Kunstfund in Paris Beutekunst findet ihren Weg zurück ins Schloss Ludwigsburg

Von Heidi Vogelhuber
„Landschaft mit Waldung“ ist nach 75 Jahren wieder zurück im Schloss. Von links: Michael Hörrmann, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Dr. Patricia Peschel, Oberkonservatorin Schloss Ludwigsburg und Finanzstaatssekretärin Gisela Splett. ⇥ Foto: Helmut Pangerl

Ein Gemälde, das vor 75 Jahren als verschollen erklärt wurde, findet überraschend den Weg zurück ins Schloss Ludwigsburg.

„Es bekommt keinen Ehrenplatz, sondern seinen richtigen Platz“, sagte Michael Hörrmann, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, bei einem Pressegespräch, bei dem auch Finanzstaatssekretärin Gisela Splett anwesend war. Grund dafür ist das Gemälde „Landschaft mit Waldung“ des niederländischen Malers Jan van Kessel (1648-1698), das vor 75 Jahren als verschollen erklärt wurde. Wenn die großen Umbaumaßnahmen in den königlichen Appartements von König Friedrich I. und dessen Frau Charlotte Mathilde (die BZ berichtete) 2023 beendet sein werden, wird das Ölgemälde wieder seinen rechtmäßigen Platz in der Bildergalerie einnehmen.

Ein unglaublicher Glücksfall

All das sei ein unglaublicher Glücksfall, sagt auch Dr. Patricia Peschel, Oberkonservatorin des Schlosses. Denn: 1822 wurde das Ölgemälde des niederländischen Barockmalers in die Inventarliste des Ludwigsburger Schlosses eingetragen. Es zeigt auf 62,7 mal 54,5 Zentimetern ein für die Zeit übliches Motiv: eine Waldlandschaft. Im Vordergrund durchschneidet ein abgestorbener Baum das Bild diagonal. Symbolträchtige Elemente wie Schwertlilien und Reiher sind klein und doch bedeutsam ergänzt. Es erzählt die Geschichte vom Vergehen und neu werden, vom Sieg des Guten über das Böse (Reiher als Symbol dafür).

1935 wurde das Ölgemälde, das nach Ende der Monarchie in den Besitz des Landes überging, an die Staatsgalerie Stuttgart verliehen. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde es mit den übrigen dort ausgestellten Werken ausgelagert und in Sicherheit gebracht – vermeintlich, denn danach galt es als verschollen. Übrigens als einziges Gemälde des Residenzschlosses. Bis Juni 2019, da tauchte es in einem Auktionshaus in Paris wieder auf, wo Erben eines französischen Kunstwissenschaftlers dessen Nachlass versteigern lassen wollten. „Die Kunststiftung Berlin behält solche Auktionen im Blick. Die Kollegen dort sind darauf gestoßen und haben uns kontaktiert“, berichtet die Oberkonservatorin. Dann musste es schnell gehen. Peschel, Stephan Hurst, der Leiter der Schlossverwaltung und Christine Gentzsch, juristische Referentin, mussten innerhalb eines halben Tages beweisen, dass das Gemälde dem Land Baden-Württemberg gehört und nicht versteigert werden darf. Wäre es zur Versteigerung gekommen, wäre es deutlich schwieriger gewesen, das Werk nach Ludwigsburg zurückzuholen. „Drei Stunden lang war unser Puls auf 180“, erklärt Peschel. Und doch: Ende gut, alles gut. Das Auktionshaus habe den Besitzanspruch anerkannt und dann ging alles recht schnell, im Oktober war das Gemälde wieder zu Hause im Schloss. „Ich bin selbst überrascht, wie gut das lief. Manchmal gibt es in solchen Fällen jahrelange Verhandlungen“, drückt Peschel ihre Erleichterung aus.

Lückenlose Provenienz

Aufgrund der lückenlosen Provenienz seit 1820, die einerseits durch Inventarlisten und andererseits durch Fotografien, die von den Restauratoren in Stuttgart angefertigt wurden, musste kein finanzieller Ausgleich für das Werk gezahlt werden, so Peschel. Der Wert des Bildes ist unbekannt. Vor allem aber diese besondere Rückhol-Geschichte mache das Bild zu etwas ganz Besonderem, sagt Hörrmann. Auch wenn es für König Friedrich I. wohl eher eines unter vielen war. „Das Bild hilft weiter, die wenigen unvollständigen Stellen im Schloss Ludwigsburg wiederherzustellen“, so Hörrmann und verweist auf die Luxussituation in der Barockstadt. Wurde doch weder das Schloss in den Kriegen zerstört, noch das Inventar entwendet. ⇥

 
 
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