Kunst: Neue Ausstellung in der Galerie Bietigheim-Bissingen Japan als künstlerische Inspiration

Von Susanne Yvette Walter
Der Berliner Maler Sven Drühl liebt es, Silikonfugen auf Großformate zu ziehen und die darin entstandenen Flächen mit Lack aufzufüllen. In seinen Lack- und Silikongemälden im Foyer der Galerie schimmert japanische Ästhetik durch. ⇥ Foto: Fotos: Werner Kuhnle

Die Städtische Galerie setzt mit „Japonismus 2.0“ einen Ausstellungsschwerpunkt bis Anfang Februar 2022.

Japonismus 2.0“ nennt Kunsthistorikerin und Galerieleiterin Dr. Isabell Schenk-Weininger die neue Ausstellung in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen. Sie zeigt die Vielfalt, mit der sich zeitgenössische Künstler mit dem Phänomen des Japonismus auseinandersetzen. Thema ist dabei die gegenseitige kulturelle Beeinflussung zwischen Europa und Fernost. Vom 23. Oktober bis zum 6. Februar gibt es Gelegenheit, in ein Lebensgefühl einzutauchen, das vielen Europäern fremd ist und sie doch fasziniert.  Maler wie Vincent van Gogh oder Paul Gauguin ließen sich von Japan  inspirieren. Im Jugendstil und im Expressionismus waren japanische Kunst, Farbholzschnitte und Rollbilder eine Inspiration und das ist bis heute so geblieben.

„Ein Anlass für diese Ausstellung ist der enge Bezug Bietigheim-Bissingens zu Japan. Seit 1962 pflegt Bietigheim eine Städtepartnerschaft mit Kusatsu“, erklärt die Leiterin der Städtischen Galerie,  Dr. Isabell Schenk-Weininger.

Berliner Künstler als Ideengeber

Ideengeber für die neue Ausstellung „Japonismus 2.0“ aber ist der Berliner Maler Sven Drühl. Er liebt es, Silikonfugen auf Großformate zu ziehen und die darin entstandenen Flächen mit Lack aufzufüllen. In seinen Lack- und Silikongemälden schimmert japanische Ästhetik durch. Gleich im Erdgeschoss erwartet den Betrachter ein schwarzes Riesentryptichon von ihm, dessen Landschaften als Struktur in die Fläche eingearbeitet wurden.

Die Ausstellung setzt klare Schwerpunkte in der Landschaftsmalerei und -fotografie. Zu sehen sind Arbeiten von sechs internationalen Künstlern, die neben japanischer Ästhetik auch philosophische Grundhaltungen anklingen lassen. „Bei uns sind Bilder oft gefüllt mit Motiven. Der Japaner räumt auch der Leere einen wichtigen Platz ein“, so Schenk-Weininger. Den Betrachter erwartet Stille in den Werken, aber auch politische Auseinandersetzung, beispielsweise mit den in der Ausstellung dokumentierten sichtbaren Folgen der Umweltkatastrophe von Fukushima.

Meterlange Zeichnungen

Die in Amsterdam lebende indonesische Film- und Videokünstlerin Fiona Tan hat einen Loop mitgebracht: Wolkenformationen, die sich nur ganz langsam bewegen, ebenfalls im strengen Hochformat. Der Wahlfranzose Raffi Kaiser liebt es, in zarten meterlangen Zeichnungen ein Panorama von japanischen Gebirgslandschaften zu zeichnen. Er bringt den typisch japanischen Raumteiler ins Spiel und bespielt ihn mit Landschaften.

Dem Fotokünstler Hans-Christian Schink verdankt die Ausstellung  eine Serie von Fotografien. Er ist 2012 nach Japan gereist, um die Folgen der Naturkatastrophe, die Nachwirkungen des Erdbebens und des Tsunamis in der stark betroffenen Region Tohoku festzuhalten.

Auf den Großformaten von Hans-Christian Schink sieht man, welche Kraft allein der Tsunami als Folge des Erdbebens hatte. Wellenbrecher aus Beton zum Beispiel liegen völlig deformiert am Strand. „Sie wurden aus ihrer Verankerung gerissen und sind mehrere hundert Meter mitgeschleppt worden“, sagt die Galerieleiterin. Der Künstler Thomas Neumann zeigt japanische Wälder, fein, filigran und ohne Horizontlinie. Dadurch wirken die feinen Baumriesen musterhaft und ohne Anfang und Ende wie ein Stück Tapete.

Das Verhältnis  der Menschen zu dieser fremdartig wirkenden Natur ist Thema des österreichischen Künstlers Edgar Honetschläger. Er lebte viele Jahre in Tokio und bereichert die Ausstellung mit einem Film über die Metropole, in dem er den Menschen ins Visier nimmt.

 
 
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