kreis Ludwigsburg). Weniger Kunden und Konkurrenz durch Schwarzverkäufer machen ihm Sorgen. Denn er braucht das Geld für seine Familie.

Gefühlt jeder kennt ihn im Städtle und er kennt jeden: Ladislav Boho, der nette Trott-war-Verkäufer, der inzwischen seit zehn Jahren regelmäßig in der Marbacher Fußgängerzone die Straßenzeitung verkauft. In seinem roten Kittel stand der früher am Torturm und jetzt an der Ecke vom Café Winkler oder an der ehemaligen Schlecker-Filiale gegenüber.

Dort steht er auch an diesem sonnigen Mittwochvormittag. Ladislav Boho grüßt alle Vorbeikommenden freundlich mit einem schüchternen Lächeln auf dem Gesicht. Dabei ist ihm alles andere als zum Lächeln zumute. Bei einer Tasse Kaffee – schwarz, mit Zucker – sagt er: „Ich brauche Hilfe.“

Der Trott-war-Verkäufer zwischen Heimat und Job

Er kauft die Zeitungen für 1,60 Euro bei Trott-war und kann sie für 3.20 Euro weiterverkaufen. Foto: Werner Kuhnle / 

Ladislav Boho spricht leise, er ist ein zurückhaltender Typ. Er macht den Job als Trott-war-Verkäufer gern, sagt er. „Ich spreche mit vielen Leuten, das macht mir Spaß.“ Der 39-Jährige kommt aus einem Dorf in der Slowakei, dort leben auch seine Frau und seine beiden Kinder. Er ist immer einige Wochen in Deutschland und verkauft die Straßenzeitung in Stuttgart und in Marbach, dann fährt er nach Hause zu seiner Familie. Dort ist er meist nur wenige Tage. Dann muss er wieder los – Geld verdienen.

Doch die Geschäfte werden schlechter, das bereitet Ladislav Boho Sorgen. „Ich habe Angst“, sagt er. Angst, dass das Geld nicht mehr reicht, um für seine Familie zu sorgen. Miete, Strom, Essen, die Ausbildung der Kinder... „Ich will ihnen ein besseres Leben ermöglichen.“ Auch in der Slowakei sei alles teurer geworden.

Gleichzeitig hat der Trott-war-Verkäufer hier immer weniger Kunden. Nein, die Corona-Zeit war es nicht. Ladislav Boho schüttelt den Kopf. Während der Pandemie lief es eigentlich ganz gut für ihn. „Ich hab’ mich auch gewundert.“ Doch danach, mit dem Ukraine-Krieg und der Energiekrise ging es bergab. „Ich merke die Krisen, die Leute müssen sparen. Das ist schwer für mich.“

Außerdem fiel er im vergangenen Jahr acht Monate lang aus. Ladislav Boho hatte Probleme mit der Bandscheibe und konnte nicht nach Deutschland kommen. Das lange Stehen war für den 39-Jährigen unmöglich. Jetzt geht es wieder – mit Schmerztabletten.

Eine Stammkundin kommt vorbei, kauft Ladislav Boho eine Zeitung ab und hält ein kurzes Schwätzchen. Eine andere Frau drückt ihm mit einem kurzen Gruß eine Metzgers-Tüte mit einem Fleischkäsweckle in die Hand. Das sind die schönen Momente. Doch oft steht er eben da an seiner Ecke, grüßt freundlich, die Leute grüßen zurück und gehen weiter. Die Stammkunden sind weniger geworden.

Schwarz-Verkäufer machen Probleme

Was Ladislav Boho auch zu schaffen macht, sind die sogenannten Schwarz-Verkäufer. Menschen, die die Trott-war-Straßenzeitung ohne Genehmigung verkaufen und ihn somit um seine Kundschaft bringen. Wie sie an die Zeitungen und oft auch an die rote Trott-war-Weste kommen, weiß er nicht. Aber er bittet, dass die Kunden auf die Gültigkeit des Ausweises achten und darauf, dass die Verkäufernummer mit der aufgestempelten Nummer auf den Trott-war-Ausgaben identisch ist.

Nach dem Kaffee steht Ladislav Boho auf und stellt sich wieder an seine Verkaufs-Ecke. Zum Wochenmarkt am Samstag steht er schon um 5 Uhr auf und fährt nach Marbach. Zu groß ist die Angst, dass ihm jemand anderes seinen Platz wegschnappt.

So wird es auch an diesem Samstag und am Samstag vor Ostern wieder laufen: Wenn die ersten Marktbesucher kommen, steht Ladislav Boho schon da, grüßt freundlich und hofft auf Kundschaft. „Ich möchte meinen Kunden ,frohe Ostern’ sagen.“ Das ist ihm wichtig. „Und danke.“

 
 
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